Irgendwie such’™ ich immer mein Zeug. Es ist nicht so, dass ich von Natur aus schusselig oder chaotisch wäre. Meine Buchhaltung ist stets tipptopp und mein Elefantengedächtnis für Zahlen und Job-Details ist berüchtigt. Ich habe im Lauf meiner Berufstätigkeit nur ein einziges Mal einen Besprechungstermin vergessen. Damals hatte ich bereits gekündigt, und das weitere Firmengeschehen war mir schon Wurscht.
Was ich mir aber ums Verrecken nicht merken kann: Wohin ich meine Schlüssel, Handtasche, Sonnenbrille etc. schmeiße, wenn ich zur Wohnungstür hereinkomme. Und wo ich meine Schuhe ausgezogen habe. Meine bessere Hälfte kriegt jedes Mal die Meise, wenn wir aus dem Haus gehen wollen und ich erst das Suchen anfange: ’žKreisch! Ich find’™ meinen Hausschlüssel nicht! Und wo hab’™ ich nur meine Handtasche hingeschmissen? Ich hatte mir doch alles schon gerichtet! Und hat jemand meine roten Schuhe gesehen? Ohne mein Zeug geh’™ ich nicht aus dem Haus!’œ
Ewig suche ich Schlüsselbund und Sonnenbrille. Und nicht nur das!
Der Mann verdreht die Augen. ’žIch hab’™s dir schon hundert Mal gesagt. Es ist ganz einfach: Leg dein Gelumpe immer an den selben Platz, dann musst du es nicht immer suchen!’œ
Ich bin sicher, dass er damit Recht hat. Und dass meine Großeltern das gleiche schon vor 75 Jahren ihren Kindern gepredigt haben. Trotzdem suchen meine Verwandten väterlicherseits ihr Leben lang Schlüssel, Geldbörsen, Taschen, Brillen und Schuhe. Vielleicht haben wir alle einen Gen-Defekt. Wir haben irgendwas mit dem Suchen-Ge(h)n …
Das Problem ist, dass das Fallenlassen von Schlüsseln und anderem lästigen Zeug kein bewusster Akt ist. Ich komme zur Tür herein, hab den Kopf voller Termine und zu-erledigen-Posten, renne schnurstracks in die Küche, ins Büro oder meinetwegen ins Schlafzimmer um mich umzuziehen und deponiere alles, was ich gerade nicht in den Händen gebrauchen kann, auf der nächst gelegenen horizontalen Fläche. Das geht ganz automatisch, ich nehme nicht wahr, dass ich das mache und kann es mir deshalb auch nicht merken.
Meine bessere Hälfte hat mir ein Schlüsselbrett gekauft und es neben der Wohnungstür an die Wand montiert. Da hängen seitdem diverse Ersatzschlüssel dran. Es wird doch wohl niemand im Ernst erwartet haben, dass ich mich auf so einen Fummelkram konzentriere, während ich beim Hereinkommen darüber nachdenke, dass die Waschmaschine nun fertig sein müsste …dass ich zu warm angezogen bin … dass ich die Konten überprüfen muss, weil mir beim Überfliegen der Ausdrucke etwas komisch vorgekommen ist … dass ich die Katzen auf den Balkon hinauslassen will … und dass mir nun endlich eingefallen ist, in welchem Kochbuch das Rezept steht, das der Mann so verzweifelt sucht.
Bei alledem habe ich Hausschlüssel, Handtasche und Schuhe einfach nicht auf dem Schirm.
Ich zische wie eine Flipperkugel durch die Wohnung, versuche, so viel wie möglich zu erledigen, und finde, bevor ich zum nächsten Termin weiter eile, nach vielem Kreischen und Suchen die Latschen im Flur, die Schlüssel auf dem Kratzbaum, die Handtasche auf dem Wohnzimmersessel und die Sonnenbrille auf dem Küchentisch.
Die Arbeitswoche über kann ich mich zumindest in punkto Schlüssel überlisten. Der hängt an einer Kette an meiner Arbeitstasche und bleibt auch dort. Es sei denn, ich müsse nach Feierabend noch schnell in den Keller. Dann, siehe oben, geht das Gekreische und Gesuche wieder los.
Haargenau das gleiche Gezicke habe ich mit Scheren und Kugelschreibern. Die werden irgendwo benötigt, benutzt, liegen gelassen und vergessen. Und dann kassiere ich einen Anschiss, weil alle Kulis im Büro und keiner mehr in der Küche ist. Weil die Nagelschere auf der Waschmaschine liegt und ich die Küchenschere zum Paketöffnen ins Wohnzimmer verschleppt habe.
In der Firma habe ich so einen Zirkus gar nicht. Meine Bürozelle ist kaum größer als mein Schreibtisch, da kann ich gar nichts verlegen. Da kommt auch die Schlüsselkarte, die uns die Büroräume öffnet, konsequent morgens mit einem Clip an die Klamotten und abends wieder in das Seitenfach meiner Arbeitstasche. Zwei Vorgänge, die ich gerade so in Schach halten kann. Nur mit Dingen, die ich drölfzigmal am Tag in die Hand nehmen, von A nach B tragen und dann wieder ablegen muss, habe ich ein Problem. Damit bin ich überfordert.
Vorhin habe ich Handtasche, Brille und Schlüsselbund auf die Schuhschrank gelegt, um für diesen Text Fotos davon zu machen. Ich bin gespannt, ob ich das nachher, wenn ich wieder aus dem Haus muss, noch weiß …
Schlüsselbrett ist Unsinn. Genau wie Schuhschränke für Chaoten, die lieber ihr Schuhwerk auf einem Haufen neben der Hintertür aufbewahren, Unsinn sind. Wie wär’s stattdessen mit einem Papierkorb? Nur eben nicht für Müll, sondern für deinen Krimskrams. Am besten gleich hinter der Haustür. Das müsste doch funktionieren! Einfach reinwerfen …
Das mit dem Papierkorb käme eiskalt auf einen Versuch an. Dann müsste ich mir nur noch EINES merken: lästiges Gedöns gleich hinter der Tür abwerfen! Und nicht erst quer durch die Wohnung tragen.
Klar, aber du MUSST ihn dort stehenlassen. Sonst suchst du den Papierkorb am Ende auch noch 😉
*pruuuust*
Ich überleg mir gerade, ob unsere mit Technik und Büchern vollgestopfte 67-Quadratmeter-Wohnung groß und unübersichtlich genug ist, dass darin ein Papierkorb verschwinden kann.
Na ja, du wirst nicht unbedingt den Papierkorb übersehen, aber vielleicht gelingt es dir trotzdem, Schlüssel und Co. woanders zu parken? Ich halte das – nach langjähriger Erfahrung mit ähnlich gestrickten Mitbewohnern – für durchaus möglich. Du wärst nicht die Erste, die ihre Utensilien in der Wäsche/im Müll/im Kühlschrank wiederfindet …
liebe edith, du bist mit diesem problem absolut nicht allein. was ich so den ganzen tag suche, geht auf keine kuhhaut. besonders schlimm wirds dann, wenn ich meine zigaretten nicht mehr finde, die ich grundsätzlich in der hosentasche habe… es sei denn.. tja, und dann suche ich. das mit dem schlüsselbund hab ich so gelöst, dass ich mir angewöhnt habe, den hausschlüssel (inkl. auto-, garagen- und sonstige schlüssel) sofort innen wieder anzustecken.
nur neulich wars wirklich mal blöd: ich such und such mein handy. vor lauter verzweiflung habe ich es dann angerufen… leider wars ausgeschaltetet. nach einem halben tag und ziemlicher resignation wollte ich aus dem haus gehen und mir schuhe anziehen. du kannst dir denken, wie sehr ich mich gewundert habe, als mich das handy aus dem schuhschrank angrinste. ich schwöre, das ding hat sich von ganz alleine dort versteckt, denn kein mensch (nicht mal ich) ist so dusselig, dass er das handy in den schuhschrank legt.
Wie der Volksmund sagt: Ordnung ist das halbe Leben. Daraus ergibt sich für die andere Hälfte: Wer Ordnung hält ist nur zu faul zum Suchen.
Als Anhänger der gemässigten Chaostheorie sehe ich das z.B. in Bezug auf den Datenschutz eher pragmatisch: Was ich nicht finde, findet auch kein anderer …
Das mit dem Datenschutz sehe ich mittlerweile auch so. Hab ich von dir gelernt. 🙂
Und manchmal ist Ordnung auch schädlich. Der Mann hat aufgeräumt. Und ich fand meine Tabletten heut früh im Müll wieder …