Neue Buchreihe: KLEINE MORDE

Der kleine Mord für zwischendurch
KLEINE MORDE heißt die neue Buchreihe, die der Verlag amative; publisher herausgibt. Ein bisschen erinnert die minimalistische Aufmachung an die handlichen, einfarbigen Bändchen der traditionsreichen Reclam Universal-Bibliothek, die wir alle noch aus unserer Schulzeit kennen.

Das dürfte nicht von ungefähr kommen. Während der Reclam-Verlag mit seinen einfach gestalteten und günstig produzierten gelben „Heftchen“ erschwingliche Kultur für jedermann bieten wollte, bietet amative; mit seinen kleinformatigen blutroten Bändchen kleine Krimis für unterwegs – kurze Unterhaltung und Spannung zum Mitnehmen. Dabei handelt es sich jeweils um klassische „Whodunnits“ auf rund hundert Seiten.

Zwei Bände sind bereits erschienen:

Thomas J. Delau: Alte Weiber täuscht man nicht, Reihe: KLEINE MORDE, Arnsberg 2011, ISBN: 978-3-942869-00-3, Softcover, 80 Seiten, Format: 12 x 16,5 x 0,4 cm, EUR 6,99.

An einem kalten Wintertag entdecken die Schwestern Bertha und Cynthia, zwei britische Ladies um die Siebzig, einen Einbruch in ihrem Haus. Jemand ist in das Zimmer ihrer jüngst verstorbenen Schwester Anna eingestiegen und hat deren Papiere durchwühlt. Gestohlen wurde nichts – aber was wäre bei ihr auch zu holen gewesen?

Die beiden Damen staunen nicht schlecht, als nicht nur der örtliche Constable anrückt, um sich des Falles anzunehmen, sondern sogar ein Inspektor von Scotland Yard. Wegen eines Einbruchs, bei dem gar nichts weggekommen ist? Wie seltsam! Und das ist nicht die einzige Merkwürdigkeit. Der junge Handwerker, der vorübergehend im Haus der beiden Schwestern wohnt, erweist sich als ungewöhnlich gebildet. Er versteht sogar Latein und Französisch! Ist er wirklich der, für den er sich ausgibt?

Und dann wird die neue Haushaltshilfe von Pfarrer Harrington ermordet aufgefunden. Stimmt es, dass sie die Geliebte des Geistlichen war? Die Klatschbasen im Ort erzählen das zumindest.

Cynthia, die, genau wie ihre Schwester Bertha, wissen will, was hier gespielt wird, begibt sich ins Zentrum des Geschehens und bietet dem Pfarrer übergangsweise ihre Dienste als Haushälterin an. Den ermittelnden Polizeibeamten passt das überhaupt nicht in den Kram, denn die neugierigen Schwestern haben sich schon einmal in einen Kriminalfall eingemischt. Doch Cynthia lässt sich nicht verdrängen. Und auf einmal ist sie es, die unter Verdacht steht, eine Giftmörderin zu sein …

Es ist unterhaltsam, wie die Schwestern mit Zähigkeit, gesundem Menschenverstand und ihren weit verzweigten Kontakten den raffiniert einfädelten kriminellen Machenschaften auf die Spur kommen. Gekonnt nutzen sie aus, dass man sie als gebrechliche Seniorinnen unterschätzt.

Wenn man sich allerdings die heutigen Damen um die siebzig anschaut, sind diese meist weit entfernt vom hier strapazierten Klischee der „alten Weiber“. Da muss man nicht mal an so prominente Siebzigjährige wie Senta Berger, Joan Baez, Faye Dunaway oder Julie Christie denken. Vermutlich kennt jeder ein paar Frauen in dem Alter, die ausgesprochen flott daherkommen, in der Weltgeschichte herumreisen, zahlreiche Hobbys und einen großen Bekanntenkreis pflegen. Wenn der Autor auf das Alter der Schwestern noch mal 10 bis 15 Jahre drauflegt, dann passt’s wohl eher.

Der Autor
1957 in Deutschland als Sohn eines französischen Diplomaten und einer deutschen Übersetzerin geboren, führte ihn sein Lebensweg nach Paris. Nach seinem „Baccalauréat“ studierte er zunächst Pharmazie, um dann in die Medizin zu wechseln. Sein Lebensmittelpunkt liegt heute in Deutschland. Immer schon haben ihn die Klassiker des Krimigenres fasziniert.

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Ulrike Renk: Rheinische Morde – Geschichten von Elsbeth und Gerda, Reihe: KLEINE MORDE, Arnsberg 2011, ISBN: 978-3-942869-01-0, Softcover, 90 Seiten, Format: 12 x 16,5 x 0,5 cm, EUR 6,99.

Elsbeth Reinhausen und Gerda Ruhrort, zwei allein stehende Krefelder Rentnerinnen, machen einen kultivierten und harmlosen Eindruck. Sie arbeiten in Haus und Garten, treffen sich mit Freunden und Bekannten, lästern über alle, die gerade abwesend sind genehmigen sich gern ein mal ein Gläschen Sherry.

Was niemand vermuten würde: Leichen säumen ihren Weg – echte und eingebildete. Solche, die praktischerweise von selber sterben und andere, bei denen man erst ein bisschen nachhelfen muss. Wie man das macht, das wissen die zwei rüstigen Damen genau. Ihre Krimis und Gartenbücher haben sie schließlich gründlich studiert. Zu gründlich, möchte man meinen, denn manchmal geht mit den beiden ganz schön die Phantasie durch: Ist Elfriedes Sohn tatsächlich bei der Mafia? Und Elsbeths Reisebekanntschaft Margret auch? Oder ist sie vielmehr in die Fänge einer Sekte geraten? Auf jeden Fall ist mit dem russischen Chorleiter was faul. Davon sind zumindest Elsbeth und Gerda überzeugt.

Dass Reinigungsmittel nicht nur Schmutz sondern auch noch ganz andere Probleme lösen, diese Erfahrung ist allerdings ganz und gar real …

Die 6 humorvollen Kurzgeschichten rund um Elsbeth und Gerda sind jeweils in sich abgeschlossen. Aber sie haben durchaus verbindende Elemente: Nebenfiguren, die immer wieder auftauchen oder vergangene Ereignisse, auf die kurz Bezug genommen wird. Als Eingeweihter weiß man dann schon, was gemeint ist, wenn irgendwo von Hugos und Hildegards „Seereise“ die Rede ist …

Die Autorin

Geboren und aufgewachsen in Dortmund. Studienaufenthalt in den USA, Studium der Anglistik, Literaturwissenschaften und Soziologie an der RWTH Aachen. Nach der Geburt ihres zweiten Kindes zog sie mir ihrer Familie an den Niederrhein nach Krefeld. Dort lebt sie noch immer, inzwischen mit vier Kindern, Hund und Katze.

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Die Idee der „Morde to go“ hat was. Krimis für Hand- und Jackentasche. Doch bei der Aufmachung der Bändchen gibt es noch Optimierungsbedarf. Die Hausschrift des Verlags ist offenbar die Courier … die klassische Schreibmaschinenschrift. Und die gibt leider jedem Printerzeugnis den Look des Handgestrickten und Amateurhaften. Schülerzeitungen und Fanzines in den Siebziger Jahren sahen so aus, weil man damals die Texte auf Mutters Reiseschreibmaschine heruntergehackt hat. Musste man dann die Schrift noch verkleinern, wurde der Text wahnsinnig schwer lesbar. Genau das ist auch bei ALTE WEIBER TÄUSCHT MAN NICHT passiert.

Die Erfindung der Kugelkopfschreibmaschine mit Proportionalschrift empfand man damals schon als Offenbarung. Endlich ein halbwegs professionell aussehendes und lesefreundliches Schriftbild! Das zumindest hätte man den Büchern gönnen können, wenn man diesen Retro-Look unbedingt haben möchte.

Auch beim Cover ließe sich noch einiges machen. Der Reihentitel ist derzeit auffälliger als der jeweilige Buchtitel. Kennt man das Konzept noch nicht und sieht nur eines der Bücher, führt das zwangsläufig zur Verwirrung. Kleine Morde? Rheinische Morde? Wie heißt das Buch denn nun? Und wenn die Abbildungen auf dem Cover so handgekritzelt daherkommen wie der Gehstock bei ALTE WEIBER …, dann wäre es besser, wenn man sie gleich ganz wegließe.

Wenn der Inhalt der Bücher schon auf professionellem Niveau ist, ist nicht einzusehen, dass die Aufmachung so laienhaft daherkommt. Das ist eine Form von Understatement, die sicher manchen Leser abschreckt.

Es gibt bestimmt eine ansprechende Lösung, um die Bändchen einfach und schmucklos zu gestalten und sie trotzdem wie das Werk von Profis aussehen zu lassen. Denn das sind sie. Und dann kann man vielleicht auch guten Gewissens den oben genannten Preis verlangen.

Rezensent: Edith Nebel
EdithNebel@aol.com
     
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