Thomas Marent (Fotos), Fritz Jantschke (Text): Affen der Welt, Welt der Affen

Thomas Marent (Fotos), Fritz Jantschke (Text): Affen der Welt, Welt der Affen, München 2014, Frederking & Thaler Verlag, ISBN 978-3-95416-118-8, Hardcover mit Schutzumschlag, 240 Seiten, Format: 30,6 x 24,8 x 2,6 cm, EUR 49,99 (D), EUR 51,40 [A], sFr 66,90.

Abbildung: © Frederking & Thaler Verlag
Abbildung: © Frederking & Thaler Verlag

 

„Wir spüren bis hinunter in unsere Gene, dass Affen nicht einfach irgendwelche Tiere sind (…) Weil ihre Ähnlichkeit mit uns sie so sympathisch macht, sind sie die besten Botschafter, die das bedrohte Reich der Tiere hat. Sie führen uns vor Augen, dass auch wir nur ein Teil der Natur sind (…).“ Dirk Steffens, Fernsehmoderator, Seite 6.

Rund 500 Affenarten gibt es auf der Welt: vom 50 Gramm leichten Zwerg-Mausmaki bis zum 200-Kilo-Gorilla – und jede zweite Affenart ist bereits vom Aussterben bedroht. Verantwortlich dafür ist der Mensch, der ihnen Stück für Stück den Lebensraum nimmt. Die tropischen Regenwälder allein verlieren durch Menschenhand pro Minute eine Fläche, die der Größe von 35 Fußballfeldern entspricht.

Der Schweizer Fotograf Thomas Marent hat für diesen Bildband 100 Primatenarten in freier Wildbahn aufgenommen, und es ihm wirklich atemberaubende Fotos gelungen! Ergänzt werden die Bilder durch Kommentare des Zoologen Fritz Jantschke, der es schafft, selbst in kleinsten Bildunterschriften faszinierende Informationen über die abgebildete Affenart unterzubringen.

„Mehr denn je müssen wir möglichste viele Menschen motivieren, die sich für den Tierschutz einsetzen“, schreibt Affenforscherin Jane Goodall in ihrem Vorwort (Seite 18). Vielleicht bewegt ja dieser Besuch bei unserer haarigen Mischpoche ein paar mehr Menschen dazu, sich für einen naturschonenden Lebensstil zu entscheiden und vorzugsweise Produkte zu kaufen. „die unter ethischen Gesichtspunkten hergestellt wurden, ohne massive Entwaldung, Umweltverschmutzung oder Armut hervorzurufen.“ (Seite 18)

Bei den Halbaffen geht unser Verwandtenbesuch los. Dort begegnen uns so exotische Wesen wie die Goldkronensifakas, die langschwänzigen Kattas, die entspannten Varis und die singenden Indris. Wir begegnen nachtaktiven Fingertieren, die wie Geschöpfe aus einem Gruselfilm aussehen, großäugigen Koboldmakis und pummeligen Plumploris.

Weiter geht es zu den Neuweltaffen, die sich vor 55 Millionen Jahren von den anderen Primaten getrennt haben und einen eigenen Weg in der Evolution gegangen sind – auf dem amerikanischen Kontinent. Ob ein Affe in Amerika zu Hause ist oder in der alten Welt (Afrika, Asien, Europa), sieht man ihm übrigens an der Nase an. Die amerikanischen Affen haben eine so breite Nasenscheidewand, dass die Nasenlöcher nicht nach vorne zeigen sondern zur Seite. Und ja: Wir Menschen sind Altweltaffen. (Auch die Amerikaner. 😉 )

Wir treffen auf grantige Brüllaffen, auf Krallenäffchen, bei denen die Männchen die Kinder beaufsichtigen und sie nur zum Säugen an die Mütter geben, brasilianische Kaiserschnurrbart-Tamarine, die ein bisschen wie Wilhelm II. aussehen, feuerrot bemähnte Löwenäffchen, rotgesichtige Uakari und den extravagant gestylten Guayana-Rotrückensaki. Schwer zu glauben, dass dieser von Natur aus so aussieht … Pippi Langstrumpfs Film-Affe, Herr Nilsson, ist ebenfalls ein Südamerikaner: ein Totenkopfäffchen, wie es in Westbrasilien, Peru und Bolivien vorkommt.

Nicht weniger vielfältig sind die Altweltaffen Afrikas, Asiens und Europas: Makaken und Meerkatzen gibt es in mannigfaltigen Erscheinungsformen, außerdem farbenprächtige Mandrills und imposant bemähnte Dscheladas, Japan-Makaken, die sich an Eis und Schnee gewöhnt haben und indische Hutaffen, die anscheinend den selben Friseur haben wie Jürgen Trittin. Es gibt Guerezas mit dekorativem weißen Pelzbehang, Nasenaffen mit beeindruckenden Riechorganen, bunte Kleideraffen, die wie Fotomodelle zu posieren scheinen und goldfarbene, blaugesichtige Goldstumpfnasenaffen, die aussehen wie Kreaturen aus einem Fantasyfilm. Man ertappt sich dabei, zu überlegen, was die Tiere gerade empfinden oder denken. Sie sind uns nun einmal ähnlich genug, dass man ihre Mimik zu interpretieren versucht.

Und dann kommen unsere allernächsten Verwandten, die Menschenaffen: Gibbons, Orang Utans, Gorillas, Schimpansen und Bonobos. Wenn man die Bilder anschaut, vor allem die, auf denen sich die Tiere mit ihrem Nachwuchs beschäftigen, wird einem klar, dass der Mensch auch ein Aff’ ist. Oder dass Affen Leute sind. Da hat Dirk Steffens schon recht, wenn er schreibt: „Es ist ein Buch von Affen für Affen über Affen und trägt hoffentlich dazu bei, die Wertschätzung für den wilden Teil unserer Familie zu erhöhen.“ (Seite 7)

Vom Autor Fritz Jantschke erfahren wir nicht nur Wissenswertes über die einzelnen Arten, sondern auf spannenden Sonderseiten auch allerhand Interessantes über die Verbreitung der Affen, über Tag- und Nachtaktivität, die wissenschaftliche Namensgebung, die Ernährung der Affen, ihre Kommunikation, Fortpflanzung, ihr Sozialleben und vieles andere mehr. Und wenn Fotograf Thomas Marent von den widrigen Bedingungen erzählt, unter denen manche Bilder entstanden sind, sieht man sie noch einmal mit ganz anderen Augen.

Im Anhang sind alle Primatenfamilien nochmal kurz beschrieben und die bekannten Arten aufgelistet. Man kann also nachgucken, wer von den Kerlen in dem Buch zu den Feucht- oder Trockennasenaffen zählt und wer ein Halb- Altwelt-, Neuwelt- oder Menschenaffe ist. Der Homo sapiens ist in dieser Aufstellung natürlich auch enthalten, leider ohne Kurzbeschreibung. Diesen Spaß hätte ich mir gemacht. Aber das wäre vermutlich unwissenschaftlich gewesen …

„Peinlich sollte uns diese Verwandtschaft wirklich nicht sein“, meint Fritz Jantschke. „Affen sind faszinierende, wunderbare, liebenswerte Wesen. (…) Wir sollten alles tun, um ihr Überleben zu gewährleisten.“ (Seite 21)

Möge uns das gelingen.

Der Fotograf
Der Schweizer Fotograf Thomas Marent, geboren 1966 in Baden, ist seit über 30 Jahren auf den Spuren der faszinierendsten Tiere auf der ganzen Welt unterwegs. Seit er 1990 erstmals den tropischen Regenwald in Australien besuchte, gilt sein besonderes Interesse diesem artenreichen Lebensraum. Neben seiner Tätigkeit als Naturfotograf arbeitet Thomas Marent in den Sommermonaten in der Schweiz auch als Biologe an der systemischen Erfassung von Schmetterlingen, Amphibien und Vögeln. Seit 2013 leitet er Naturfotoreisen in unterschiedliche Regenwaldgebiete.

Der Autor
Fritz Jantschke, studierter Zoologe und Autor, promovierte über das Verhalten von Orang-Utans in Zoologischen Gärten. Nach mehrjähriger Forschungsarbeit im Frankfurter Zoo schrieb er knapp zwei Jahrzehnte für die Zeitschrift »Das Tier«, produzierte Tierfilme und war Leiter des Opel-Zoos in Kronberg. Seit über 40 Jahren führt Fritz Jantschke zudem Touristengruppen in die schönsten Tierreservate der Welt. Heute arbeitet Fritz Jantschke als freier Autor, vor allem für das Fernsehen.

Rezensent: Edith Nebel

EdithNebel@aol.com
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