Wolfgang Brenner: Bollinger und die Barbaren -“ Ein neuer Grenzfall. Kriminalroman

Wolfgang Brenner: Bollinger und die Barbaren – Ein neuer Grenzfall
Kriminalroman
München, Februar 2008, dtv premium
Broschiert
ISBN 978-3-423-24634-7
240 Seiten
Format: 21 x 13,4 x 2,6 cm
Euro 12,50 [D] 12,90 [A], sFr 21,90

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Handlung:
Ein Erhängter in einer Brandruine sorgt für Aufruhr im idyllischen Grenzort Schauren. Auf dem abgebrannten Areal wollen Investoren ein Musicaltheater errichten. Und die Hagenaus, eine verwahrloste Problemfamilie mit kriminellem Hintergrund, wollen das mit allen Mitteln verhindern. Wie hängt das alles nur zusammen? Felix Bollinger folgt einer Spur, die in die Zeit der Kollaboration zurückzureichen scheint. Neben seinen Ermittlungen führen auch die Frauen in Bollingers Privatleben zu Verwirrungen.

Zum Autor laut Verlag:
Wolfgang Brenner, geboren 1954 in Quierschied/Saar, lebt als Journalist und Autor in Berlin und im Hunsrück. Er wurde 2007 mit dem Berliner Krimipreis „Krimifuchs“ in der Kategorie Autoren für sein langjähriges Schaffen in diesem Genre gewürdigt. Seine Krimis zeichnen sich durch gründliche Recherche, überzeugende Charaktere und große Spannung aus.

Meine Meinung:
Nach Bollinger und die Friseuse ist dieser Roman der zweite Fall um den Polizeichef Felix Bollinger, der quasi strafversetzt in Schauren einen schweren Job macht. Schauren liegt als europäische Stadt an der deutsch-französischen Grenze zwischen Saarbrücken und Metz, ist so provinziell geschildert, dass es schmerzt und existiert vermutlich nicht.

Bollinger fühlt sich hier noch nicht zu Hause. Für etwas Ablenkung sorgt sein Verhältnis mit der Frau des Bürgermeisters. Ansonsten gibt es viel Arbeit ohne große Erfolge, die Sehnsucht, Schauren nach erfolgreicher Arbeit möglichst schnell wieder zu verlassen bleibt. Bollinger ist die meiste Zeit sehr isoliert. Sein Team, bestehend aus den Polizisten Louis Strasser und Alain Miller, zeigt nicht viel Profil.

Brenners Schreibe ist locker, aber genau. Meist sind Bollingers Gedanken selbstreflexierend im Mittelpunkt, daher ist eine große Portion Selbstironie stilprägend. Leider sind viele Figuren nur oberflächlich entworfen, da sie alle aus Bollingers eingeschränkter Sicht geschildert werden.

Was mir am meisten fehlt, ist eine gründlicher Ausarbeitung der Schwierigkeiten des gemeinsamen Zusammenlebens der Franzosen und Deutschen. Dabei gibt es gute Ansätze, die z.B. bei der Erwähnung der unterschiedlichen Essgewohnheiten beginnen und auch nationale Unterschiede in den Gesetzen beinhalten. Wenn es aber um Vorbehalte aufgrund von Vorkommnissen aus der Zeit des Nationalsozialismus geht, sind mir die Reaktionen der Beteiligten zu sehr an der Oberfläche und psychologisch nicht ergründet. Einzig Bollingers eigene Familiengeschichte dieser Zeit wird tiefer gehend erläutert und muss stellvertretend wirken.

Ehrlich gesagt, finde ich den Fall in der Provinz nicht gerade originell. Es wird ein Aufgehängter in einer Ruine gefunden, nachdem da ein Brand gelegt wurde und gleichzeitig tun Politiker viel dafür, den Ort groß raus zu bringen. Zusammenhänge sind zu vermuten. Die Ermittlungsarbeiten werden dabei kaum realistisch beschrieben. Puristische Krimifans sollten also hier nicht zu viel erwarten.

Immerhin staune ich als Leser gemeinsam mit Bollinger, mit dem man sich nach einiger Lesezeit doch irgendwie identifiziert, was alles dafür geplant ist: Ein Theater bauen, Musicals mit Andrew Lloyd Webber und einem Libretto von Patrick Süskind veranstalten und so Menschenmassen aus Süddeutschland und Nordfrankreich anlocken.

Das Ende ist gut gemacht und nicht ohne Witz.

Ich würde Wolfgang Brenner irgendwo zwischen Friedrich Ani und Jacques Berndorf einordnen. Sein Bollinger ist sogar etwas bissiger als die Helden seiner Kollegen, dafür halte ich Bollinger allerdings nicht für einen effektiven Polizisten.
Für Fans von etwas skurrilen Krimiserien trotz allem empfehlenswert.

Rezensent: Herr Palomar
Mit freundlicher Genehmigung von http://www.buechereule.de

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