Anna Bühler, Christian Alt: Darwin gefällt das. Wie Einsteins Gehirn in einer Lunchbox landete und andere abstruse Einfälle der Menschheit, München 2024, Wilhelm Goldmann Verlag GmbH, ISBN 978-3-442-14310-8, Softcover, 205 Seiten mit s/w-Illustrationen von Paul Grabowski, Format: 13,7 x 1,9 x 21,5 cm, Buch: EUR 18,00 (D), EUR 18,50 (A), Kindle: EUR 14,99.

„Natürlich entpuppt sich diese Operation als ganz großer Pfusch, aber das hat uns Menschen ja noch nie davon abgehalten, etwas offensichtlich Dämliches zu tun.“
(Seite 147)
Die beiden Podcaster, die dieses Buch geschrieben haben, waren mir völlig unbekannt, was sicher daran liegt, dass ich keine Podcasts höre. Das Thema hat mich interessiert. Das Buch versprach einen unterhaltsamen Streifzug durch die bekloppten Einfälle der Menschheit – und genau das bietet es.
Kuriose Ideen mit gefährlichen Konsequenzen
Dass Menschen mitunter abstruse Ideen entwickeln, wissen wir alle. Solange diese sicher im Gehirnkästchen verwahrt bleiben und keine weiteren Konsequenzen haben, ist dagegen auch nichts einzuwenden. Wird die Idee ausgesprochen, geht der Ärger meist schon los. Und wehe, man findet gleichgesinnt Bescheuerte, die einem helfen, den Einfall in die Tat umzusetzen! Dann besteht unter Umständen Gefahr für Leib und Leben, und das nicht nur für den Urheber der schrägen Idee!
Von manchen der Geschichten im Buch hat man schon gehört, andere waren (mir) komplett neu, und bei einigen Beiträgen habe ich mich gefragt, ob sich diese Tragödien wirklich für eine so flapsige Berichterstattung eignen.
Mit 42 Heliumballons durch die Lüfte
Das Buch beginnt mit der putzigen Geschichte vom Lastwagenfahrer Larry Walters, der 1982 versucht hat, vom Garten seiner Schwiegermutter aus mit einem Gartenstuhl und 42 Heliumballons durch die Lüfte zu segeln.
„Bei etwa 3.900 Metern kommt ein Funkspruch auf seinem Gerät an. […] ‚Hallo, hallo! Von welchem Flughafen sind Sie gestartet?‘ – Larry antwortet mit der Adresse von Carols Mutter. […] Es dauert ein wenig, bis das Rettungsteam wirklich verstanden hat, was hier vor sich geht.“
(Seite 17)
Das ist eine größenwahnsinnige Hirnfurz-Idee, bei der wenigstens niemand zu Schaden kam. Was man von anderen Einfällen nicht behaupten kann. Da war zum Beispiel der Mann, der aus purer Angeberei die Stabilität des Fensters in seinem Hochhaus-Büro „testen“ wollte. Vom Fensterrahmen war nie die Rede … Und es gibt hier noch mehr solcher Helden, die sich durch hirnrissige Aktionen vorzeitig ins Jenseits befördert haben.
Der Atomreaktor in der Gartenlaube …
Haarsträubend ist die Story vom Schüler, dem es 1980 tatsächlich gelungen ist, im Geräteschuppen seiner Eltern sowas wie einen kleinen Atomreaktor zusammenzubauen und damit die komplette Nachbarschaft zu verstrahlen. Unfassbar, dass er tatsächlich alle notwendigen Bestandteile für dieses DIY-Projekt zusammenbekommen hat!
… und andere verstrahlte Aktionen
Unter die Rubrik „gemeingefährliche Irre“ fallen meines Erachtens Leute wie der Kerl, der allerlei Krankheiten durch den übermäßigen Gebrauch von Abführmitteln kurieren wollte. Wahrlich eine Sch**ß-Idee! – Oder der Gründer des Kokosnuss-Kults! Schon allein die von ihm propagierte einseitige Ernährung hätte alle Alarmglocken schrillen lassen müssen. Aber nein …! – Dann war da noch der Typ, der unbedingt Affen-Mensch-Hybriden züchten wollte und tatsächlich dahingehend „geforscht“ hat. Und was soll man von einem Filmemacher halten, der auf die unsägliche Idee kam, für eine Hollywoodproduktion 150 Raubtiere auf eine Gruppe von Schauspieler:innen loszulassen?
Grenzenlose Naivität, grandiose Selbstüberschätzung
Den Erfinder der „Fledermaus-Bombe“ halte ich für einen skrupellosen Tierquäler. Und Timothy Dexter aus Massachusetts hatte einfach Dummenglück, als er sämtliche Versuche, ihn finanziell zu ruinieren, in satte Gewinne ummünzen konnte. Dabei war er gar kein gewiefter Geschäftsmann, sondern nur ein naiver, ungebildeter Emporkömmling.— Florence Foster Jenkins, die mehr Geld als Gesangstalent hatte und gar nicht merkte, dass die Leute über ihre Auftritte lachten, hat niemandem geschadet. In ihrer grandiosen Selbstüberschätzung hatte sie ihren Spaß und das Publikum ebenso. Und so hätte es bleiben können …
Nicht ganz ins Konzept passen für mich die Beiträge über die erfolgreichen Geschäftsfrauen. Die haben die Gunst der Stunde genutzt und für ihre Zeit ungewöhnliche Karrieren gemacht. Sie mögen exzentrisch gewesen sein und nicht unbedingt sympathisch, aber eine blöde Idee sehe ich da nirgends.
Vom Größenwahn zur Tragödie
Jede Menge blöder Ideen hatten die Wiedertäufer von Münster im 16. Jahrhundert. Doch deren sektiererische Umtriebe haben derart viel Leid und Tod verursacht, dass mir der schnodderige Ton, in dem über diese Ereignisse berichtet wird, ein wenig unangemessen vorkam. Das mag aber eine unmaßgebliche Einzelmeinung sein.
Die Geschichte vom schwedischen Kriegsschiff Vasa, das schon bei seiner Jungfernfahrt unterging, sollte man zur Pflichtlektüre für alle machen, die große Projekte in Auftrag geben, planen oder ausführen müssen.
Und was ist nun mit dem Herrn vom Cover, der Einsteins Gehirn geklaut und 50 Jahre lang zuhause aufbewahrt hat? Auch das ist ein Fall von gewaltiger Selbstüberschätzung.
Zum Staunen und zum Kopfschütteln
Das Buch bietet (meist) harmlose Unterhaltung mit interessanten Wissenshäppchen – und jede Menge Anlass zum Staunen und zum Kopfschütteln über die Kapriolen unserer Artgenossen. Homo SAPIENS? Wirklich?
Die Autoren
Christian Alt, Jahrgang 1988, ist Journalist, Autor und einer der Gründer der Podcast-Produktionsfirma Kugel und Niere. Seit 2014 arbeitet er in erster Linie als Hörfunk- und Podcast-Autor. 2018 erschien sein erstes Buch »Angela Merkel ist Hitlers Tochter. Im Land der Verschwörungstheorien«, das er gemeinsam mit Christian Schiffer schrieb. Sein zweites Buch »Die Wahrheit ist (n)irgendwo da draußen. Was der neue Ufo-Hype über uns Menschen verrät« ist ebenfalls im Goldmann Verlag erschienen.
Anna Bühler wurde 1988 in Düsseldorf geboren, hat in Wien Publizistik studiert und lebt in der Nähe von München. Sie hat viele Jahre als Reporterin, Feature-Autorin und Radiomoderatorin beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk gearbeitet und 2018 gemeinsam mit Christian Alt die Podcast-Produktionsfirma Kugel und Niere gegründet.
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Rezensentin: Edith Nebel
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