Guten Tag, hier spricht die Katz’

Als ich mich am Freitag gerade meiner Bügelwäsche widmete, klingelte das Telefon. Ich hechtete zum Apparat hinüber, hob ab und nannte brav meinen Namen.

„Ja, guten Tag, hier ist Zimmermann“, sagte die Dame am anderen Ende der Leitung. „Sie haben mich angerufen.“
„Öh … ich? Sie? Entschuldigung, aber ich weiß jetzt so spontan gar nicht, wer Sie sind.“ Ich war verwirrt.
„Aber ich wurde definitiv gestern Abend um 21 Uhr 15 von Ihrer Nummer aus angerufen. Und ich habe mir gedacht, wenn jemand so spät noch anruft, dann muss es ja wohl etwas Wichtiges sein. Wenn Sie selber es nicht waren, war’s vielleicht jemand von der Familie?“

Jetzt war ich ratlos.
„Gestern Abend, sagen Sie? Da waren mein Mann und ich von 18 Uhr an auf einer geschäftlichen Veranstaltung und sind erst gegen 23 Uhr nach Hause gekommen. Und sonst wohnt hier niemand.“
„Vielleicht eine Handy-Umleitung?“, vermutete meine Gesprächspartnerin.
„Davon verstehe ich nichts“, musste ich zugeben. „Ich habe mein Handy seit Monaten nicht mehr benutzt. Und bei dem von meinem Mann leitet sich nichts aufs Festnetz um. Entweder geht er ran, oder es springt die Mailbox an.“

„Aber Tatsache ist, dass jemand von Ihrem Apparat aus gestern Abend bei mir angerufen hat“, beharrte Frau Zimmermann. „Irgendwer muss das doch getan haben. Sagen Sie, kennen wir uns wirklich nicht? Wo wohnen Sie denn?“
Ich nannte meinen Wohnort.
„Nein, da kenne ich niemanden. Merkwürdige Geschichte.“
„Ich habe dafür auch überhaupt keine Erklärung“, sagte ich.

Auf einmal dämmerte es mir.
„Moment … da fällt mir etwas ein. Es klingt vermutlich lächerlich, aber es ist die einzige Möglichkeit: Wir haben eine neue Telefonanlage. Und unser Kater liebt Tasten. Ich nehme an, er war’s. Ich hab ihn schon ein paarmal dabei erwischt, wie er auf der Tastatur herumgetrampelt ist. Er wird so lange auf den Tasten herumgetanzt sein, bis er Ihre Nummer beisammen hatte. Neulich hat er mitten in der Nacht bei der Versicherung angerufen und den Anrufbeantworter erwischt. Die werden gedacht haben, wir sind bescheuert! Und letzte Woche hat er in aller Herrgottsfrüh sechsmal hintereinander den Anrufbeantworter abgehört. Da war noch eine Nachricht von der Hausverwaltung drauf. Wenn ich jetzt die Durchwahl vom Verwalter wissen will, muss ich nur meinen Kater fragen. Der kann sie bestimmt auswendig.“

Frau Zimmermann lachte.
„Das wäre natürlich eine Erklärung!“
„Ja“, sagte ich. „Und die einzige, die mir einfällt. Es tut mir Leid, wenn unser Kater Sie belästigt hat, und ich bitte Sie von Herzen um Entschuldigung. Wir haben es nicht mitgekriegt, weil wir ja nicht zu Hause waren. Ich werde mich bemühen, ihn besser zu erziehen. Aber sehr viel Hoffnung habe ich nicht.“
„Ich fürchte auch, dass das nicht viel bringt. Aber wenn ich jetzt wieder Ihre Nummer auf dem Display sehe, dann weiß ich ja, dass ich mit Ihrer Katze verbunden bin.“

PS: Das Telefonat hat wirklich stattgefunden. Den Namen meiner Gesprächspartnerin habe ich hier im Text geändert.

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