Jahrhundertprojekt Dachdämmung

Diesmal tobt der Wahnsinn in dem Mehrfamilienhaus, in dem ich wohne. Von der Wärmedämmung des Dachbodens redete unsere Hausverwaltung seit gefühlten zehn Jahren. Ich glaub‘, insgesamt fünf Sachbearbeiter hat das Thema verschlissen. Und wir haben das Thema Jahr für Jahr über den Kalender geschubst, weil uns das immer zu teuer und zu lästig war. Jetzt half wohl doch kein Zicken und kein Wehren mehr: Es ist so ein EU-Ding, vor dem es kein Entrinnen gibt.

Mir grauste es vor dem Projekt, seit ich zum ersten Mal davon hörte. Dachboden ausräumen! Den ganzen Schmonzes, den ich seit 25 Jahren da oben einlagere, 60 Stufen runtertragen und irgendwo zwischenlagern! Nur wo? In der winzigen Wohnung? Ich hab da oben meine Winterklamotten, mein Archiv, meine Schuhe, Dekogedöns und haste-nicht-gesehen.

„Soll ich Ihnen ausmisten helfen?“ hat mich vor Jahren mal eine Verwalterin in süffisantem Ton gefragt. Saudummes Geschwätz! Ich hebe da oben ja keinen Mist auf, sondern Zeug, das in der Wohnung keinen Platz hat. Dazu hat man solche Nebenräume, soweit ich weiß. Und ich leide nicht an Entscheidungsschwäche sondern an Zeitmangel.

Naja, nu. Die Sache wurde bei der letzten Eigentümerversammlung beschlossen und verkündet. Und dann habe ich ein Dreiviertel Jahr lang geräumt und geschleppt. Einen Kellerraum hatte ich von dem technischen Gedöns befreit, das mein verstorbener Gatte dort gesammelt hatte. Da habe ich schon mal einiges untergebracht. Anderes konnte ich bei meinem Vater einlagern. Zweimal hab ein einen freundlichen Verwandten bekniet, mir ein paar Kartons in mein Elternhaus zu fahren, danach habe ich Woche für Woche eine riesige karierte Plastiktasche aus dem 1-Euro-Shop mit Material beladen und per Bus in den Nachbarort zu meinem Vater gekarrt, den ganzen Sommer lang.

Als nur noch die Schränke übrig waren, die ich bei uns im Haus auf dem Trockenboden zwischenlagern durfte, haben mir Schwager und Schwägerin beim Abbau und Transport geholfen. Gottseidank! Alleine hätte ich das im Leben nicht gekonnt.

Am Montag nun kamen die Zimmerleute und legten los. Ruckzuck war die Gebäudeseite mit den „Einzelkabinen“ fertig gedämmt. Und dann musste Knall auf Fall wieder alles vom Trockenboden in die Kabinen geräumt werden, damit die Arbeiten auf besagtem Trockenboden fortgesetzt werden konnten. Jetzt, gleich sofort. Und ich so: „Sch…e!“ Ich meine, die Familie hat ja auch was anderes zu tun als Gewehr bei Fuß zu stehen, falls ich Hilfe brauche.

Schwager und Schwägerin haben es zum Glück möglich machen können, spontan zum Möbelschleppen vorbeizukommen, und so haben wir gestern Abend wieder Schränke transferiert. Das Dumme an der Geschichte ist, dass der Boden durch die Dämmung jetzt 13 cm höher ist als zuvor. „Ums A***lecken“, wie der Schwabe sagt, passten die Möbel wieder in das Kabuff rein. Bei Omas Küchenschränkchen war es echt die Frage von einem Millimeter. Wir Mädels so: „Das passt da nie rein“. Der Schwager berief sich auf sein Augenmaß und meinte: „Das langt!“. Recht hatte er.

Dach-kl 002       Dach-kl 004

Dach-kl 007

Und jetzt werde ich vermutlich wieder ein Dreiviertel Jahr brauchen, um alles, was noch übrig ist, aus den verschiedenen Zwischenlagerstätten zusammenzusammeln und wieder an Ort und Stelle zu räumen. Manches habe ich in der Tat weggeschmissen, aber, wie gesagt, viel Mist war eigentlich nicht droben.

Schick ist es geworden. Vorher bildete nackter Beton den Bodenbelag, jetzt ist das sowas wie eine grobe Pressspanplatte. Ich hab keine Ahnung, wie das Material heißt. Sieht aber ganz wohnlich aus.

Meine Nachbarin und ich hatten uns im Vorfeld gefragt, wie sie wohl das Problem mit der Eingangstür zum Dachboden lösen würden. Auch unten 13 cm absägen? Nein, das nicht. Sie haben einen Halbkreis aus dem Dämmmaterial geschnitten. Das hätte jetzt gerne ein bisschen exakter sein dürfen, aber vielleicht kommt da ja noch was.

Dach-kl 006

Eine Schweinearbeit war das. Und mir, die ich mehrere Stockwerke darunter wohne, bringt die Wärmedämmung natürlich nix. Ich musste den Zirkus nur mitmachen, weil die EU und die Hausverwaltung das so vorgesehen haben. Und jetzt hab ich für eine Weile von solchen Langzeit-Aktionen die Nase voll.

2 Kommentare

Schreibe einen Kommentar zu Edith Nebel Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert