Cindy Jäger: Butterbrezeln und Betrüger, Schwabenkrimi, Köln 2025, Emons Verlag, ISBN 978-3-7408-2390-0, 256 Seiten, Format: 13,2 x 2,3 x 20,2 cm, Buch: EUR 14,00 (D), EUR 14,40 (A), Kindle: EUR 10,99.

„Ihr Leben, wie sie es kannte, war vorbei. Sie hatte immer gewusst, dass sie nicht ewig die Männer hereinlegen konnte. […] Die Männer wollten sich natürlich lieber von einer jungen, hübschen Frau was vorgaukeln lassen. Nicht von einer Frau, die auf die vierzig zuging. […]“
(Seite 29)
Katrin Schimmelpfennig, Ende 30, hat seit einer Friseurlehre im Teenageralter keinen regulären Job mehr gehabt. Offiziell ist sie in der Podologie-Praxis ihrer Schwester angestellt, inoffiziell ist sie eine raffinierte Trickbetrügerin, die wohlhabende Männer ausnimmt.
Aufgeflogen! Flucht in die Provinz
Jetzt, nach 20 Jahren, ist Katrin dieses Geschäftsmodell um die Ohren geflogen: Eines ihrer Opfer hat herausbekommen, wie sie wirklich heißt und wo sie wohnt. Seitdem stalkt und bedroht der Mann sie. Das Pflaster in Berlin wird ihr zu heiß und sie flüchtet zu der einzigen Freundin, die sie hat: Eva Gscheidle, die mit Mann und Kindern im beschaulichen schwäbischen Weilheim lebt. Da darf Katrin eine Weile im Dachgeschoss-Zimmer unterschlüpfen.
Damit haben wir eine klassische „fish out of water“-Situation: Die zwielichtige, aufgedonnerte Großstadtpflanze muss sich einen regulären Job suchen und sich irgendwie in Evas biederen Kleinstadtkosmos einfügen. Eva Gscheidle, die vor Jahr und Tag in Berlin Sport studiert hat, gibt heute Gymnastikkurse für Hausfrauen und erledigt die Büroarbeiten für den Handwerksbetrieb ihres Mannes. Das ist jetzt Katrins neues Umfeld.
Katrin sucht Anschluss
Wenn Katrin hierbleiben will, sollte sie auch neue Freundschaften schließen. Sie kann ja nicht nur an Evas Rockzipfel hängen. Gar nicht so einfach, wenn man in den letzten 20 Jahren nur geschäftliche Kontakte zugelassen hat! Immerhin: Katrin ergattert einen Job als angelernte Bäckereiverkäuferin und knüpft Kontakte zum örtlichen Landfrauenverein, auch wenn die Damen dort ein bisschen eigen sind.
Weilheim, der Ort der Handlung, ist ca. 30 Kilometer von mir daheim entfernt und hat ungefähr so viele Einwohner wie mein Heimatort. Ich hatte die ganze Zeit das Bild vor Augen, wie Katrin, Typ „Agatha Raisin“, mordsmäßig aufgebrezelt bei uns durchs Dorf stöckelt und im schicken Kostümchen Roggenmischbrot, Weckle und Butterbrezeln verkauft. 😊 Das wär‘ ein Thema, ja!
Ein Toter im Backhaus!
Doch ganz so fad und ereignislos, wie Katrin denkt, geht es in der schwäbischen Provinz nicht zu: Enkeltrickbetrüger treiben ihr Unwesen. Auch eine der Landfrauen ist darauf hereingefallen und hat eine Menge Geld verloren. Und dann wird auch noch ein Toter im Backhaus des Landfrauenvereins gefunden, brutal entsorgt im Holzofen. Das war’s einstweilen mit dem Brotbacken!
Die Landfrauen halten zusammen wie Pech und Schwefel. Sowas hat Katrin noch nie erlebt! Der Polizei gegenüber behaupten sie stur, von nichts zu wissen. Katrin glaubt ihnen kein Wort. Die decken doch jemanden aus ihren Reihen! Das sehen auch Kriminalkommissar Thomas Franke und seine Kollegen so, aber noch können sie den Vereinsmitgliedern nichts nachweisen. Im Visier haben sie vor allem Verena Gross, die tüchtige Vorsitzende. Vieles deutet darauf hin, dass sie zur Tatzeit auf dem Vereinsgelände war – und dass sie etwas zu verbergen hat.
Das Opfer war kein Unschuldslamm
Vielleicht hilft es ja, wenn man mehr über das Opfer weiß? Der Tote wird identifiziert als Vincent Kern, 56, geschieden, Herausgeber/Verleger des regionalen Anzeigenblatts „FünfzigPLUS“. So ganz koscher können Kerns Geschäfte aber nicht gewesen sein. Das vermutet zumindest Katrin Schimmelpfennig, und die ist vom Fach. Dass eine ihrer neuen Freundinnen für den Mord an so einem ins Gefängnis geht, möchte sie gerne verhindern.
Jetzt ermitteln also zwei Parteien: Die Polizei, die Vincent Kerns Mörder zur Rechenschaft ziehen will, und Katrin Schimmelpfennig, die die Landfrauen aus der Geschichte heraushalten möchte. Wie weit sie dafür zu gehen bereit wäre, wissen wir nicht. Auf jeden Fall hat sie Methoden, die der Polizei nicht zur Verfügung stehen …
Die Polizei ermittelt. Katrin auch
Dass sie bei ihren „Ermittlungen“ der Polizei tunlichst aus dem Weg geht, ist bei ihrer Vorgeschichte nachvollziehbar. Schade, eigentlich! Wenn KHK Franke und Katrin auf derselben Seite stünden und offen kooperieren würden, was wäre das für ein Powerteam! Doch Katrin muss unterm Radar bleiben. Also fördern der Kommissar und die Ganovin unabhängig voneinander die Geheimnisse des Opfers und seines Umfelds zutage. Je tiefer sie graben, desto mehr mögliche Motive und Verdächtige kommen ans Licht. Aber wer war’s jetzt? Und warum? Und will Katrin Schimmelpfennig nun wirklich eine brave und sesshafte Weilheimerin werden oder startet sie noch einmal ganz neu durch?
Atemberaubende Spannung ist hier nicht zu erwarten. Das ist eher so wie bei den Vorabend-Krimis im Fernsehen. Aber weil ich moralisch flexible Held:innen mag – sie sind nicht so vorhersehbar wie anständige Leute – fand ich diesen Schwabenkrimi ausgesprochen unterhaltsam.
Menschliche Abgründe und ein bisschen Humor
Auch wenn es in der Geschichte um menschliche Abgründe geht, muss man manchmal schmunzeln. Wenn sich Katrin zum Beispiel in Gefahr begibt, um ein paar Verdächtige zu belauschen und dann kein Wort versteht, weil die so einen furchtbar breiten Dialekt schwätzen. 😀 Ja, so kann’s gehen!
Ich könnte mich mit einer Fortsetzung dieses Schwabenkrimis anfreunden. Zu gerne würde ich sehen, wie sich die legalen Ermittlungsmethoden der Polizei mit Katrins fragwürdigem Vorgehen ergänzen. Und irgendwie hab‘ ich auch das Gefühl, dass die schlitzohrige Katrin viel besser zu Kommissar Franke passen würde als seine langweilige Silke.
Die Autorin
Cindy Jäger wuchs in der Nähe von Leipzig auf und war als Lehrerin in Berlin und Ungarn unterwegs. Heute wohnt sie im idyllischen Weilheim am Fuß der Schwäbischen Alb. Ideen für ihre Krimis und Familiengeheimnisromane findet sie bei ihrer Arbeit als Qualitätstesterin und beim Wandern. Sie möchte noch andere Genre ausprobieren und hätte nichts dagegen, ihre Bücher immer da zu schreiben, wo sie spielen.
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Rezensentin: Edith Nebel
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