Rosemarie Bus: Gefährliches Gelände – Kriminalroman

Rosemarie Bus: Gefährliches Gelände, Kriminalroman, München 2014, dtv Deutscher Taschenbuch Verlag, ISBN 978-3-423-21531-2, Softcover, 396 Seiten, Format: 19,2 x 12,1 x 2,8 cm, Buch: EUR 9,95 (D), EUR 10,30 (A), Kindle Edition: EUR 7,99.

Abbildung: © dtv Deutscher Taschenbuch Verlag
Abbildung: © dtv Deutscher Taschenbuch Verlag

In einem Felsbecken an den Josephsthaler Wasserfällen nahe des Schliersees wird ein durchtrainierter Mann ertrunken aufgefunden. Kriminalhauptkommissarin Josefa (Joe) Lautenschlager, glaubt nicht an einen Unfall. Und in der Tat … es scheint jemand nachgeholfen zu haben.

Jetzt wäre es gut, wenn die Polizei wüsste, wer der Tote überhaupt ist. Die freischaffende Journalistin Stella Felix, 35, die derzeit zur Aufbesserung ihrer Finanzen in Schliersee den greisen Unternehmer Franz Hochstetten pflegt, weiß es. Der Tote war der Geliebte ihrer Chefin Brigitte Hochstetten, der derzeitigen Konzernleiterin. Nur erzählen oder gar schreiben darf Stella nichts darüber. Sie hat, wie alle anderen Hausangestellten, einen Vertrag unterschrieben, demzufolge eine exorbitante Konventionalstrafe fällig wird, wenn sie Familieninterna nach außen trägt. In Stellas Fall wären das sage und schreibe EUR 90.000,–.

Aus diesem Grund traut sich Stella mit ihrem Wissen nicht zur Polizei. Hauptkommissarin Joe Lautenschlager und ihre Leute kriegen aber auch ohne ihre Hilfe heraus, dass der Tote ein 38jähriger Elsässer war, der in Zorneding eine Wohnung gemietet hatte. Die wirkt seltsam unbewohnt und enthält nichts, was Rückschlüsse auf die Person des Mieters zuließe … sieht man mal von einem extravaganten goldenen Ohrring ab und 1,8 Millionen Euro, die im Backofen versteckt sind.

Dass hier was faul ist, springt einem geradezu ins Gesicht. Wie heißt der Mann eigentlich? Marc oder Marcel? Obey oder Chaville? Ist er nun Controller, Kunsthistoriker, Immobilienmakler oder Oberkellner? Seine Verbindungen zum Haus Hochstetten jedenfalls bleiben nicht lange geheim. Schließlich hat er ehrenamtlich für eine Stiftung der Familie gearbeitet.

Doch darüber hinaus bleiben mehr Fragen offen als beantwortet werden können. Wo hat er das Geld her? Wer sind die Blondine und der kleine Mann aus der Pfalz, die den Polizisten bei ihren Ermittlungen ständig über den Weg laufen? Auch sie scheinen den Spuren von „Marc“ zu folgen. Oder denen der 1,8 Millionen? Und, was die Kommissarin und die Journalistin unabhängig voneinander ärgert und beschäftigt: Wie kommt der skrupellose Polizeireporter Lutz Müller an all die Insider-Informationen, die er gnadenlos in der Lokalpresse verbrät? Irgendwo muss es eine undichte Stelle geben, entweder bei Hochstettens oder im Umfeld der Polizei.

Kommissarin Joe ermittelt, Journalist Lutz Müller wühlt im Dreck und Stella Felix gewinnt nach und das Vertrauen der einsamen Firmenchefin Brigitte Hochstetten und bekommt so manches erzählt. Wenn die drei sich mal zusammensetzen und ihre Informationen austauschen würde, wäre der Fall unter Umständen ruckzuck gelöst. Doch Polizistin Joe traut ihrem Nachbarn Lutz Müller nicht über den Weg, Stella kann ihn nicht leiden, und bis Joe und Stella einander kennenlernen, dauert es über 200 Seiten. Dass der Innenminister verlangt, die einflussreichen Hochstettens aus den Ermittlungen herauszuhalten, auch wenn sie knietief in der Sache drinstecken, beschleunigt die Aufklärung des Falls auch nicht.

Während die Ermittlungen sich also hinziehen, bekommen wir LeserInnen interessante Einblicke in das Leben der Familie Hochstetten, in die Arbeit der Polizei und in die Sorgen und Nöte des Journalistenberufs.

Eindrucksvoll ist das Porträt der Firmenerbin Brigitte, die von klein auf alles gibt, um die Erwartungen ihres strengen Vaters zu erfüllen und von ihm als farblose Streberin verachtet wird. Da mag sie persönliche Kontakte bis hinauf zur Bundesregierung haben, sie bleibt ein armes reiches Mädchen, gefangen im goldenen Käfig ihrer Prominenz, ihres Vermögens und ihrer Verpflichtungen. Selbst so alltägliche Vergnügungen wie eine Bergwanderung oder Bad im See enden mit ihrer Flucht vor Reportern. Brigittes Bruder Alexander hat sich dem Druck des alten Herrn schon lange entzogen und führt sein eigenes Leben.

Auch das Leben der freischaffenden Journalistin Stella, die sich von einem prekären Job zum nächsten hangelt und entsprechende Zukunftsängste hat, verfolgt man mit Interesse. Sie ist in allem das Gegenteil der etablierten „Streberin“ Brigitte Hochstetten, die trotz des vielen Geldes ihr fremdbestimmtes Leben nicht genießen kann. Irgendwo in der Mitte zwischen diesen beiden Extremen ist Hauptkommissarin Joe Lautenschlager angesiedelt. Vollzeit berufstätig, Mutter zweier Kinder, derzeit wieder schwanger und Alleinverdienerin, seit ihr Mann Dominik seinen Job verloren hat. Er versorgt die Kinder und sie hat ständig ein schlechtes Gewissen, weil sie beruflich so eingespannt ist. Als Krönung darf sie sich noch von allen möglichen Seiten frauenfeindliches Geschwätz anhören.

Den Kriminalfall, der die drei Frauenschicksale miteinander verbindet habe ich, ehrlich gesagt, nicht restlos verstanden. Es geht dabei um S*x und Verrat, Erpressung, ein echtes und ein falsches Renaissance-Gemälde, möglicherweise auch um zwei falsche. Wer soll die gemalt haben? Doch nicht der Typ mit den kitschigen Sonnenuntergangsbildern? Selbst wenn er das Talent hätte, hat er doch im Leben nicht das notwendige Wissen! Vielleicht kann mir das mal jemand bei Gelegenheit erklären. Und auch die Sache mit den goldenen Ammoniten-Ohrringen, die sich durch die gesamte Geschichte zieht, wahnsinnig bedeutsam wirkt und dann so verläppert.

Ein manipuliertes Foto, blonde Haare, ein verärgerter Promi-Friseur, ein beleidigter Koch, eine tote Kellnerin sowie ein osteuropäischer Mafioso spielen ebenfalls eine Rolle. Vieles davon hat aber nur am Rande mit dem Mord an Marc zu tun.

Die wilde Krimihandlung will nicht so recht zu den intelligenten Frauenporträts passen. Die Personen, ihre Beziehungen und Schicksale sind sehr lebendig, einfühlsam und nachvollziehbar geschildert, wenn ich mir auch manchmal ein bisschen mehr „Diskretionsabstand“ zu den Figuren gewünscht hätte. Aufs Klo, zum Doktor und ins Bett muss ich nicht unbedingt mit. 😉 Andere LeserInnen empfinden vielleicht gerade das als prickelnd, frech und pikant.

Ich habe mich ehrlich bemüht, den Kriminalteil der Geschichte zu verstehen, habe mehrfach zu den entscheidenden Textstellen zurückgeblättert und geschaut, ob ich nicht vielleicht was überlesen habe, doch meine Verwirrung blieb. Leider. Dass ich vor einer Krimihandlung kapituliert habe, das ist mir zuletzt vor 15 Jahren passiert.

Um dieses wertvolle Gemälde geht es hier unter anderem: Petrus Christus – Bildnis einer jungen Dame

Gemälde: Petrus Christus / gemeinfrei
Gemälde: Petrus Christus / gemeinfrei

Dieses Werk ist gemeinfrei, weil seine urheberrechtliche Schutzfrist abgelaufen ist. Dies gilt für die Europäische Union und alle weiteren Staaten mit einer gesetzlichen Schutzfrist von 100 oder weniger Jahren nach dem Tod des Urhebers. Dieses Werk wurde als frei von bekannten urheberrechtlichen Einschränkungen identifiziert, einschließlich aller verwandten Schutzrechte.

Die Autorin:
Rosemarie Bus wurde in der Pfalz geboren. Sie studierte Germanistik, Kunstgeschichte und Geschichte in Freiburg und München, besuchte dann die dortige Deutsche Journalistenschule. Sie arbeitete als Filmjournalistin, Kulturredakteurin, Reporterin, Auslandskorrespondentin in New York, Ressortleiterin und stellvertretende Chefredakteurin bei verschiedenen Frauenzeitschriften. Heute lebt sie als freie Schriftstellerin mit ihrer Familie am Schliersee in Oberbayern.

Rezensent: Edith Nebel
EdithNebel@aol.com

http://www.boxmail.de

Kommentar hinterlassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert