Silke Porath: Nicht ohne meinen Mops – Roman

Silke Porath: Nicht ohne meinen Mops, Meßkirch 2011, Gmeiner Verlag, ISBN 978-3-8392-1207-3, Softcover, 276 Seiten, Format: 12 x 19,8 x 2 cm, EUR 9,90.

„Sexy! Der Mann hat Sex und eine Spülmaschine – keine Frage, den nehm ich!“ (Seite 34)

Langfristige Planung gehört nicht gerade zu Tanja Böhmes Kernkompetenzen. Spontan kündigt sie ihre Stelle als Medizinische Fachangestellte und verlässt ihr schwäbisches Dorf, um zu ihrem neuen Freund, dem Stuttgarter Banker Marc Cleeberg zu ziehen. Der ist jedoch mehr Frosch als Prinz, und noch ehe Tanja in der Stadt beruflich Fuß fassen kann, ist die Beziehung am Ende. Es ist der Klassiker: Sie erwischt „Marc, den Arsch“ mit einer anderen im Bett und verlässt ihn.

In der winzigen Bude in Bad Cannstatt, in der sie Zuflucht findet, fällt ihr bald die Decke auf den Kopf, und so sucht sie sich eine neue Bleibe. Als sie eine traumhafte Altbauwohnung in der Stuttgarter Olgastraße besichtigt, ist sie hin und weg. Und die Zeit ist reif für die nächste Spontanentscheidung: Tanja unterschreibt den Mietvertrag, obwohl sie ganz genau weiß, dass sie sich diese Wohnung nicht leisten kann. Nicht von dem, was sie im Tabaklädle von „Onkel Fritz“ verdient. Nicht einmal mit Gehaltserhöhung könnte sie die Miete stemmen. Doch die könnte Fritz ihr sowieso nicht gewähren, so mau, wie die Geschäfte derzeit laufen.

Aber Ideen hat er, der Fritz! Schließlich hat er früher als Graphiker für namhafte Werbeagenturen gearbeitet. Er gestaltet ein Plakat, auf dem er zwei Zimmer aus Tanjas Wohnung als WG-Plätze auslobt und hängt es im Laden auf. In Stuttgart dauert es nicht lange, bis Resonanz kommt, und so castet sich Tanja ruckzuck zwei schicke und sympathische Mitbewohner. Na ja, eigentlich drei: Postzusteller Rolf hat einen Hund, einen eigenwilligen Mops namens Earl of Cockwood. Callcenter-Agent Chris, der vor Urzeiten mal eine Floristenausbildung absolviert hat, hat nur jede Menge Pflanzen.

Freie Auswahl unter den beiden Sahneschnittchen erhofft sich Tanja und übersieht dabei, was der Leser längst ahnt: Sie gehört gar nicht zu deren Zielgruppe. Die flotten Jungs stehen auf Jungs! Als Tanja das endlich kapiert, ist das für sie auch in Ordnung. Und so ergibt sich eine herrlich entspannte, freundschaftliche WG-Atmosphäre, fast wie unter Mädels. Nur ohne Zickereien.

Aus Freundschaft und Solidarität zu Tanja lassen sich Rolf und Chris zur „Operation Affenarsch“ hinreißen: einem Rachefeldzug gegen Tanjas treulosen Ex. Und dabei schießen die WG-Bewohner weit übers Ziel hinaus. Wenn man beim Lesen nicht beide Hände zum Festhalten des Buchs und zum Blättern bräuchte, würde man sie glatt überm Kopf zusammenschlagen: „Kinder, nee, wenn das rauskommt, dann landet ihr im Knast!“ Aber Tanja hat Nerven wie breite Nudeln, versteht es zu improvisieren und kann so die Kuh einstweilen vom Eis holen.

Wenn man akute eigene Probleme hat, rücken die Kapriolen ehemaliger Partner ohnehin in den Hintergrund. Und Probleme bekommt sowohl Marc, der Arsch, als auch Tanja. Dass Mops Earl unter ihrer (offenkundig mangelnden) Aufsicht eine wertvolle Zuchtpudelhündin deckt und zum maßlosen Entsetzen deren Besitzerin eine Schar unverkäuflicher „Mudel“ zeugt, ist dabei noch das geringste. Arne, der hinreißende Tierarzt, der Earl behandelt, verschwindet genauso schnell wieder aus ihrem Leben wie er darin aufgetaucht ist, und sie ist wahnsinnig enttäuscht. Hält das Leben für sie denn nichts als Fremdgänger und Blindgänger bereit? Und dann verliert sie auch noch ihren Arbeitsplatz. Chef Fritz ist untröstlich, aber die Geschäfte gehen schlecht, und er kann seine Angestellte einfach nicht mehr bezahlen.

Bald sind Tanjas einzige Ansprechpartner tagsüber der Mops Earl und die Bibliothekarin Dorle. Denn ein neuer Job ist nicht in Sicht und um nicht völlig zu versumpfen, hat Tanja angefangen, wie besessen zu lesen. Das erweitert zwar den geistigen Horizont, aber es bringt kein Geld aufs Konto. Und das ist bald in tiefroten Zahlen. Das wäre der Moment der Verzweiflung, an dem man normalerweise seinen Stolz überwinden und seine Familie um Hilfe bitten würde. Aber Tanja hat nur ihre Pflegemutter Trude, und die hat schon genug für sie getan.

Wird das, was mit so viel komödiantischer Leichtigkeit begann, in einer Tragödie enden? Oder bekommt Tanjas doch einen Zipfel vom Glück zu fassen?

In diesem Roman gibt’s keine fein ziselierten Charakterstudien, hier lässt frau die Sau raus! Tanja benimmt sich manchmal wie eine erwachsen gewordene Pippi Langstrumpf, gibt blöden Leuten pampige Antworten und ihrem Ex ordentlich Saures. Das würden wir wohl alle gern mal tun, trauen uns aber meist nicht. Und so amüsieren wir uns, quasi stellvertretend, über Tanjas Aktionen. Denn so, wie Silke Porath das Geschehen beschreibt, ist es zum Schmunzeln und streckenweise zum Gackern komisch. Wenn man nicht durch lautes Lachen auffallen will, sollte man die „Operation Affenarsch“ keinesfalls in der Öffentlichkeit lesen. Das kann man nur tun, wenn es einem Wurscht ist, was die Leute denken.

Das Buch ist nicht nur krawallig, leise Töne gibt’s auch. Als offenbar wird, wie die Heldin aufgewachsen ist, wird auch klar, warum sie so sehr an ihrer WG hängt: Das ist für sie so eine Art Ersatzfamilie. Und ein bisschen Kitsch fürs Herz gibt’s zum Schluss auch noch … ganz wie es sich für das Genre der heiteren Frauenromane gehört. Das Ganze ist knallbunte Unterhaltung, genau wie es das Buchcover verspricht.

Achtung! Dieses Buch steigert deutlich die selektive Wahrnehmung: Man sieht auf einmal überall … äh … Möpse. Wenn die liebevolle Charakterisierung des Earl of Cockwood nun einen Mops-Boom auslösen würde, wäre das eine zweischneidige Sache. Der Mops ist natürlich eine tolle Hunderasse, die jede Aufmerksamkeit und Wertschätzung verdient. Aber so als Modehund …? Das geht nicht gut! Ein Mops hat ja schon seine Eigenheiten, wie man in dem Buch erfährt, und die Anschaffung eines tierischen Hausgenossen will stets gut überlegt sein. Eine plötzlich stark erhöhte Nachfrage nach Büchern von Silke Porath dagegen wäre vollkommen unproblematisch. 😉

Die Autorin

Silke Porath, Jahrgang 1971, lebt mit ihrer Familie in Spaichingen. Sie arbeitete lange Jahre als Zeitungsredakteurin und PR-Beraterin in verschiedenen Agenturen. Seit 2001 ist sie als Schreibtrainerin für Kinder und als Dozentin für kreatives Schreiben tätig. Sie hat bereits mehrere Romane und ein Sachbuch veröffentlicht.

Rezensent: Edith Nebel
EdithNebel@aol.com
     
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