Elke Schleich: Sylter Frühling, Roman

Elke Schleich: Sylter Frühling, Roman, München 2025, between pages by Piper Verlag, ISBN 978-3-492-50799-8, Softcover, 291 Seiten, Format: 12 x 2,4 x 18,7 cm, Buch: EUR 16,00, Kindle: EUR 4,99.

Abb.: (c) between pages by Piper

„[Meine Eltern] wollten mich zu einem Studium überreden. Damit ich es mal besser hätte als sie. […]. Wenn sie wüssten, dass ich in dem Beruf, den ich unbedingt wollte, gescheitert bin und mich mit einem Kellnerjob über Wasser halte …“

(Seite 209)

Jule Kortmann (Anfang 30), hat vor zwei Jahren nicht ganz freiwillig ihre Tätigkeit als Altenpflegerin in einem Seniorenheim in Hannover aufgegeben und ist nach Sylt gezogen. Ihren Eltern erzählt sie seither, sie arbeite dort bei einem privaten Pflegedienst. In Wahrheit aber kellnert sie im Café „Kiek mol in“ und wohnt mietfrei in einer winzigen Kammer auf dem Bauernhof von Hinnerk Boysen (70 +). Der alte Herr ist verwitwet und kommt mit Hof und Haushalt alleine nicht mehr klar. Jule hilft ihm gern.

Das hat bisher wunderbar funktioniert, doch so langsam wird Hinnerk ein bisschen tüddelig. Er verlegt Gegenstände, vergisst und verwechselt Termine. Als er seine Finanzen nicht mehr im Griff hat und auch noch anfängt, seine längst verstorbene Frau zu suchen, weiß Jule, dass sie handeln muss.

Auf einmal kommen Bekannte der Familie Boysen mit der Information um die Ecke, dass Hinnerk einen Sohn hat, einen Architekten, der seit einem Familienstreit vor 12 Jahren keinen Kontakt mehr zu seinem Vater hat. Aha, deswegen hat ihn noch nie zuvor jemand erwähnt! Jetzt sollte der Herr Sohn aber dringend herkommen und regeln, was zu regeln ist! Der Hausarzt der Boysens bietet sich an, ihn ausfindig zu machen und über die Lage zu informieren.

Tatsächlich fährt kurz darauf ein attraktiver Mann Ende 30 auf den Hof: Jann Boysen. Zur Überraschung aller freut sich Hinnerk sehr, dass sein Sohn wieder da ist. Er geht davon aus, dass Jann sich nun um seine finanziellen Angelegenheiten, den Hof, die Pferde und die letzten Reste der Reitschule kümmern wird, obwohl er mit alldem noch nie etwas zu tun haben wollte.

Jule dagegen glaubt nicht, dass Jann seine Meinung inzwischen geändert hat. Sie geht davon aus, dass er seinem alten Herrn nur erzählt, was dieser hören will, aber insgeheim den Hof verkaufen und Hinnerk in einem Seniorenheim unterbringen will. Diese Vorstellung behagt ihr überhaupt nicht. Sie ist ja vom Fach und weiß, wie wenig Zeit das Pflegepersonal für die Bewohner:innen hat. Hinnerk wäre todunglücklich ohne seine vertrauten Kontakte – und vor allem ohne seine Tiere.

Jule wäre es auch aus einem anderen Grund am liebsten, wenn alles bliebe, wie es war. Denn egal, ob Jann selbst auf den Hof zieht oder das Anwesen verkauft, Jules Arrangement mit Hinnerk – Wohnung gegen tatkräftige Hilfe – wäre hinfällig. Sie müsste sich eine Wohnung suchen und wahrscheinlich auch einen besser bezahlten Job, um sich die Miete leisten zu können.

Es gäbe da die Möglichkeit, dem Ruf einer ehemaligen Kollegin zu folgen, die einen guten neuen Job in einer Pflegeeinrichtung hat, in der noch Leute gesucht werden. Aber dazu müsste sie von Sylt wegziehen …

Sie könnte aber auch dem Werben ihres Chefs, Hark Ohm, nachgeben. Der hat schon lange ein Auge auf sie geworfen. An seiner Seite hätte sie bestimmt ein angenehmes, sorgenfreies Leben. Aber will sie das? Nein! Sie hat sich in Jann Boysen verguckt, und auch er scheint Interesse an ihr zu haben. Aber kann sie ihm trauen? Er lässt sich bezüglich seiner Zukunftspläne nicht in die Karten schauen. Als Jule ihn danach fragt, reagiert er sehr unwirsch, und das ganze gipfelt darin, dass er Knall auf Fall zurück nach Berlin fährt.

Sein Vater versteht die Welt nicht mehr, Jule auch nicht. War’s das jetzt? Ist Jann wieder abgetaucht und schweigt?

Die Leute, die Jule raten, ruhig und vernünftig mit Jann zu reden, haben zweifellos recht. Aber irgendwie klappt das nicht. Sie finden beide nicht den richtigen Ton. Dabei hätte Jule doch so gute und kreative Ideen, wie es mit Hinnerk und dem Hof weitergehen könnte. Aber wenn Jann ihr nicht zuhören will, dann wird das nix.

SYLTER FRÜHLING ist bereits der dritte Band aus Elke Schleichs Sylt-Reihe, den ich gelesen habe. Ich mag die Leute in diesem Roman-Universum. Sie sind herrlich normal mit kleinen Macken und Beschädigungen. Und dass jede Menge Tiere durch die Sylt-Geschichten wuseln, gefällt mir natürlich auch. Hier sind’s Pferde, Ponys, Hasen, Hühner und ein verschmuster Kater mit einem originellen Namen.

Wohlfühlromane wie dieser sind natürlich bis zu einem gewissen Grad vorhersehbar. Das ist Teil ihres Charmes. Wir Leserinnen ahnen von Anfang an, wer hier mit wem zusammenkommen wird. Die spannende Frage ist, wann’s die betreffenden Personen auch endlich kapieren! Wann sie ihre Sturheit überwinden und erkennen, was sie am jeweils anderen haben. Kann dauern!

Ich bin für Romantik etwas zu geschäftsmäßig und staune immer wieder, was die Leut‘ sich für einen Kopf machen und wie sie umeinander herumtanzen, anstatt beizeiten das Gespräch zu suchen. An Jules Stelle hätte ich den Architekten aus berechtigtem Interesse schon viel früher gefragt, wie seine Pläne für den Hof aussehen, und nicht erst, nachdem Gefühle die Sache verkompliziert haben. Aber gut … ich bin ja auch keine Romanheldin. 😉

Schön finde ich, dass in jedem neuen Buch der Reihe einzelne Personen aus den vorigen Bänden als Nebenfiguren auftauchen. Man muss ihre Vorgeschichte nicht kennen, um der Story folgen zu können. Wenn der Tierarzt auf den Hof kommt oder das Pferdezüchter-Paar im Café hereinschneit, ist das für „Insider“ ein überraschendes Wiedersehen mit alten Bekannten. Man kann sich ein bisschen wie ein Teil der Insel-Gemeinschaft fühlen.

Mich hat das Buch gut unterhalten, und genau das ist ja seine Aufgabe. Das klappt übrigens auch dann, wenn man keinerlei Bezug zu Sylt hat. Ich kenne die Insel nur aus den Medien. Wer schon dort war und die Schauplätze des Romans bildhaft vor Augen hat, hat noch ein bisschen mehr Lesevergnügen.

Elke Schleich wurde in Gelsenkirchen geboren, absolvierte eine Ausbildung zur Groß- und Außenhandelskauffrau, arbeitete als Sachbearbeiterin und später an der Westfälischen Hochschule Gelsenkirchen. Pferde und das geschriebene Wort – beides faszinierte sie schon als Kind, weshalb sie bereits im Grundschulalter Schulhefte mit selbst erdachten Tiergeschichten füllte. Heute lebt sie mit ihrem Ehemann und Hündin Pucci am grünen Rand des Ruhrgebiets, in Westerholt, in der Nähe eines Reiterhofs, den sie nach langer aktiver Zeit im Sattel immer noch gern besucht. Mehr Infos unter www.elke-schleich.de

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Rezensentin: Edith Nebel
E-Mail: EdithNebel@aol.com 
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