Cooniebert, der Hütekater

„Bööö-ö-ö-wrrrauuu? Bööö-ö-ö-wrrrauuu?“
Normalerweise ist Kater Cooniebert nicht sehr gesprächig. Aber jetzt ist er im Stress. Im Hüte-Stress. Wir haben Besuch, und er will jederzeit darüber informiert sein, wo sich die Haushaltsmitglieder und die Gäste aufhalten. Besonders die Gäste! So recht traut er ihnen anscheinend nicht. Wer weiß, was die machen, wenn er gerade nicht hinguckt? Und so rennt er suchend und blökend im Haus herum und versucht, alle Anwesenden zusammenzutreiben, damit er sie im Blick hat.

„Bööö-ö-ö-wrrrauuu?“
Am Ende seines Suchrufs hebt er immer ein bisschen die Stimme, so dass sein Geblöke tatsächlich wie eine Frage klingt. „He, Leute, wo seid ihr denn alle?“

Schon im normalen Alltag schätzt er es nicht, wenn jeder in einer anderen Ecke des Hauses vor sich hinkramt. Ein Mensch in der Küche, ein anderer im Büro? Und beide machen was, das länger dauert? Ein Unding! Wenn dann noch seine Mitkatzen irgendwo dösen, wo er sie nicht sieht, muss er gehen und nach dem Rechten schauen. „Bööö-ö-ö-wrrrauuu?“

Weiß er dann, wo alle sind, ist er erst Mal zufrieden. Aber so richtig in Ordnung ist seine Welt erst, wenn sich die ganze Bande friedlich und gemütlich in einem Raum versammelt, und er mittendrin. Und bitte nicht abends nochmal weggehen. Und schon gar nicht verreisen! Keiner!

Und jetzt, wie gesagt, haben wir auch noch Besuch. Freunde sind in Urlaub und haben uns für eine Woche ihre beiden Katzen da gelassen. Die Tiere kennen einander von klein auf, die Besuchskatzen sind immer mal wieder ein paar Tage bei uns. Die Eingewöhnungszeit der tierischen Gäste ist entsprechend kurz. Sie kommen rein, sehen sich um, prüfen, ob es ihre Lieblingsplätze noch gibt, und tun dann so, als seien sie hier zu Hause.

Kater Ivan integriert sich nahtlos in unsere Katerbande und macht genau das, was unsere drei machen. Und wenn’s der größte Blödsinn ist. Gastkätzin Olga, die einzige Dame in der Runde, hält sich mehr an mich und rennt mir auf Schritt und Tritt bei der Hausarbeit hinterher. Wenn sie müde wird, schläft sie in meinem Kleiderschrank oder bei meinen Schuhen. Mädchen, eben!

Und das genau kann Kater Cooniebert nicht verstehen. Ein richtiger Kater ruht auf dem Balkon oder auf dem Kratzbaum, gern auch hoch oben auf dem Bücherschrank oder im Bett. Aber doch nicht hinter Pullovern oder zwischen Turnschuhen und Sandalen! Also rennt, blökt und sucht er alle Ruheplätze ab, die er so kennt, bis er sie schließlich auf einem ihrer Mädchen-Schlafplätze findet. Ob er dann „Weiber!“ denkt, wissen wir nicht. Möglich wär’s.

Jetzt ist es Abend, und Coonieberts Geblöke will einfach kein Ende nehmen. Wir liegen längst schon im Bett, da geistert er immer noch durch die Bude und schreit sein „Bööö-ö-ö-wrrrauuu? Bööö-ö-ö-wrrrauuu?“

„Gib jetzt Ruhe!“, ruft der Gatte.
„Leg dich hin und schlaf endlich“, verlange ich. „Die anderen pennen auch schon längst irgendwo.“
So ganz überzeugt ist er nicht.
„Bööö-ö-ö-wrrrauuu? Bööö-ö-ö-wrrrauuu?“

Cooniebert hat keine ruhige Nacht. Wir auch nicht. Immer mal wieder hören wir ihn rufen.

Am nächsten Morgen wird mir auch klar, warum: Kater Ivan sitzt mit langem Gesicht draußen auf dem Balkon. Er hat am Vorabend den Zapfenstreich verpasst, und wir haben ihn versehentlich ausgesperrt. Der Ärmste! Na, wenigstens ist es eine laue Nacht gewesen. Wir müssen unseren Freunden bei deren Rückkehr keinen hustenden und schniefenden Kater mit nach Hause geben.

Weil Ivan immer das macht, was die anderen machen, sind wir stillschweigend davon ausgegangen, dass mit unseren Katern ins Haus kommt, wenn wir am Abend nach ihnen pfeifen. Aber offenbar hat er in der Kratzbaumhöhle geschlafen und nichts vom allgemeinen Aufbruch mitgekriegt. Und gesehen haben wir ihn da drin auch nicht.

So etwas ist ihm zu Hause sicher noch nie passiert!

„Guten Morgen, du armer Ivan“, sage ich, als ich die Balkontür öffne. Wie ein Pfeil schießt er ins Haus und hechtet an die Futternäpfe. Dringend aufs Klo muss er nicht, das hat sich zwischenzeitlich erledigt. Na, wenn ich gewusst hätte, dass er heute Nacht draußen schläft, hätte ich ihm ein Katzenklo auf den Balkon gestellt. So greife ich eben zum Putzzeug.

Ich warte geradezu darauf, dass Cooniebert mich triumphierend anschaut und deutlich sichtbar denkt: „Siehste! Hättest du gestern Abend auf mich gehört, müsstest du jetzt keine Pfütze wegputzen!“ Aber auf so ein menschliches Niveau lässt er sich nicht herab. Er mampft zufrieden sein Frühstück und sagt keinen Ton. Muss er auch nicht. Jetzt sind ja alle da.

Text und Fotos: Edith Nebel
EdithNebel@aol.com

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