Elke Seidel: Die Katze, die auf die grüne Insel fährt. Roman

Elke Seidel: Die Katze, die auf die grüne Insel fährt. Roman (Fritzi Kullerkopf, Band 11), Norderstedt 2024, BoD – Books on Demand, 978-3-7583-6600-0, Softcover, 316 Seiten mit zahlreichen farbigen Illustrationen von Elke Seidel, Format: 18,9 x 1,7 x 24,61 cm, Buch: EUR 20,99, Kindle: EUR 9,49.

Abb.: BoD / E. Seidel

Na, endlich kann man wieder reisen! Die lästige Corona-Pandemie ist unter Kontrolle, und Elke – Katze Fritzis Mensch – ist wieder so fit, dass konkrete Urlaubspläne im Raum stehen. Der eine oder andere Plan zerschlägt sich, weil’s auf unserer Welt nun mal unberechenbar zugeht, aber dann klappt’s doch noch: Elke und Fritzi fliegen über Ostern nach Irland.

Da ist schon die Anreise ein Abenteuer. Klar: Wenn man mit Katze ins Ausland reist, hat man jede Menge Papierkram an der Backe. Was noch dazukommt: Elke hat viele Jahre in der Reisebranche und am Flughafen gearbeitet und dort Mitarbeiter:innen geschult. Sie weiß also genau, wie alles laufen müsste und bemerkt jede noch so kleine Abweichung. Da muss sie ihren „inneren Drill-Sergeant“ schon heftig an die Kandare nehmen, um nicht gleich korrigierend einzuschreiten, wenn sie mal privat unterwegs ist. Ja, so hat der Mensch eben seine „Berufskrankheiten“. 😀

Fritzi schüttelt wieder mal ihren Katzenkopf über die Zweibeiner, der Leser grinst und lernt ein bisschen was für seine eigenen Reisen dazu. Und wenn Elke sich an außergewöhnliche Flug-Erlebnisse erinnert, kann man nur noch staunen über das höchst befremdliche Verhalten mancher Mitmenschen. Solche Zeitgenossen sind dieses Mal zum Glück nicht mit von der Partie. Mit Reisegruppen haben Elke und Fritzi ja schon recht unterschiedliche Erfahrungen gemacht.

Das Wetter in Irland ist nicht so super, eher nass und kalt, und das Essen ist … na ja. Aber das kommt für die zwei routinierten Reisenden nicht überraschend. So ist das hier eben, und wer jetzt nichts erlebt, hat später nichts zu erzählen.

Susan, die kompetente Reiseleiterin, ist eine gebürtige Deutsche. Also gibt es keinerlei Verständigungsschwierigkeiten, selbst wenn man mit dem irischen Idiom nicht so gut klarkommt. Busfahrer Donnell steuert die Gruppe sicher durch den Linksverkehr, auch bei Eis und Schnee.

Elke ist sehr interessiert an Land und Leuten, Natur, Geschichte und Sehenswürdigkeiten, aber es ist Katze Fritzi, die uns von der Reise erzählt, und so bekommen wir Susans erhellende Ausführungen nur gefiltert mit. Wenn’s der pfiffigen Katze zu langweilig wird, döst sie unter den Informationen weg und verlässt sich darauf, dass Elke sie schon wecken wird, wenn’s was für sie Interessantes zu sehen gibt. So klug Fritzi auch ist, sie ist eben doch in erster Linie an Katzendingen interessiert: am Kontakt zu Artgenossen und an der Jagd nach „Kleinwild“ (= Mäuse und Vögel).

Durch Elke bekommen wir trotzdem ein bisschen Landeskunde mit: Landschaft, Geschichte, Politik, Soziales – und dass es hier überall tolle Blumen gibt. Und ständig sind Festivals! Man feiert hier offenbar gern. Fritzi ist das meiste davon vollkommen „latte“. Auch all die berühmten Filme und Serien, die in Irland gedreht wurden, hat sie vermutlich selig vor dem Fernseher verpennt. Dass es aber zwischen Nordirland und der Republik Irland deutliche Unterschiede gibt und warum das so ist, das bleibt bei ihr hängen. Unfassbar, was sich die Zweibeiner alles einfallen lassen, um das Leben kompliziert und schwierig zu gestalten!

Einer Erkenntnis aus dem Buch werde ich nachgehen: Haben Wendeltreppen tatsächlich, wie Schneckenhäuser, eine bevorzugte Richtung, in der sie sich winden? Darüber habe ich noch nie nachgedacht.

Mit dem allgegenwärtigen Aberglauben der Iren können Fritzi und die ebenso rationale Elke nicht viel anfangen. Mit dem Whiskey („riecht wie angebrannte Seife“) und den kratzigen Aran-Wollpullovern auch nicht. Dafür haben sie auf ihrer Reise jede Menge gesehen, erlebt und erfahren, interessante Menschen und Tiere getroffen, und sie lassen ein paar unerledigte Posten zurück: Attraktionen, für deren Besichtigung keine Zeit oder Gelegenheit war sowie Aktivitäten, die wetterbedingt ausgefallen sind. Da werden sie wohl zu einer anderen Jahreszeit wiederkommen (müssen)!

Eine zweite Reise steht in diesem Jahr nicht mehr auf dem Programm. Aber die beiden erinnern sich anlässlich einer Fernseh-Dokumentation über Key West an die USA-Reise, die sie vor Ausbruch der Pandemie unternommen haben. Damals haben sie auch ein Wochenende in Key West verbracht und sind dort allerlei skurrilen Zwei- und Vierbeinern begegnet. Fritzi hat dort natürlich eine Verabredung mit den Nachfahr:innen der legendären Hemingway-Katzen gehabt. Bis auf die Tatsache, dass diese mehr als die üblichen 18 Zehen haben (Polydaktylie, eine Genmutation), sind das ganz normale Katzen. Es gibt freundliche wie den Kater Bobby Handsome und … andere. Also alles wie überall.

Touristennepp gibt’s hier ebenfalls, genau wie überall. Oder wie sonst soll man es nennen, wenn die lokale Spezialität, eine Limettentorte, zwar eine Stange Geld kostet, aber „furchtbar grauslich nach Toilettenreiniger, Kommodenlack und Abbeize“ (Seite 231) schmeckt? Dabei klang das Originalrezept so lecker!

Vieles ist auf Reisen anders als daheim, stellt Fritzi ein ums andere Mal fest. Aber die Leut‘ sind überall Leut‘.

Fritzis Bücher haben immer ein wenig Tagebuch-Charakter. So erzählt sie uns in diesem Band nicht nur von ihren Reisen, sondern alles Mögliche, was ihrem Menschen oder ihren Freunden widerfahren ist. Sie berichtet von Besuchen und Ausflügen, von Elkes Kampf mit dem Orientierungssinn (kenne ich!) sowie mit unzureichendem Service und störrischer Bürokratie. Wenn man nicht selbst die Person ist, die in diesem Schlamassel steckt, ist das sehr vergnüglich zu lesen.

Deprimierend fand ich die Erfahrungen, die Elke und Fritzi machen, als sie in Seniorenheimen aus ihren Büchern vorlesen möchten. Sie meinen es gut und wollen den Bewohner:innen ein bisschen Zerstreuung bieten, aber was sie da erleben, ist einfach nur schrecklich. Ich hätte schon viel früher das Handtuch geworfen als die beiden.

Ob Fritzi von ihren Reisen erzählt oder aus ihrem Alltag, ob sie das Fernsehprogramm kommentiert oder sich über die Lage der Welt Gedanken macht: Ich höre ihr gerne zu. Ich mag einfach ihre spitze Katzenzunge und ihren scharfen Verstand. Und ich denke, uns Menschen schätzt sie richtig ein:

„Zweifüßer sind komische Wesen, das weiß ich schon lange. Dabei mag ich viele von ihnen gern leiden, auch wenn sie sich kontinuierlich damit beschäftigen, sich selbst abzuschaffen oder sich gegenseitig das Leben schwer zu machen.“ 

(Seite 292)

Weil Fritzi gerne zusammen mit ihrem Menschen fernsieht, beschäftigt sie sich auch mit Themen wie Gesundheit, Klimawandel und neuerdings sogar mit KI. Dabei fragt sie sich, ob ihr nächster Band wohl schon KI-basiert entstehen wird, in Wort und Bild. – Och, solange „KI“ in diesem Fall für „Katzen-Intelligenz“ steht, kann sie das gerne machen! Nicht, dass ich ein Fortschrittsverweigerer wäre! Mir ist in diesem Fall nur das Original lieber als eine computergenerierte Simulation. Und ich stimme voll mit Fritzi überein, wenn sie feststellt:

„Nicht die KI (künstliche Intelligenz) ist unser Problem, sondern die weit verbreitete menschliche Dummheit.“ 

(Seite 293)

Noch ein Wort zu den Illustrationen: Für ein Katzenbuch und für einen Katzenfan wie mich ist es vielleicht ungewöhnlich, aber besonders hinreißend finde ich die Hunde-Porträts!

Elke Seidel absolvierte nach der Schule eine Lehre als Drogistin und erlangte einen Fachschulabschluss. Danach arbeitete sie mehrere Jahre in einem Reisebüro, in dem sie auch als Reiseleiterin amerikanische Touristen durch europäische Hauptstädte und durch den Nahen Osten führte. Anschließend arbeitete sie über 30 Jahre am Frankfurter Flughafen im Passagierservice und als Lehrgangsleiterin in einem Schulungszentrum. Elke Seidel wohnt in Frankfurt. Ihre beiden Katzen Fritzi Kullerkopf und deren Freund Rüdiger adoptierte sie in einem Tierheim.

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Rezensentin: Edith Nebel
E-Mail: EdithNebel@aol.com 
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