Der blanke Wohnsinn: Der Umzug

Nachdem meine Cousins, meine Freundin sowie die hilfsbereiten Nachbarn und ich schon ein halbes Jahr lang Hausrat und vor allem Bücher von der Wohnung ins Haus rübergefahren und -geschleppt haben, war es am 18. Mai 2017 endlich so weit: Das Umzugsunternehmen transferierte die Möbel und das gesamte Technikgedöns.

Natürlich hatten alle diejenigen recht, die gesagt hatten, dass sie Umzugskartons nie reichen. Am Schluss war doch noch so viel Kleinkram übrig, dass ich auf die „Notfallkartons“ zurückgreifen musste, die die Umzugsleute standardmäßig mit dabei haben. Die wissen schon, warum.

Vier Leute haben sieben Stunden lang abgebaut, geschleppt und aufgebaut, genau wie der Chef des Unternehmens es bei seinem Besichtigungstermin veranschlagt hatte. Erst haben die Leute gegrinst, weil ich auf alle Möbel und Geräte Zettel mit dem exakten Zielort geklebt hätte: „Haha, nett, dass Sie uns das hinschreiben. ‚EG Wohnzimmer‘, das erklärt sich doch von selber!“
„Ja“, hab ich gesagt. „Jetzt warten Sie mal, bis Sie das Haus sehen.“
Es sind vier Etagen plus zwei Nebengebäude, und fast überall kam was hin. Da war eine exakte Beschriftung meines Erachtens kein überflüssiger Luxus.

Die Möbel hatte ich in ihrem alten Umfeld fotografiert, die Fotos auf A3 ausgedruckt und im Haus dann dort hingeklebt, wo ich das entsprechende Stück stehen haben wollte. Ehe ich mich lange mit Grundrissen plage … Und es hat ganz gut funktioniert. Im Büro genau wie im Katzenzimmer.

Überall noch ungemütlich


Mitten im Umzug holten die Raumausstatter noch meine Polstermöbel ab. Die werden frisch bezogen. Neue wollte ich nicht, weil mir die ausladenden Liegelandschaften, die derzeit in Mode sind, nicht gefallen. Bis die neuen Bezüge fertig sind, das dauert noch ein Weilchen, und so hause ich derzeit noch sehr provisorisch. Als Fernsehsessel dient mir ein Gartenstuhl.

Fernsehen ist gerade eh kein Thema. Ich glaub, bei dem Wind heute Nacht hat’s die Schüssel verstellt. Ich habe keinen Empfang. Welchen Sender ich auch anwähle, überall heißt es: „Schwaches Signal.“ Die Technik hier hat noch so ihre Mucken. Auch die Elektrik entwickelt ein beängstigendes Eigenleben. Da muss nochmal der Fachmann ran.

Regale habe ich noch keine. Die Bücher stehen immer noch in Umzugskartons im Haus verteilt herum. Ich lass die Regale erst machen, wenn die Möbel alle drinstehen. Dann sehe ich erst, wo und wie …

So wirklich gemütlich ist es hier also noch nicht. Am normalsten sieht noch das Büro aus. (Vorher, nachher)

Der Fluch der Technik


Telefon und Internet funktionierten erstaunlich schnell. Es gab nur eine kurze Irritation wegen der Telefondosen. Und die jungen Mitarbeiter der Fachfirma suchten zunächst vergebens im Haus nach einem „Telekom-Kästchen“ … also nach der Stelle, an der die Telekomleitung ins Haus kommt. Ich war sicher, dass das nur in der Kellerwerkstatt oberhalb des Radioregals sein kann. Aber das war anscheinend nicht das, was die Männer suchten. Auch Telefonate mit „meiner“ Renovierungsfirma brachten nicht wirklich Aufschluss und so gingen die beiden wieder.

Das mit dem Telekom-Kästchen ließ mir keine Ruhe. Als die Burschen weg waren, ging ich nochmals in den Keller und schaute an entsprechender Stelle nach. Wir hatten unser erstes Telefon im Jahr 1974 bekommen, da gab es noch gar keine Telekom. Und richtig: An der vermuteten Stelle hing ein graues Kästchen mit der Aufschrift „Post“! Das musste es sein. Ich rief den Chef der Firma an und beschrieb meinen Fund. Er bestätigte meine Vermutung. Als das Telefon noch von der Post betrieben wurde, waren seine Mitarbeiter noch gar nicht auf der Welt.

Nachdem das geklärt war, haben die Leute Telefon, Internet und Fernsehen problemlos zum Laufen gebracht. Dass die Glotze gerade aktuell wieder nicht geht, dürfte an der Schüssel selbst liegen. Oder ist die SAT-Anlage so wetterfühlig, dass die Gewitterwolken sie einen halben Tag lang lahmlegen?

Die Anlage im Büro hat sich als zu alt erwiesen, die habe ich umsonst mit umgezogen. Jetzt gibt’s einen neuen Fernseher, der den SAT-Receiver gleich mit eingebaut hat. Da steht schon weniger Gedöns hier rum.

Trockner und Mikrowelle habe ich altershalber gar nicht mitgenommen. Das habe ich für Denkendorf neu angeschafft. Und auf einmal war alles so neu und umständlich. Alles, was vorher automatisch lief, war jetzt Denkarbeit: Was will die neue Spülmaschine alles haben, damit sie ihren Job antritt? Warum macht der Herd nix? Ach – Sicherungen ausgeschaltet! Wer tut denn sowas? Und wo habe ich dies und das hingepackt? Nur Tee kochen und Wäsche waschen ging gleich.

Die alte Wohnung


Am Tag nach dem Umzug bin ich erst mal zurück nach Ostfildern gefahren und habe fünf Stunden lang die alte Wohnung geschrubbt. Es ist gleichermaßen erschreckend wie peinlich, wie viel Schmutz sich an Stellen ansammelt, an die man zum Putzen nicht drankommt.

Irgendwie war’s ein letzter Liebesdienst an den vier Wänden, in denen ich 29 Jahre sehr glücklich und sehr unglücklich war.

Und die Aussicht auf das viele Grün werde ich schon vermissen.

Katzenumzug: von Aliens entführt!


Die Katzen waren schon einen Tag vor mir umgezogen. Mein katzenerfahrener ehemaliger Kollege hat sich Gottseidank angeboten, am Mittwoch vor dem eigentlichen Umzug bei mir vorbeizukommen und mir beim Katzentransfer zu helfen. Alleine hätte ich das nie im Leben hingekriegt!

Indie setzte sich schon freiwillig in die Transportbox, noch ehe der Kollege überhaupt da war. Cooniebert haben wir die die halbe Wohnung gejagt, bis wir ihn schließlich auf der Fensterbank im Wohnzimmer in die Enge getrieben hatten und ihn in den Kennel stopfen konnten. Kater Yannick, der große Rote, lieferte uns eine Schlacht und ließ sich ums Verrecken nicht einfangen. Ich war schon ganz verzweifelt.

„Weißt du was?“, sagte ich schließlich zum Kollegen. „Wir fahren jetzt und liefern Cooniebert und Indie drüben ab. Und dann kommen wir und holen den Yannick. Den wiegen wir jetzt erstmal in Sicherheit.“

So haben wir es gemacht. Ich hatte unterm Dach – in meinem ehemaligen Kinderzimmer und Vaters späterem Büro – bereits Katzenklo, Wasser und Futter installiert. In den Raum würde das Umzugsunternehmen nichts reinstellen müssen, also waren die Katzen da ungestört. Wir öffneten die Kenneltüren, und Cooniebert und Indie schossen wie auf Kommando unter das Sofa und waren nicht mehr gesehen.

G. und ich flitzten zurück nach Ostfildern. Letzter Streich. Yannick wird gedacht haben: „Ätsch, die habe ich ausgetrickst!“. Damit, dass wir, mit einem Kennel in der Hand, wieder zurückkamen, hat er offensichtlich nicht gerechnet. Wieder flitzte er unter den Möbeln herum, unter denen wir ihn prompt wieder vorscheuchten. Nutzte alles nix. Erst als er, wie Cooniebert, auf die Fensterbank sprang, von wo aus er keinen Fluchtweg mehr hatte, hatten wir eine Chance. Ich schnappte den verblüfften Kater, G. hielt den Transportkorb hin, und ruckzuck saß Yannick in der Kiste. Das wird er mir ein Leben lang verübeln.

Natürlich haben alle drei vom Start bis zum Ziel gejault und gebrüllt, als würde man sie grillen. Sie taten mir ja auch Leid, denn sie müssen sich gefühlt haben, als würden sie von Aliens entführt. Dabei habe ich ihnen doch lang und breit erklärt, dass wir jetzt in ein großes Haus ziehen! 😉

Fotos haben wir von dem Ereignis keine. Wir hatten alle Hände voll zu tun.
„Das nächste Mal bestellen wir einen Kameramann“, meinte mein Kollege, als der Zirkus vorbei war.

Nachdem am Donnerstag die Möbelleute weg waren, öffnete ich die Tür des Dachzimmers. Von den Katzen war nichts zu sehen. Sie saßen schmollend unter dem Sofa und kamen nur vor, wenn sie Hunger oder Durst hatten oder aufs Klo mussten.

Am Samstag kam noch Gastkater Ivan dazu, mitten ins größte Chaos, wanderte schnurstracks unters Dach und setzte sich, solidarisch mit seinen Kumpels, schmollend unter das Sofa.

Der erste, der die Sache mit den Treppen kapiert hatte und dass ich im Erdgeschoss zu finden bin, war erstaunlicherweise Cooniebert. Der ist ja nicht gerade ein Raketenforscher. Aber er taperte schon in der Nacht zum Freitag in der Wohnung herum und sprang bei mir aufs Bett. Nach ein paar Tagen kam er mir bereits im Keller entgegengeschnürt.

Indie war der nächste. Er hat erst einmal gegenüber diversen Lieferanten und Monteuren sein Revier abgesteckt und auf die Fußmatte hinter der Haustür gepieselt. Statt „herzlich willkommen“ lautet seine Botschaft: „Ey, verpiss dich! Das ist mein Revier. Such dir gefälligst ein eigenes!“
Sehr lecker. Jetzt brauch ich eine waschbare Fußmatte, die in die Aussparung passt.

Der rote Yannick wohnt noch immer unterm Sofa. Manchmal sehe ich ihn durch die Wohnung stiefeln. Ich hoffe, er kommt rechtzeitig, um vom Essen was abzukriegen. Ich sehe es einfach nicht ein, dass ich zwei Stockwerke höher renne, um dem gnädigen Herrn seine Mahlzeiten zu servieren, wenn es im EG im Katzenzimmer ein ganzes Büffet gibt! Er weiß das.

Sobald ich auf ihn zugehe, flüchtet er die Treppen hoch und rettet sich unter das Sofa im DG. Ach ja, er ist halt unser Sensibelchen!

Die Sache mit dem Rollrasen


Und da war da noch die Sache mit dem Rollrasen. Als mein Cousin von nebenan eine Woche im Ausland war, kam die Gartenbaufirma, verlegte vor dem Haus den Rollrasen und pflanzte die gewünschte Hecke. Und dann wurde es heiß und ich sollte, damit der Rasen anwächst, zweimal täglich 20 Liter Wasser pro Quadratmeter aufbringen. Äh … zweimal 30 Gießkannen voll vom Keller hoch und einmal ums Haus tragen? Hallo? Und das erfahre ich am Abend vor einem Feiertag?

Ich hatte keinen Gartenschlauch, der lang genug war – und keinen funktionierenden Wasseranschluss draußen. Ich habe mich so lange durchimprovisiert, bis mir ein freundlicher Nachbar einen passenden Gartenschlauch lieh.

Als mein Cousin wieder von seiner Reise zurückkam, war ich entlastet. Er hat einen Rasensprenger. Ich gieße jetzt nur noch da, wo der nicht hinsprinkeln kann. Und irgendwann, wenn ich Zeit habe, kümmere ich mich auch um einen Klempner, der mir den Wasseranschluss außen wieder flott macht.

Die neuen Kratzbäume


Inzwischen sind auch die neuen Kratzbäume eingetroffen. Der alte Indoor-Kratzbaum ist verratzt und steht im Katzenzimmer. Fürs Wohnzimmer habe ich das Nachfolgemodell beschafft und tatsächlich selber aufgebaut gekriegt. Ich bin bei sowas sonst kein Held. Zwar ist mir meistens klar, wie das alles gehört, aber dann fehlt’s an Kraft, Werkzeug oder der Übung im Umgang mit demselben. Sobald ich Löcher bohren soll, isses bei mir vorbei. Das traue ich mich nicht, obwohl ich das als Kind in Vaters Kellerwerkstatt hingebungsvoll getan habe.

Der Outdoor-Kratzbau forderte schon einen höheren Einsatz und mehr Know How. Da musste wieder mein Cousin dran glauben. Jetzt steht der Kratzbaum. Nun brauche ich nur noch das Balkongeländer und ein Katzennetz, damit die Viecher auch rauskönnen.

Ihr seht: Es fehlt noch an allen Ecken und Enden, und der Wohnsinn geht weiter.

3 Kommentare

  1. Liebe Frau Nebel, das hört sich ja wirklich WAHNSINNIG an und nach einer Endlosgeschichte… Als Leser und Betrachter der vielen Fotos wirkt das alles höchst amüsant, danke für die „privaten Einblicke“. Den Katern sieht man am Gesicht an, was sie von der ganzen Aktion halten !! Das wird lange dauern, bis der Haussegen nicht mehr schief hängt… Die Episode mit Telekom/Post ist zum Brüllen ! Und da die Technik tatsächlich weitgehend schon funktioniert, kann ich ja neue Beiträge für die Tiergeschichten schicken…? — Alles Gute zum Umzug und viel Glück im neuen Heim !
    Liebe Grüße
    M.B.

    1. Danke!
      Und ja, die Tiergeschichten sind wieder in Betrieb und freuen sich über Nachschub.

      Kater Indie hat jetzt übrigens Büroverbot. Er hat mir jetzt zum zweiten Mal auf den Schreibtisch gepinkelt.

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