Heike Abidi, Anja Koeseling (Hrsg.): Urlaubstraum(a) – Geschichten vom Ferienwahnsinn

Heike Abidi, Anja Koeseling (Hrsg.): Urlaubstraum(a) – Geschichten vom Ferienwahnsinn, Hamburg 2016, Eden Books, ISBN 978-3-959100-62-5, Softcover, 333 Seiten, Format: 12,5 x 2,7 x 18,8, Buch: Euro 9,95 (D), Euro 10,30 (A), Kindle Edition: Euro 7,99.

Abbildung: (c) Eden Books
Abbildung: (c) Eden Books

24 Autorinnen und Autoren haben insgesamt 36 grundverschiedene Beiträge zum „Urlaub“ verfasst. Wer nach dem witzigen Cover geht und/oder bereits Anthologien kennt, die Heike Abidi und Anja Koeseling bei Eden Books herausgegeben haben (SCHLACHTFELD ELTERNABEND – VORSICHT SCHWIEGERMUTTER – HERR DOKTOR, MEIN HUND HAT MIGRÄNE – WILLKOMMEN IN DER BÜROHÖLLE), erwartet jetzt vermutlich eine Kollektion saukomischer Geschichten. Die bekommt er auch – aber nicht ausschließlich. Die vorliegende Kurzgeschichtensammlung ist da breiter aufgestellt.

In den vier Kapiteln

1. Der Weg ist das Ziel
2. Dann sind wir endlich da …
3. Wenn nur die Touristen nicht wären
4. Mein (un)schönstes Ferienerlebnis

finden wir witzig-überdrehte Ferienerlebnisse genauso wie Tragisches und Gruseliges, Mörderisches und Phantastisches sowie eine Reihe von Reiseberichten, die nahe an der Realität sein könnten und in mehr als einem Fall eine Liebeserklärung an das bereiste Land darstellen. Da besucht zum Beispiel eine Großfamilie Namibia, stößt aufgrund ihrer Mitgliederzahl manchmal an organisatorische Grenzen und genießt den Urlaub ihres Lebens (Seite 25). – Eine Schlittenhundefahrt, die die Erzählerin ohne ihren bockigen Gatten unternimmt, beschert ihr ein Abenteuer und ihm bange Stunden (Seite 48). Beiträge wie TEENAGER-PARADIES IRLAND? (Seite 127), NAMIBIAN WILDLIFE (Seite 144) gehen in die Richtung „klassischer Reisebericht“.

Liebeserklärungen und Überraschungen


Manch einer erlebt in einem Urlaub ein paar interessante Überraschungen. Aus einer Abfolge von Whatsapp-Nachrichten besteht die überaus unterhaltsame Story SAFARI IM SARI (Seite 73): Spontan hat Laura zwei Wochen Indien gebucht, ohne genau zu lesen, worauf sie sich da einlässt. – Nur seiner Freundin zuliebe ist Felix nach Tel Aviv gekommen – und jetzt ist er alleine da und findet Land und Leute ganz furchtbar. Zunächst. (Seite 104)

Fremdschämen muss man sich oft seine Mittouristen. Für aufdringliche Gaffer (Seite 158) genauso wie für Besserwisser (Seite 166) und für Leute aus dem eigenen Bundesland, klar erkennbar an ihrem Dialekt (Seite 174).

Den Preis für den schrägsten Storytitel bekommt die Kurzgeschichte ONKEL JO SITZT AUF DEM KLO (SEITE 117).

Schadenfreude und Fremdschämen


Seinen Hang zur Schadenfreude kann man hemmungslos bei den Geschichten über Urlaubsreisen ausleben, auf denen alles schief ging: DIE MALLE-MISERE (Seite 203), RAUB AUF DEM NIL (Seite 240), MURPHYS URLAUB (Seite 268), SCHLAFLOS IN DER TOSKANA (Seite 276) oder IM GLUTOFEN VON ANDALUSIEN (Seite 287). Andere Urlaube kriegen gerade nochmal die Kurve, ehe sie als Totalflop in die Familiengeschichte eingehen konnten: NEW YORK IN FARBE (Seite 251), DER VULKAN (Seite 229) oder STADTRAUSCH (Seite 57).

DAS IST DAS LEBEN (Seite 138), ZIMMER MIT AUSSICHT (Seite 296), IM WALD MIT MATTES (Seite 306), SEEHUNDSTAGE (Seite 263) und noch ein paar andere fallen ziemlich aus dem Rahmen dessen, was man sich unter einer Urlaubsgeschichte vorstellt. Das zeigt die Bandbreite der Sammlung.

Reisegefährten aus der Hölle


Wir entdecken die TOP TEN DER AM HÄUFIGSTEN VERGESSENEN WICHTIGEN DINGE (Seite 89), die Vor- und Nachteile der verschiedenen Verkehrsmittel (Seite 112), wir begegnen den ZEHN URLAUBSBEKANNTSCHAFTEN AUS DER HÖLLE (Seite 152), amüsieren uns über die TYPOLOGIE DER GRUPPENREISENDEN (Seite 213) und lernen 35 Gründe kennen, nicht in den Urlaub zu fahren (Seite 324).

Wie bei den vorigen Anthologien, bei denen Heike Abidi und Anja Koeseling als Herausgeberinnen fungiert haben, erfährt man auch hier nicht, welcher Autor welchen Beitrag verfasst hat. Nur Petra Plaum verrät uns ausnahmsweise im Rahmen der Autoren-Kurzbiographien im Anhang, für welche Geschichten sie verantwortlich zeichnet.

Wer schrieb was?


Manchmal wäre es ganz praktisch, wenn der Leser vorab wüsste, ob der Text von einem Mann oder einer Frau stammt. So geht man automatisch von einer Autorin und einer weiblichen Hauptfigur aus, einfach deshalb, weil das in der Mehrzahl der Fälle so ist. Das führt gelegentlich zu leichter Verwirrung: Aha, hier reisen Mutter und Tochter. Nee, doch nicht: zwei Freundinnen. Und die sind ein Paar. Ach nein, auch falsch: Der Ich-Erzähler ist ein Mann! – Aber, okay, das sind Kleinigkeiten.

Wie gesagt: Wer eine reine Sammlung von „Schenkelklopfern“ erwartet, dürfte von der Anthologie enttäuscht sein – weil sie einfach mehr bietet. Wer eine abwechslungsreiche Folge von Geschichten, Berichten und amüsanten Fakten rund ums Urlaub Machen und Verreisen lesen möchte, der ist hier richtig.

Die Autorinnen und Autoren
Heike Abidi, Carolina Baum, Ursi Breidenbach, Kerstin Bätz, Volker Bätz, Susanne Böckle, Julia Dombrowski, Akram El-Bahay, Franziska Fischer, Manon Garcia, Christa Goede, Heike Karen Gürtler, Moritz Hampel, Charlotte Hirsch, Anja Koeseling, Olaf Köhler, Verena Napiontek, Petra Plaum, Dr. Andreas Schaale, Heike Eva Schmidt, Heike Schulz, Andrea Schütze, Tino Schrödl, Sebastian Thiel.

Die Herausgeberinnen
Heike Abidi ist freiberufliche Werbetexterin und Autorin. Sie schreibt vor allem Unterhaltungsromane für Erwachsene sowie für Jugendliche und Kinder. Mit Mann, Sohn und Hund lebt sie in der Pfalz.
Anja Koeseling war als Journalistin und Publizistin tätig, bevor sie 2008 die Literaturagentur Scriptzz mit Sitz in Berlin gründete. Heute schreibt sie Sachbücher.

Rezensent: Edith Nebel
EdithNebel@aol.com

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