Britta Freith (Autorin), Bigi Möhrle (Fotos): Hinterm Stall die Blumen

Britta Freith (Autorin), Bigi Möhrle (Fotos): Hinterm Stall die Blumen – Landfrauen und ihre Gärten. Stuttgart 2013, Eugen Ulmer KG, ISBN 978-3-8001-7894-0, Hardcover mit Schutzumschlag, 190 Seiten, Format: 28,6 x 22,8 x 2,2 cm, EUR 29,90 (D), EUR 30,80 (A).

„Das Fleisch kommt von unserem Tier, die Milch kommt aus unserem Tank, der Salat und die Kräuter kommen aus unserem Garten. Das macht mich glücklich!“ Bettina Horstmann, Bäuerin, Jerrishoe, Seite 18.

13 Landfrauen von Flensburg über die Schweiz bis nach Kärnten in Österreich haben die Autorin und die Fotografin Biggi Möhrle besucht – moderne Landfrauen, die sich und ihre Familien aus ihren Gärten versorgen. Entstanden sind 13 hochinteressante, traumhaft bebilderte und wunderbar authentische Porträts von engagierten Frauen und ihren Gärten. Die Bäuerinnen lassen uns über ihre Gartenzäune blicken und ein bisschen in ihr Leben.

Allen porträtierten Landfrauen gemeinsam ist, dass sie wahnsinnig viel zu tun haben. Neben der Arbeit auf dem Hof, dem Papierkram, Haushalt und Familie haben manche noch Feriengäste, bilden junge Menschen aus, geben Kurse, machen Gartenführungen, engagieren sich in der Kirchengemeinde oder in Vereinen. Da ist die Zeit, die sie in ihre Gärten investieren können, natürlich begrenzt.

Nicht allen war der Weg in die Landwirtschaft vorgezeichnet. Manche hatten einen ganz anderen Beruf, ehe sie in einen Betrieb einheirateten. Und nicht jede hatte von Haus aus Interesse, einen Garten zu bewirtschaften. Manche hat ihn notgedrungen von der Schwiegermutter übernommen oder ihn erst angelegt, als die Kinder kamen: „Ich habe mich gefragt, wie die Lebensmittel behandelt werden oder was alles nötig ist, damit es in einer Monokultur überhaupt wächst. Als nächstes kam mir der Gedanke, was ich selber machen kann.“ Melanie Schnitzer, Himmelberg, Österreich, Seite 184.

Ob der Garten Familientradition war, von Anfang der Selbstversorgung dienen sollte oder aus pädagogischen Gründen angelegt wurde, um den Kindern Respekt vor den Nahrungsmitteln und das Prinzip der Nachhaltigkeit beizubringen – irgendwann haben die Frauen Gefallen an der Gartenarbeit gefunden. Sie entspannen sich beim Gärtnern oder lieben die Gestaltungsmöglichkeiten, sie wollen alte oder regionale Pflanzen erhalten, sie verstehen sich auf Heilkräuter oder Tees in Bioqualität, legen gezielt Rosengärten oder Mariengärten an.

Es gibt Landfrauen, die ihren Garten akribisch planen, andere gehen sympathisch chaotisch vor und kommen auch zum Ziel. Und sie sind erfreulich pragmatisch. Was im Klima und auf dem Boden ihrer Region nicht gedeihen mag, daran wird keine Energie verschwendet. Oder, wie Martina Euhus aus Suroide sagt: „Was nichts wird, fliegt raus!“ (Seite 42)

Lernen kann man von jeder der Bäuerinnen etwas: über Fruchtfolge, Gartengestaltung, übers Pflanzen und Ernten, über umweltfreundliche Düngung und Schädlingsbekämpfung, über Vorratshaltung und Konservierung wie Einkochen, Einfrieren, Dörren und die althergebrachte Art, Gemüse über den Winter in Erdmieten zu lagern. Leckere Rezepte dürfen natürlich nicht fehlen Dazu gibt es praktische Tipps, die auf den ersten Blick ein bisschen schräg wirken wie die Beerenpflückschürze von Doris Alswerde-Meyer oder die verrückt-geniale Methode, Breitwegerich-Samen zu gewinnen, die sich der 11-jährige Sohn von Irene Prammer aus dem österreichischen Mostviertel ausgedacht hat.

Am liebsten würde man gleich hergehen und Gemüse, Blumen und Kräuter pflanzen, Rosenlimonade oder Kräuterspätzle nachzaubern, Baumspinat probieren, Mühlenbrot backen und prüfen, ob Brot, das man mit Amaranth bäckt, tatsächlich rosarot wird. Wer wissen will, wie sich Nicole Nikolaus‘ südsibirische Drachenkopfpflanzen in einer Teemischung machen, kann direkt bei ihr eine Bestellung aufgeben. Im Anhang sind die Kontaktdaten aller beschriebenen Höfe aufgeführt, unter anderem die URL von Frau Nikolaus‘ Onlineshop.

Um die viele Arbeit, die Abhängigkeit vom Wetter und das Zusammenleben mit den Schwiegereltern unter einem Dach beneiden wir Bäuerinnen nicht unbedingt – um ihre prachtvollen Gärten vielleicht schon …

Die Autorin
Britta Freith wechselte vom Biologiestudium zum Radio und wurde Journalistin. Als ihre Kinder Ende der 1990-er Jahre zur Welt kamen, begann sie, Drehbücher und Websites zu schreiben, danach ging sie für ein paar Jahre zum NDR und baute dort und beim Deutschlandfunk ihren Schwerpunkt Umwelt und Landwirtschaft aus. Seit 2005 arbeitet sie in Hamburg als freiberufliche Texterin, Konzeptionerin und Autorin. Ihr Blog: http://www.freith.de/stimme.

Rezensent: Edith Nebel
EdithNebel@aol.com

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