James Norbury: Die Katze, die nach Weisheit sucht, OT: The Cat Who Taught Zen, aus dem Englischen von Sibylle Schmidt, München 2024, Wunderraum Verlag, ISBN 978-3-442-31763-9, Hardcover, 176 Seiten mit zahlreichen Illustrationen von James Norbury in Farbe und s/w, Format: 17,6 x 1,9 x 21,6 cm, Buch: EUR 20,00 (D), EUR 20,60 (A).
„Ich habe gelernt, dass wir das, was wir uns wünschen, häufig gar nicht brauchen. Und was wir brauchen, ist so gut wie nie das, was wir uns wünschen.“
(Seite 160)
Die Katze will die Welt begreifen
Nein, das ist kein neues Reisetagebuch von Katze Fritzi, auch wenn der Titel ebenfalls mit „Die Katze, die …“ anfängt. Hier reist eine Katze durch die Lande auf der Suche nach einer Methode, die Welt zu begreifen. Dazu hat ihre Freundin, die kluge Ratte, eine Idee: Wer im Geäst der alten Kiefer sitzt, die einsam inmitten eines Ahornwaldes steht, der soll unermesslichen inneren Frieden und Erkenntnis finden.
Na, das ist doch genau das, was die Katze sucht! Trotz ungastlichen Herbstwetters macht sie sich unverzüglich auf den Weg. Als sie sich in einer Höhle ausruht, trifft sie dort auf einen Hasen, der ganz genau wissen will, warum sie wohin unterwegs ist. Die Katze erzählt ihm bereitwillig ihre Geschichte: Dass ihr im Kätzchenalter mal ein Drache eine Gemeinheit großzügig verziehen hat, hat sie stark beeindruckt. Seitdem versucht sie, dessen gutes Werk fortzusetzen. Was gar nicht so einfach ist. Stets dazuzulernen, Zeit in der Stille zu verbringen und die Natur wertzuschätzen, das ist jetzt nicht so schwer. Achtsam zu sein und stets den inneren Frieden anzustreben, erweist sich schon als schwieriger. Dankbar und freundlich zu sein – und dies selbst in schwierigen Fällen –, das ist allerdings ’ne harte Nuss.
Hase, Rabe, Wolf … Zufallsbegegnungen
Der Hase staunt, die Katze zieht weiter und trifft auf einen Raben, der sich furchtbar aufregt, weil er bestohlen worden ist. Die Katze erzählt ihm eine Art „Hans-im-Glück“-Geschichte, die den Raben ins Grübeln bringt. Na, vielleicht hat die Katze ja recht und es erweist sich im Nachhinein als etwas Gutes, dass sein „Glitzerdings“ nun nicht mehr da ist.
Als nächstes begegnet sie einem kleinen Wolf, der alles andere lieber sein möchte, als das, was er ist. Ein großer Wolf vielleicht? Oder eine Welle? Womöglich ein Adler? Die Katze hört ihm aufmerksam zu … – Der Affe, dem sie danach über den Weg läuft, denkt so schnell und quasselt so viel, dass er gar nicht zur Ruhe kommt. Die Katze zeigt ihm einen Trick.
Auch eine lebensmüde Schildkröte kreuzt ihren Weg sowie ein gefährlicher Tiger, der es satthat, dass alle vor ihm Angst haben. Aber er stellt es sich unheimlich aufwändig und schwierig vor, daran etwas zu ändern. Die Katze sieht das anders. Er soll einfach anfangen.
Endlich am Ziel!
Eine Weile sind Katze und Tiger nun gemeinsam unterwegs. Erst kurz vorm Pfad zum „Großen Baum“ trennen sich ihre Wege. Die Katze kann’s kaum erwarten: Gleich wird sie am Ziel sein! Aber erst muss sie das unbekümmert daherschwätzende Katzenkind loswerden, das sich ihr an die Fersen geheftet hat. Für das Katzenkindergebabbel hat sie jetzt weder Zeit noch Interesse. Sie muss schnellstmöglich auf diesen Baum rauf. Dort warten der unermessliche innere Frieden und die Erkenntnis auf sie.
Alles für die Katz‘?
Also – zack-zack – hoch ins Geäst! Und da oben passiert … alles andere als das, was die Katze erwartet hat. Heißt das, dass diese ganze anstrengende Reise bei Wind und Wetter völlig umsonst war? Oder war hier tatsächlich der Weg das Ziel und die Katze muss nur noch begreifen, was die Begegnungen auf dem Weg sie gelehrt haben?
Die Katze, die Zen lehrt
Im Nachwort schreibt der Autor:
„In diesem Buch habe ich versucht, Zen durch die Darstellung von Grundgedanken und Geschichten für den täglichen Gebrauch zugänglicher zu machen. Dafür erzähle ich einige traditionelle Zen-Geschichten, die seit Jahrhunderten Elemente von Zen verdeutlichen. […]. Es sind auch einige darunter, die ich selbst entwickelt habe und ich hoffe, es ist mir gelungen, den Geist von Zen zu erfassen.“
(Seite 170)
Das kann ich leider nicht beurteilen, ich habe von Zen keine Ahnung. Ich hab‘ das Buch als eine Art Heldenreise gelesen. Die Katze teilt unterwegs ihr Wissen und ihre Erkenntnisse mit ihren Zufallsbegegnungen. Das ist ein Gewinn für alle Beteiligten: für Hase, Rabe, Schildkröte, Tiger …, für die Katze selbst und auch für die Leserinnen und Leser. Selbst wenn man gänzlich unspirituell veranlagt ist, kann man den Erfahrungen und Ausführungen der Katze etwas abgewinnen. Es ist ein Buch über das Leben und darüber, was wir wirklich brauchen.
Variationsreiche Illustrationen
Die Illustrationen, die allesamt vom Autor stammen, sind stilistisch recht unterschiedlich. Manche Darstellungen wirken realistisch, andere eher wie Cartoons (wie z.B. bei der Geschichte vom kleinen Wolf), etliche sind mit der ostasiatischen Sumi-e-Technik entstanden, einer spontanen und intuitiven Malweise, bei der man mit schwarzer Tinte auf speziellem Papier malt.
„Durch das Zusammenspiel der Materialien ergeben sich zufällige und wunderbare Muster und Effekte.“
(Seite 171)
Ich ziehe innerhalb eines Buchs einen einheitlichen Illustrationsstil einem Sammelsurium vor, aber das ist Geschmackssache. Wenn der Autor den verschiedenen Stimmungen mit verschiedenen Zeichenstilen und -techniken am besten gerecht zu werden meint, ist das vollkommen in Ordnung.
Man sieht: Ich gehöre nicht so ganz zur Zielgruppe. Ich bin Tierfreundin, Katzenhalterin und pointierten Sprüchen und Lebensweisheiten nicht abgeneigt. Von daher weiß ich das Buch zu schätzen und habe es gerne und mit Interesse gelesen. Zum Zen-Aspekt kann ich mangels Vorbildung leider nichts Erhellendes beitragen.
Der Autor und Illustrator
James Norbury ist Künstler, Illustrator und Schriftsteller, dessen ganze Liebe der Natur und den Tieren gilt. Er wurde in Westengland im »Forest of Dean« geboren und verbrachte sein bisheriges Leben mit Schreiben und Zeichnen. Heute lebt er mit seiner Frau und sieben Katzen in Swansea in Wales.
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Rezensentin: Edith Nebel
E-Mail: EdithNebel@aol.com
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