S. Porath, A. Braun, Z. Zivkovic: Klosterbräu – Pater Pius ermittelt

Silke Porath, Andreas Christoph Braun, Zoran Zivkovic: Klosterbräu – Pater Pius ermittelt, Meßkirch 2012, Gmeiner Verlag GmbH, Softcover, ISBN 978-3-8392-1315-5, 307 Seiten, Format: 20 x 12 x 2 cm, EUR 11,90 (D), EUR 12,30 (A).

Aus der geruhsamen Mittagspause der Patres auf dem Spaichinger Dreifaltigkeitsberg wird nichts. Der Schweinebraten wird kalt. Denn der Mann, der nach dem Sonntagsgottesdienst in der Kirche sitzen bleibt, ist nicht eingeschlafen, wie Bruder Ortwin meint. Er ist erwürgt worden!

Pater Pius, der Prior des Konvents, alarmiert sofort Kommissarin Verena Hälble von der Kripo Tuttlingen-Spaichingen. Die ist ruckzuck mit ihrem Kollegen und Lebensgefährten Thorben Fischer vor Ort.

Bei dem Opfer handelt es sich um Alfons Baumann, den Inhaber der Brauerei Spöttinger Bräu. Und wie das oft so ist im Wirtschaftsleben: Nicht die Netten und Umgänglichen kommen nach oben, sondern die Skrupellosen und Durchsetzungsfähigen. Baumann war kein Feiner, und so gibt’s gleich scharenweise Verdächtige, angefangen bei der Familie.

Seiner Gattin hat er noch kurz vor seinem Tod ein zünftiges Veilchen verpasst. Das Verhältnis zu seinem Sohn Sven war nicht eben herzlich. Seinem Braumeister Jost Metzger hat er nach einem Arbeitsunfall übel mitgespielt. Die Kneipenwirte stöhnen unter Knebelverträgen. Was keiner so unverblümt ausspricht wie Nikos Papandreu, der Wirt des Ausflugslokals „Weißerei“. Außerdem gibt es einen befremdlichen Schriftverkehr zwischen dem Opfer und der D.B.I., dem größten Interessensverband deutscher Brauereien. Auch da muss sich Baumann irgendwie unbeliebt gemacht haben. Je länger die Kommissare ermitteln, desto länger wird die Liste derer, denen Alfons Baumann tot lieber ist als lebendig.

Pater Pius, ein eingefleischter Krimi-Fan, wird schon wieder von unbezähmbarer Neugier geplagt. Ob er nicht wenigstens ein kleines bisschen mitermitteln dürfe, fragt er den Herrn. Schließlich sei der Mord ja innerhalb seines Verantwortungsbereichs geschehen. Und er würde sich auch ganz gewiss nicht mehr so leichtfertig in Gefahr bringen wie damals bei der Sache mit dem Bürgermeister (Porath/Braun: KLOSTERGEIST). Die Antwort des Allmächtigen ist offen für Interpretationen …

Normalerweise sieht die Polizei solche Privatermittlungen nicht gern, doch diesmal wird Pater Pius sogar um seine Mithilfe gebeten: Anstelle des ermordeten Baumann und seiner Sekretärin Jutta Detering reisen Pius und Verena zur Gesellschafter Versammlung der D.B.I. nach Berlin. So ganz koscher ist diese Undercover-Aktion freilich nicht. Für eine offizielle Ermittlung ist Verenas Verdacht nicht ausreichend, also mauscheln sie halt ein bisschen.

Während Verenas Freund und Kollege Thorben Fischer krank darniederliegt (ein schwerer Fall von Männerschnupfen), durchleidet Pater Pius den Flug nach Berlin. Das noble Hotel, in dem die Veranstaltung stattfindet, entschädigt ihn für seine Flugangst. Der bescheidene Gottesmann entdeckt diese ihm fremde Welt wie ein staunendes Kind, was man als Normalbürger, der solche Luxusherbergen nicht von klein auf gewöhnt ist, sehr gut nachvollziehen kann. So ähnlich wie beim Pater verlaufen doch die meisten Erstbegegnungen mit 5-Sterne-Hotels.

Die Gesellschafterversammlung verläuft ein bisschen peinlich und ist für Verena nicht ganz ungefährlich. Der Einsatz scheint sich gelohnt zu haben. Nur nicht für die Ermittlungen im Mordfall Baumann. Da ist die Polizei noch fast so ratlos wie am Anfang. Nur Pater Pius, der ist einen Schritt weiter …

Begleitet werden die Mordermittlungen vom allgegenwärtigen Geplapper des Regionalsenders „Radio Donauwelle“. Moderator Steven und seine Kollegen berichten über Skurriles aus der Region, erfüllen Musikwünsche und äußern sich natürlich auch zum augenblicklichen Sensationsthema, dem Mordfall. Auf einmal haben sie eine eigene Geschichte zu erzählen: Eine ihrer Mitarbeiterinnen ist verschwunden. Sie kommen auf die Wahnsinnsidee, den Mann, mit dem sie zuletzt gesehen wurde, per Radio zu suchen. Wie indiskret und trampelig sie dabei vorgehen, ist sehr vergnüglich zu lesen, doch bekommt man zunehmend Angst um das Team. Irgendwann muss doch einer kommen und die Jungs da am Kragen aus dem Radio ziehen!

Aus der „Radio-Donauwelle“-Nummer – in diesem Band exklusiv betreut von Zoran Zivkovic – kommt das Autorenteam nichtmehr heraus. Das haben sie im ersten Pater-Pius-Krimi angefangen, und nun gehören diese Rundfunk-Chaoten dazu. Es dürfte eine Herausforderung sein, immer eine angemessen schräge Parallelhandlung zu finden, die dem Krimi selber nicht die Schau stiehlt.

Es menschelt auf dem Dreifaltigkeitsberg und drunten in der Stadt. Die Autoren haben ein scharfes Auge für die kleinen Schwächen ihrer Mitmenschen und schildern diese mit liebevollem Spott. In vielem erkennt man sich selber wieder. Und die weniger sympathischen Figuren, ja, denen ist man im wahren Leben auch schon begegnet. 🙂 Manche Gags werden vielleicht ein bisschen arg strapaziert, wie die wirren Wortspiele des Staatsanwalts (Seite 225 ff), aber das ist Geschmackssache.

Spöttingers Sekretärin, Jutta Detering, wäre übrigens garantiert beleidigt, wenn sie wüsste, dass die Kommissare sie auf Mitte 50 geschätzt haben. Sie müsste, wenn ihre Geschichte stimmt, ja deutlich jünger sein als ihre Ex-Kollegin Lotte. Aber wir verraten ihr nix.

Ein paar nette Insider-Gags hat’s drin. Die eine oder andere Nebenfigur ist nach Autorenkollegen benannt. Und ganz zum Schluss gibt uns das Autorenteam noch Einblick in eine Art Buch-Abschlussgespräch. Dort erfahren wir unter anderem, wie es mit einigen Figuren nach Abschluss des Falls weiterging. Dass es einen Band 3 geben wird, kann man aus dem „Gesprächsprotokoll“ ebenfalls schließen. Das klingt gut und lässt hoffen: Vielleicht findet Kommisarin Hälble ja in einem späteren Fall einen sympathischeren Mann als den egozentrischen Thorben Fischer. Andererseits … keiner leidet so unterhaltsam wie er!

Die Autoren
Silke Porath, Jahrgang 1971, lebt mit Mann, drei Kindern, Hund und allerlei Kleinvieh in Spaichingen. Sie arbeitete als Zeitungsredakteurin und PR-Beraterin, ist bis heute Dozentin für Kreatives Schreiben.

Andreas Christoph Braun, 1964 in Stuttgart geboren, lebt heute wieder in Stuttgart. An der Universität Tübingen studierte er Humanmedizin, ehe er nach dem Physikum die Richtung wechselte und in Würzburg ein Studium der Kunstgeschichte, Archäologie und Geschichte absolvierte.

Zoran Zivkovic, Jahrgang 1969, stammt aus dem ehemaligen Jugoslawien. Er lebt mit seiner Frau und zwei Töchtern in Höchberg. Der Sozialpädagoge wuchs auf der Schwäbischen Alb auf und drückte dieselbe Schulbank wie Silke Porath. Zoran Zivković arbeitet als Seminarleiter und Bildungsreferent in Würzburg.

Rezensent: Edith Nebel
EdithNebel@aol.com

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