Ali Baba und die 40 Räuber II

Marokko vom 04. bis 18. Juli 2000

»We rode in the morning,
Casablanca to the west.
On the Atlas mountain foothills leading down to Marakesh.
For Mohammed and Marocco
We had taken up our guns
For the ashes of our fathers and the children of our sons.
For the ashes of our fathers and the children of our sons.

We could wait no more,
In the burning sands on the ride to Agadir.
Like the dogs of war,
For the future of this land on the ride to Agadir.«

Wenn wir in den 80-er Jahren den Mike-Batt-Song »Ride to Agadir« grölten, hatten wir allenfalls eine verschwommene Vorstellung davon, wo Agadir eigentlich liegt. Und es wäre uns nie in den Sinn gekommen, dass wir da eines Tages einmal hinfahren würden. Mit der islamischen Welt haben wir’s ja eher nicht so. Wir pflegen da zugegebenermaßen ein bisschen unsere Vorurteile. Nun, nobody’s perfect …

Als der Inhaber »unseres« Reisebüros mit dem Vorschlag »Marokko« daherkam, wollte ich schon dankend ablehnen. Andererseits … verschließt man sich nicht einen großen Teil der Welt, wenn man die islamischen Länder prinzipiell meidet? Gucken hätt ich ja schon gern mal wollen … Denn Vorurteile hin oder her: Islamische Architektur ist klasse. Und die Gärten. Das Kunsthandwerk und der Schmuck. Und die Küche soll ja auch nicht schlecht sein mit den vielen Gewürzen. Und wenn Elisabeth seit mehren Jahren dort gut leben kann, dann kann es ja dort wirklich nicht schlimm sein.

Über dieses angepeilte Reiseziel diskutierten Gerhard und ich länger als sonst. Sollen wir? Wollen wir wirklich? Trauen wir uns das? Wir schleppten Bücher, Videos und Insidertipps (danke, Elisabeth!) in den Bau und informierten uns. Schließlich siegte die Neugier, und am 4. Juli 2000 ging’s los.

Von der Wiege bis zur Bahre: Formulare, Formulare …
Flexibel wie wir nun mal sind, hatten wir bei unserem Leib- und Magen-Reisebüro die bewährte Kombination TUI-Reise mit RIU-Hotel in Agadir gebucht. Wobei Agadir mehr oder weniger ein Stützpunkt für unsere Ausflüge sein sollte. Die Stadt selber ist 40 Jahre jung, ein europäisch geprägter Badeort, der absolut nix vom Zauber des Orients hat. Wir hatten schon eine relativ genaue Vorstellung davon, was wir vom Land sehen wollten. Nur am Strand rumzuliegen, das ist uns viel zu fad. Da kann man ja genau so gut im örtlichen Freibad abhängen.

Die Anreise verlief komplikationslos. Nur die Reiseformalitäten sind ein Kapitel für sich. Wir wurden die ganze Zeit über den Verdacht nicht los, dass die Marokkaner eine gewisse Vorliebe für Formulare haben. Diverse Male haben wir während unseres Aufenthalts Name, Adresse, Hotelanschrift, Beruf und die Reisepassnummer angeben müssen. Nicht zu vergessen Ort und Datum der Ausstellung unseres Passes. Das können wir jetzt auswendig. Naja, wenn alles seine Ordnung haben soll – an uns soll es nicht liegen. Mit deutscher Gründlichkeit haben wir immer alles ausgefüllt, was man von uns wissen wollte.

Ride to Agadir
Verschiedene Dinge fielen uns gleich auf der Busfahrt zum Hotel ins Auge: Bei der Kleidung der Marokkaner scheint zu gelten: Anything goes. Man sah europäisch gekleidete Männer genau so wie solche mit Käppchen und Kaftan (langes Gewand ohne Kapuze. Diese Bekleidungsart kam durch die marokkanischen Juden ins Land) oder in Djellaba (langes Gewand mit Kapuze). Diese Wallegewänder fand ich eigentlich ganz ansprechend. Ich dachte mir, das sieht an keiner Figur unvorteilhaft aus. Ob jung oder alt, lang und dürr oder klein und dick – mit Kaftan oder Djellaba schaut keiner lächerlich aus. Jedenfalls nicht in dieser Umgebung. Auf Stuttgarter Königstraße getragen mag das wieder ein anderer Fall sein. So ein Gewand hätte z.B. auch die dürren Säbelbeine eines meiner Ex-Chefs gnädig verhüllt. Seine Jeans taten das nicht …

Frauen waren oft gruppenweise unterwegs. Und selbst innerhalb dieser Gruppen sah man alle möglichen Kleidungsstile. Von der komplett verhüllten Mumie, die nur durch einen schmalen Sehschlitz rausspähen konnte über die Frau mit Djellaba (mit oder ohne Kopftuch) bis hin zu europäisch gestylten Mädels mit Minirock und T-Shirt. Es war kein System erkennbar. Man könnte jetzt nicht sagen: die älteren ziehen sich konservativ an, die jüngeren nimmer.

Ja gut – die Landeier gehen eher verschleiert als die Städterinnen. Ansonsten gibt es eben zahlreiche Abstufungen von »verhüllt« bis »modern« und jede pickt sich das Level raus, das ihr genehm ist. Wobei ich schon annehme, dass die Familien da ein Wörtchen mitzureden haben.

Ich hätte die Kleiderfrage gern fotografisch dokumentiert, aber wenn die Leute gläubig sind, möchten sie nicht fotografiert werden, und deshalb habe ich es gelassen. Das muss man eben respektieren.

Was uns auch gleich aufgefallen ist: Stoppschilder mit arabischer Beschriftung sehen echt goil aus. Lesen können wir ja nix, aber das Schriftzeichen erinnert absurderweise an zwei Männchen auf einem Schlitten. Knips – und unsere alberne Sammlung kurioser Schilder hatte wieder ein Exponat mehr.

Parlez-vous francais?
Am Hotel gab’s nix zu meckern. RIU Tikida Beach hieß es. Und Tikida, hat man uns erklärt, bedeute »Johannisbrotbaum«. Schön gelegen, toll gepflegt und ausgestattet, gut organisiert und mit schönen, großen Zimmern. Und gut kochen und backen können sie dort auch …

Es wäre allerdings nicht verkehrt gewesen, wenn unser Französisch etwas besser gewesen wäre. Ich kann nicht viel, und Gerhard hat’s nie in der Schule gelernt, er weiß nur das, was er von seiner französischen Verwandtschaft aufgeschnappt hat.

Das Hotel war nämlich ziemlich fest in französischer Hand und die allermeisten Infos – inklusive Speisekarte – waren ausschließlich in Französisch. Was ja an und für sich kein Wunder ist in einer ehemaligen französischen Kolonie und einem Land, in dem jeder Bürger ab dem 9. Lebensjahr in der Schule französisch lernt. Wenn er denn in die Schule geht… Schulpflicht existiert nur auf dem Papier, und der Anteil der Analphabeten liegt bei rund 53%.

Nun sind wir ja nicht solche Snobs, dass wir erwarten, dass alle Welt deutsch kann. (»Mallorca-Syndrom«). Aber dann und wann eine englische Info hätte in einem international sein wollenden Hotel nicht geschadet. Wenn man diverse »Handlungsanweisungen«, das Unterhaltungsprogramm und das Abendessen nur mit Hilfe eines Wörterbuchs entschlüsseln kann, ist das schon ein bisschen mühsam. Und man kommt sich nicht zu Unrecht ein bisschen deppert vor.

Gut – wir kamen auch so klar. Wie der Hase in den RIU-Hotels läuft, das wissen wir ja von vergangenen Reisen. RIU ist sozusagen ein Markenprodukt und funktioniert weltweit ziemlich gleich.

Eine nette französische Vokabel, die sicher unser Blödsinnsrepertoire bis auf weiteres bereichern wird, hat Gerhard gleich in den ersten Tagen aufgeschnappt: »piscine« = Schwimmbad. Er konnte nicht umhin, in Englisch zu denken, als er das Wort hörte – und laut loszulachen.
»Wie hat der grad zum Pool gesagt? Piss-in? Ja, doch … sehr passend.«

Agadir – eine Stadt so alt wie wir
Agadir ist keine typisch marokkanische Stadt, wie man sich überall zu versichern beeilte. Sie ist 1960 durch ein Erdbeben komplett zerstört worden und wurde in den 60er Jahren als moderner Badeort im europäischen Stil wieder aufgebaut. Nicht auf den Trümmern, sondern daneben, weil der Islam gebietet, dass ein Ort, der durch Krieg oder Katastrophen zerstört wurde, 50 Jahre lang nicht bebaut werden darf. Hm … ob die dann in ein paar Jährchen auf dem Brachland wieder loslegen? Sollte man sich da ein paar Sahnestückchen an Grundstücken sichern?

Gott, Vaterland, König“ ist in arabischen Lettern in den Berg geschrieben.

In der Tat – wenn die arabische Schrift nicht wäre, man könnte genauso gut an einem Badeort irgendwo in Spanien sein.

Wir haben Überreste des alten Agadir gesehen. Hier eine Treppe, dort eine Mauer … der Rest steinerne Ödnis. Eine Fahrschule hat sich da angewurzelt. Witzig zu sehen, dass die Fahrschuleautos zwei Lenkräder haben! Ich hatte die blödsinnige Vorstellung, dass sich bei Uneinigkeit von Lehrer und Schüler bezüglich des Fahrtziels die Räder des Autos in unterschiedliche Richtungen bewegen. Was natürlich nicht passiert. Aber den Gedanken fand ich ulkig.

Aussicht von unserem Hotelzimmer aus.

Den Führerschein gibt’s für die Neulinge auch erst mal auf Bewährung. Erst wenn man die ersten 60 Tage nach der Prüfung unfallfrei übersteht, gilt der Führerschein unbefristet. Wer in dieser Probezeit einen Crash verschuldet, muss die Prüfung noch mal machen. Ich glaub, ich hätte in dem Fall das Auto die ersten zwei Monate nach der Prüfung in der Garage eingeschlossen, nur um auf Nummer sicher zu gehen.

Noch was hat man uns versichert: Dass das Wetter grad ausnehmend scheußlich sei. Ungewöhnlich schlecht für diese Jahreszeit. Wir fanden’s gar nicht so übel, waren wir doch grad dem deutschen Dauerregen entronnen. Was machte es da schon, dass es nachts oft feucht, bis in den frühen Nachmittag hinein bewölkt und den ganzen Tag über diesig war? Uns störte das nicht. Da verbrennt man sich schon nicht den Pelz wenn man draußen rumrennt. Und, wie gesagt: Braun werden ist nicht unser primäres Urlaubsziel. Und im Landesinneren brannte die Sonne ohnehin gnadenlos genug.

Schade war nur, dass wir nie die geeignete Wetterlage hatten, um von der Kasbah runter den vielgepriesenen Blick auf ganz Agadir genießen zu können. Als wir oben waren, war’s total neblig, man sah überhaupt nix. Erst am Abreisetag wäre es klar genug gewesen, aber da hat dann die Zeit nicht mehr gereicht. Auch recht. Bis jetzt haben wir noch an jedem Urlaubsort „unerledigte Posten“ zurück gelassen. Man braucht schließlich einen Grund, um wiederzukommen.

Ali Baba! Ali Baba!
Himmel, nee, ich hätte mich in den Souks und den Geschäften dumm und dusselig kaufen können! Was da angeboten wird, passt leider recht genau in mein Beuteraster: Filigraner Silberschmuck, Schals und Tücher mit und ohne Glitzerkram, dekorative Messingteller, Spiegel und Lampen, Schuhe, Kleider, Tees und Gewürze aller denkbarer Arten (das war mehr Gerhards Domäne, denn er ist der Koch) – und natürlich meine viel geliebten Ansichtskarten. Leider sind wir zu spät dahintergekommen, dass die scharfe Gewürzpaste, die immer zum Abendessen angeboten 1.) unheimlich lecker ist und 2.) Harissa heißt. Und so isses uns leider nicht mehr gelungen, so ein Teufelszeugs vor unserer Abreise aufzutreiben. Noch ein unerledigter Posten. Ich werde mal die Suchmaschinen bemühen … gibt ja nix, was man nicht übers Internet bestellen könnte!

Natürlich hab ich den halben Orient zusammen gekauft. Mein Kaufrausch fand nur durch die Transportfrage seine natürliche Grenze. Eine hennaverzierte Ziegenlederlampe und ein irdener Tajjine-Kochtopf mit seinem kegelförmigen Deckel hätten nicht ins Gepäck gepasst, also wurde nix aus dem Geschäft. Schöne kleine Tischchen hätt’s auch gehabt …

Wir sagten schon: Wenn wir im Lotto gewinnen, bauen wir ein Haus, und ein Raum wird im marokkanischen Stil eingerichtet. Da kommen wir extra runtergeflogen und decken uns ein. Aber im Moment schaut es nicht danach aus, als würde in absehbarer Zeit was daraus werden. Ich hatte Kopien unserer Lottozettel mit, und wir haben extra eine Montagsausgabe der BILD-Zeitung zum Zahlenvergleich gekauft. Leider war es war wieder mal ein Flop auf der ganzen Linie …

Ein bisschen anstrengend war das Geschäftsgebaren der Händler. Wer je das Vergnügen hatte, mit meiner Familie Geschäfte zu tätigen, der weiß, dass ich harten Verhandlungen unmöglich abgeneigt sein kann. Jammern und klagen, zicken und zocken und die Preise drücken, das beherrsche ich durchaus. Aber was hier abging, das war mir zum Teil doch ein bisschen zu orientalisch. Ich weiß, es ist dort halt so, und damit muss man leben. Aber ich kann mir nicht helfen: für einen Europäer grenzt das dauernde Anquatschen und überreden wollen an Belästigung. »Madame, Madame – alles billig!« hab ich mir wer-weiß-wie-oft angehört. Und Gerhard wurde mit penetranter Regelmäßigkeit mit »Ali Baba« angesprochen. »Ja«, sagte er, »und ihr seid’s die 40 Räuber, oder was?«

Mir war zunächst auch nicht klar, wie sie auf die Anrede kommen. Irgend wann mal kamen wir dahinter, dass das wohl mit seinem Bart zu tun haben muss. Die Händler sprachen alle bärtigen Touristen so an. Noch einen Tick kreativer war ein kleiner Kerl in den Souks von Marrakech. Er hatte, als er Gerhard sah, die nicht ganz von der Hand zu weisende Assoziation: »Papa Noel«. Ja klar: Ein »pfundiger« Mann mit weißen Haaren und weißem Bart … Gerhard fand es allerdings weniger witzig, sich als »Weihnachtsmann« tituliert zu sehen, und der kleine Nachwuchsräuber ging für einen Moment am Rand einer Watschen spazieren. Ich vermute jedoch, dass der Kleine damit keine Beleidigung im Sinn hatte. In einem islamischen Land ohne Beziehung zu Weihnachten wird »Weihnachtsmann« wohl kaum eine Beleidigung darstellen.

Das war alles nicht so dramatisch. Die Händler haben dann irgendwann ein Nein als Antwort akzeptiert, und dann war’s gut. Echt die Pest am A… waren dagegen die selbst ernannten »Reiseführer«, die einem überall auflauerten. Sie laberten einen an, drückten einem das Gespräch rein, liefen mit einem mit – und wollten dann Cash sehen für die »Führung«. Auch dann, wenn wir vehement ihre Dienste ablehnten und stur den Weg latschten, den wir von Anfang an im Sinn gehabt hatten. Also, da hat’s bei uns dann aufgehört. Einem eine Dienstleistung aufdrängen, die man gar nicht haben will und nicht in Anspruch nimmt und trotzdem kassieren wollen? So manch einer der Jungs hat nun seinerseits seinen Wortschatz erweitert um »Ich glaub, du spinnst!« Manchmal war man schon kurz davor zu sagen: »Sie können mich jetzt mal kreuzweise.« Naja. Oder halbmondförmig.

Das ist alles schon sehr gewöhnungsbedürftig. Als Europäer ist man immer geneigt, auf eine höfliche Frage eine höfliche Antwort zu geben. Doch macht man das und lässt sich ansprechen, hat man ruckzuck die Knaben an der Backe und kriegt sie nicht mehr los. Schließlich haben wir nur noch mürrisch und einsilbig geantwortet und jeden Blickkontakt vermieden. Wir sind einfach stur unsere Strecke gelaufen. Das erfüllte seinen Zweck, aber es ist ja auch blöd. Wir hätten gerne mit den Leuten geredet, aber aus lauter Angst, dass sie selbst für die Uhrzeit Cash sehen wollen, haben wir dann jeden Kontakt vermieden. Ich hab gelästert, wenn ich den Sonnenuntergang fotografiere, kommt todsicher auch einer aus dem Gebüsch gehupft und verlangt 200 Dirham dafür.

Kulis, Kohle, Kaugummi
Jaja, die doofen Europäer und der Kulturschock. Wie man’s auch macht, isses sicher verkehrt. Auch im Fall der bettelnden Kinder. Die haben auch ihre drei »Ks«, die sie gebetsmühlenartig runterleiern. Nicht »Kinder, Küche, Kirche« sondern »Kugelschreiber, Kohle, Kaugummis«. In hellen Scharen laufen einem die Kiddies hinterher und betteln einen um diese Dinge an. Der absolute Abschuss war so kleiner Hosenscheißer, der grad mal des Sprechens mächtig war und vermutlich noch vor »Mama« und »Papa« zu sagen gelernt hat »un Dirham«. Wir waren dermaßen perplex, als uns so ein Pampersträger um Kohle anschnorrte, dass wir laut losgelacht haben. Sicher die denkbar unpassendste Reaktion. Aber was sollste machen? Groszügig »milde Gaben« verteilen, weil’s nun mal arme Leute sind? Aber ermutigt man die Kinder dann nicht zum Betteln? Oder denkt man zu europäisch, wenn man am liebsten antworten würde: »Kind, geh lieber in die Schule und lern was.«

So einfach isses nicht, haben wir uns sagen lassen. Eine Grundschule von Klasse 1 bis Klasse 6 gibt es in jedem Kaff. Dafür muss der Bürgermeister sorgen. Aber danach? Weiterführende Schulen gibt’s dann erst wieder in größeren Städten, und die Schüler aus den ländlichen Gebieten haben meist gar nicht die Möglichkeit, dort hin zu kommen. Schulbusse gibt’s keine, und ein Internat können sich die allerwenigsten Eltern leisten.

6 Jahre Schule wären ja schon mal besser als nix, aber die Schulpflicht besteht nur theoretisch. Keiner kontrolliert, ob die Eltern ihren Nachwuchs wirklich in die Schule schicken oder nicht. Es bleibt ohne Konsequenzen, wenn sie es nicht tun.

Arbeitslosengeld gibt’s übrigens auch nicht, hat man uns erzählt. Man verlässt sich darauf, dass der Familienverband den Angehörigen mit versorgt. Allerdings hieß es, der neue König, Mohammed VI, plane die Einführung von Arbeitslosengeld.

Kein Kaffeeklatsch im Königreich!
A propos König: Ich war völlig geplättet zu hören, dass das Privatleben des Königs traditionell absolut tabu ist und nicht in der Öffentlichkeit diskutiert wird. Es ist nicht mal bekannt! Man weiß nicht, wie viele Frauen der König hat, wie sie heißen und aussehen – die treten einfach nicht in der Öffentlichkeit auf. Die Kinder des Königs – die potenziellen Thronfolger – die hat er schon mal im Schlepp. Die Frau(en) aber nie.

Unvorstellbar! Ein Land ganz ohne Yellow Press und Promiklatsch? Wie halten die Leute das bloß aus? (Für Königs isses natürlich klasse …) Besonders kritisch darf die Presse eh nicht sein, hörte ich. Und den König zu kritisieren, ist sowieso nicht drin. Ob man wenigstens seine Mitarbeiter anmäkeln darf? Es lag mir jedenfalls auf der Zunge: Jetzt baut man gigantische Wellenbrecher, damit der Königspalast am Strand von Agadir nicht jeden November im Nassen steht, wenn die hohen Wellen an Land schwappen. Aber … äh … hätte man sich das net denken können, als man die Hütte da hingestellt hat? Ich meine, you know, das Meer war schließlich zuerst da!

Marrakech und Essaouira
Marrakech, so hatte man uns im Vorfeld gesagt, müssten wir uns unbedingt anschauen. Da wir uns nicht selbst zu fahren trauten, fuhren wir mit einer kleinen Reisegruppe (8 Touris, Reiseleiter + Fahrer). Was willste auch in einer Gegend herumgurken, in der du die Wegweiser nicht lesen kannst? Nicht alles ist zweisprachig angeschrieben, und die höchst dekorativen »Girlanden« auf den Schildern halfen uns nicht weiter. Ein bisschen chaotisch gefahren wird auch. Die Vorfahrtsregeln existieren wohl auch nur auf dem Papier, die interessierten keine Seele.

Auf den Landstraßen triffst du nicht nur auf liebevoll und farbenfroh verzierte Nutzfahrzeuge sondern auch auf grotesk überladene, die großzügig ihre Ladung in der Landschaft verteilen. (Ups! Hoppla! Das war eine Obstkiste!) Ab und zu gondelt auch ein Eselskarren durch die Gegend. Und in der Stadt wirst du von prähistorischen und abenteuerlich frisierten Moppeds umbrummt. Nee, nee, das mussten wir uns nicht geben. Eine weise Entscheidung, wie sich gegen Schluss des zweitägigen Kurztrips rausstellte.

Im ersten Moment haben wir uns allerdings gefragt, ob wir uns nicht doch lieber mit Girlandenschrift und Verkehrschaos hätten herumärgern sollen als mit den Mitreisenden. Seit 20 Jahren ist mir niemand mehr so auf den Geist gegangen wie eine der Damen an Bord. Von der ersten Sekunde an war sie am Jammern, Nörgeln und Wehklagen: Sie sei schwanger, und es sei eine Unverschämtheit, dass man mit so einem kleinen Bus fahre. Sie hätte einen großen Reisebus erwartet. Dieses Fahrzeug sei nicht richtig klimatisiert … sie wollte partout vorne sitzen … der Bus schaukelt zu arg … die Strecke ist zu schlecht. Und macht doch die Tür zu, ich hab keine Lust, die ganzen Abgase einzuatmen. Und kann vielleicht mal jemand die Fliegen aus dem Bus scheuchen? Seufz, stöhn, quak-quak-quak, nörgel-nörgel-nörgel. So ging das in einer Tour. Ich hätte sie am liebsten unter unflätigen Schimpfkanonaden aus dem fahrenden Bus geschubst. Aber ich war ungewöhnlich brav und hab mich zu absolut keiner Bemerkung hinreißen lassen. Gerhard hat auch nur still gelitten und nix gesagt. Doch ein Blick genügte, um uns zu vergewissern, dass wir beide das gleiche dachten. Zum Glück hat die gute Frau sich mit der Zeit beruhigt, sonst wäre die Fahrt sicher unerträglich geworden.

War schon gut, dass wir uns zwei Tage Zeit genommen haben. Es gab doch einiges zu sehen. Den maurischen Ménara-Pavillon z.B., den der Sultan Sidi Mohammed im 19. Jahrhundert errichten ließ und die Ménara-Gärten – eigentlich eine Obst- und Oliven-Plantage. Bewässert wird das ganze durch ein Sammelbecken. Und das kommt einem angesichts der Trockenheit im Land beinahe verschwenderisch vor. An den Wochenenden kommen die Leute und veranstalten Picknicks in den Gärten. Hat mich gewundert. Es sah alles so sauber aus. Räumen die Leute ihren Müll etwa selber weg? In unseren Parks klappt das doch überhaupt nicht. Oder kommt hier jeden Montag die Stadtreinigung?

Die Koutoubia Moschee – das Wahrzeichen der Stadt – konnten wir leider nur von außen anschauen. Als Ungläubiger gilt man als unrein und darf nicht hinein. Schade, denn in den Reiseführern wird immer so vom prächtigen Innendekor geschwärmt.

Aber es gibt ja noch andere tolle Bauwerke, die man auch Nicht-Moslem ganz genau anschauen darf: Das Palais de la Bahia z.B. Die Großwesire Si Moussa und Bou Ahmed ließen den Palast um 1900 bauen. Für die 4 Frauen und zahllosen Konkubinen von Bou Ahmed. Möbel hat’s leider keine mehr drin in dem Palais, und so kann man sich nicht wirklich vorstellen, wie die BewohnerInnen seinerzeit dort gelebt haben. Aber die Räume mit ihren Mosaikkacheln, Stuck-Arabesken und prächtigen Zedernholzschnitzereien und auch die Gärten und Innenhöfe sind eindrucksvoll genug. Diverse Filme wurden in dieser Kulisse schon gedreht. Unter anderem »Harem« mit Ben Kingsley und Nastassja Kinski.

Eindrucksvoll waren auch die Saadier-Gräber, zu denen man durch einen schmalen Gang gelangt. Dieser Zugang war lange Zeit durch eine Mauer verschlossen und wurde erst 1917 bei Bauarbeiten wieder entdeckt.

Wenn wir als Ungläubige schon nicht in eine Moschee dürfen – eine Koranschule tut’s auch. Wir waren in der Medersa Ben Youssef, die seit 1961 nicht mehr „in Betrieb“ ist. Mein Dumont-Reise-Taschenbuch „Süd-Marokko“ gerät über die Architektur ins Schwärmen:

»Ein mit weißem Marmor ausgelegter Innenhof, in der Mitte ein rechteckiges Bassin. Die reich verzierten Hofmauern spiegeln sich zitternd, die ganze Pracht verdoppelnd, auf der Wasseroberfläche. Lasierte Majolika-Kacheln an den unteren Mauerabschnitten, darüber ein umlaufendes schwarzes Schriftband, in einen Gipsstuckfries geschnittene Koransuren, Blendarkaden und Hufeisenbögen, in den Gewölben, in Gips gegosene Stalaktiten, ornamentaler Flächenstuck aus feinen Rautennetzen, gedrechseltes Schnitzwerk in den schweren Zedernholzbalken.«

Stimmt schon – so ein Gebäude ist einfach ein Gesamtkunstwerk! Erschreckend winzig waren allerdings die Kammern im Obergeschoss, in denen die Studenten hausten. Sehr spartanisch. Bis zu 900 Studenten sollen auf diesem engen Raum gelebt und gearbeitet haben? Unfassbar!

>Eine sehr reinliche Religion, dachte ich mir, als der Reiseleiter von den Waschungen berichtete, die der Gläubige vor Betreten einer Moschee vornehmen muss. Und das war schon zu einer Zeit so, als bei uns die Mönche als die reinlichsten Leut’ im Lande galten, weil sie ein paar Mal im Jahr gebadet haben …

An den Koranschulen konnte man nicht nur den Koran studieren sondern auch Naturwissenschaften. Das göttliche Wesen könne man eh nie erforschen, dachte man sich, also mühte man sich gar nicht erst großartig damit, sondern steckte die Energie in Erforschung der Natur … in Physik, Mathematik, Astronomie. Was sich ja nicht als ganz unpraktisch erwiesen hat. Dieser Denkansatz hat mir gefallen. Sehr vernünftig. Überhaupt klang vieles, was man uns über den Islam erzählte, sehr vernünftig. Wirklich ein Jammer, dass von radikalen Personen im Namen des Glaubens so viel Irrsinn auf der Welt angerichtet wird. Und das gilt nicht nur für den Islam.

Durch die Handwerkergassen und den Souk ging’s leider nur im Schweinsgalopp. Zum Staunen, Handeln und Kaufen blieb nicht genügend Zeit. Aber man gewann einen Eindruck, mit welch einfachen Mitteln die tollen Kunsthandwerks-Objekte entstehen. So interessant das ist, den Schmieden, Färbern, Schneidern, Schuhmachern beim Arbeiten zuzuschauen – man kommt sich schon ein bisschen blöd vor, den Leuten im Weg rumzutappen.

Eine einzige Abzocke und Geldmacherei war das viel gepriesene Spektakel auf dem Jemaa el-Fna, dem Platz der Gehenkten. Heilkundige, „Zahnärzte“, Schlangenbeschwörer, Märchenerzähler, Akrobaten, Wasserträger und jede Menge Stände mit allerlei Appetitlichem und Unappetitlichem an Speis und Trank … schon interessant, was sich da alles tummelte. Aber nirgends wurde man so aufdringlich angequatscht wie dort. Und so hemmungslos ausgenommen. Erst einigte man sich auf einen Preis für ein Foto, zahlte, und dann, wenn alles im Kasten war, machten die Jungs ein Höllenspektakel und verlangten noch mal das Zehnfache. Die konnten uns auch alsbald halbmondförmig … und zwar alle miteinander. Wir schlugen uns seitwärts in die Büsche und entdeckten in einer Seitenstraße eine Ansammlung absolut sensationeller Juweliergeschäfte. Ich kriegte vor Staunen den Mund nicht mehr zu. Wie sagt man? Ich stand da wie ein Kind unterm Weihnachtsbaum. Goldene Gürtel und Armreifen, silberne Ringe und Ketten waren in verschwenderischer Fülle in die winzigen Schaufenster gestopft. So einen Überfluss an Glitzerkram hab ich noch nirgendwo gesehen. Man war fast geblendet. Herrliche Armreifen in Roségold , wie ich sie schon immer gern haben wollte. Ich hab nicht nach dem Preis gefragt – erstens hätte so was mein Urlaubs-Spontankaufbudget auf jeden Fall gesprengt, und zweitens waren nur noch wenige Minuten bis zur Abfahrt ins Hotel.

Campaville Club hieß das Hotel am Rande von Marrakech, in dem unsere Gruppe übernachtete. Ein unglaubliches Bauwerk – am A…. der Welt gelegen, aber von A bis Z gestaltet wie ein orientalischer Palast. Ich war restlos hin und weg. Bis weit nach Mitternacht sassen wir mit einem Ehepaar aus unserer Reisegruppe an der Bar und quatschten über Gott, die Welt und das Motorradfahren. Nachdem noch die Überreste des Lunchpakets an die Hotelkatzen verfüttert wurden und ein mörderisch brüllendes Katzenkind aus dem ersten Stock des Hotels gerettet wurde – es hatte sich verirrt und versuchte gerade, sich aus dem Fenster zu stürzen – fielen wir todmüde ins Bett.

Ich hab mir nur gefragt, wer in diesem orientalischen Palast übernachtet – außer Reisegruppen. Viel los war nicht. Naja, vielleicht gehen da ja auch Firmen hin für Seminare und Workshops. He, wär das nix für meinen Brötchengeber? Immer Lissabon ist ja auch fad!

Am nächsten Morgen ging es weiter zum Majorelle Garten. Der hat seinen Namen von seinem früheren Eigentümer, dem französischen Maler Jacques Majorelle. Er hat von 1923 bis zu seinem Tod 1963 dort in einer kleinen Villa gelebt und gearbeitet und den Garten mit Pflanzen aus aller Welt in ein wahres Paradies verwandelt. Nach dem Tod Majorelles kaufte der Modeschöpfer Yves Saint Laurent das Anwesen, ließ es originalgetreu restaurieren und machte einen Teil davon der Öffentlichkeit zugänglich. Nur 20 Minuten darf man als Besucher drin bleiben, steht am Eingang. Und keine professionellen Fotos machen. Schade. Als Hintergrund für Modeaufnahmen hätte ich mir den Garten ganz toll vorstellen können.

Ganz und gar nicht marokkanisch sondern eher portugiesisch wirkte die Hafenstadt Essaouira mit ihren weiß getünchten Häusern. Der Eindruck täuscht nicht: Im 14. Jahrhundert hatten sich dort die Portugiesen angesiedelt und schützten den Hafen mit einer kleinen Festung. 1628 wurden sie von Sultan Ab el-Malek von ihrem Stützpunkt vertrieben. Die Zeit, in der sie dort waren, muss jedoch gereicht haben, um den Charakter der Stadt nachhaltig zu prägen.

Während unsere Reisegefährten Souvenirs aus Thuya-Holz erhandelten, tappten wir durch Altstadt und über den Fischmarkt. Ein Wasserträger in seiner malerischen roten „Dienstkleidung“ bot uns an, sich gegen ein paar Dirham mit uns fotografieren zu lassen. Ja, und so entstand das Bild „Mann mit rotem Hut“…

Nach diesem Abstecher ging es die Küste entlang zurück nach Agadir. Ein bisschen spät dran waren wir und gerieten kurz vor Agadir voll in den „Wochendend-Rückreiseverkehr“. Unmassen von Leuten waren auf dem Rückweg vom Strand nach Hause – mit Autos, Mopeds und unglaublich überladenen Bussen. Da standen die Leute nicht nur bei offener Tür auf den Stufen, wir sahen sogar welche, die oben auf der Rücklehne der Sitzbänke balancierten. Na, jedenfalls kam’s zum Stau – was unser Fahrer rechtzeitig bemerkte, unser Hintermann jedoch nicht. Krach, bumm, Auffahrunfall! Klasse. Zum Glück keine Verletzten. Ich dachte schon, jetzt gibt’s uferlos das Palaver und Theater, aber der Zirkus hielt sich erfreulicherweise in Grenzen. Der Reiseleiter rief über Handy die Polizei. Nach einer halben Stunde kamen zwei uniformierte Jungs auf dem Motorrad daher und nahmen den Unfall auf. Die Schaulästigen trollten sich wieder, und dann ging’s weiter. Die restlichen paar Kilometer schafften wir dann vollends ohne besondere Vorkommnisse.

Für die einen ist es ein Traumstrand –
für die anderen das längste Katzenklo der Welt.

Katzen hat’s natürlich auch gehabt in der Hotelanlage. Nicht im blanken Dutzend, aber hier und da mal eine. Ein prachtvolles rothaariges Tier gehörte einer der Animateurinnen. Dieses Katzentier ließ es sich gut gehen. Kaum war es Mittag, fand es sich in der Strandbar ein und schnorrte sich von Tisch zu Tisch durch. Da es eine schön gepflegte Katze mit Halsband war, die ganz offensichtlich jemandem gehörte, scheuten sich die Leute auch nicht, das Tier zu streicheln und zu knuddeln. Um ein sauberes Katzenklo musste sich der Rote auch nicht sorgen: Schliesslich hatte er gleich hinter dem Haus einen 9 km langen Sandstrand, den er auch intensiv nutzte. So ein Leben könnte unserem geselligen Blacky auch gefallen. Hihi, und da könnte er endlich mal stundenlang hingebungsvoll Löcher buddeln ohne dass ihn jemand wegen der entstandenen Sauerei ausschimpft.

Samtpfotige Futter-Schnorrer der wilden Art gab’s auch, die meisten waren noch Welpen. Ab und zu sah man was Kleines, Graues, Pelziges durchs Restaurant sausen und in irgend einer dunklen Ecke verschwinden. Die Kellner grinsten und zuckten mit den Schultern. Auf Katzenhatz begab sich deshalb keiner. Ich hab die ganze Zeit auf ein paar hohe, spitze Schreie gewartet, aber es hat wohl niemand ein Katzenkind irrtümlich für eine Ratte gehalten.

So eng hat man das nicht gesehen mit dem Viehzeug im Hotel. Immer mal wieder wuselte ein Wurf junger Katzen im Foyer hinter den Sofas herum, aber das hat keinen vom Hotelpersonal aufgeregt. Die Gäste hatten ihren Spaß, also was soll der Geiz. In anderen Ländern wäre da vermutlich schon längst die Hysterie ausgebrochen. Manchmal ist ein bisschen mehr Gelassenheit gar nicht so verkehrt.

Durch den Antiatlas nach Tafraoute und Tiznit
Eine weitere Tour – ebenfalls mit einer kleinen Reisegruppe – führte uns durch den Anti-Atlas bis nach Tafraout. Hier war weniger „Kultur“ angesagt, hier ging’s um die Landschaft. Und die ist wirklich großartig! Lehmfarbene Berberdörfer, die wie Adlerhorste in die Berge gebaut sind.

Man fragt sich die ganze Zeit, von was leben die Leute hier bloß? Es ist wirklich die absolute Einöde. Als Europäer siehst du nix als Steine, aber die Ziegen der Berber weiden mit großem Eifer, also muss es ja was geben. In manchen Gegenden siehst du Ziegen wie Affen in den Bäumen sitzen. Sie fressen die Früchte der Arcanbäume. Tja, in einer lebensfeindlichen Umgebung musste halt Ideen haben und dir deine Nische suchen …

Eine grandiose Landschaft – aber ein verdammt hartes Leben. Und wenn’s dann noch mehrere Jahre nicht regnet, wundert es einen nicht, dass die Leute die Landflucht antreten.

Es ist wirklich schwer zu beschreiben … man fährt einfach durch diese unglaubliche Berglandschaft und denkt sich auf Schritt, das darf doch nicht wahr sein, dass hier Leute leben! Das ist doch der – wenn auch atemberaubende – A… der Welt!

Die Krönung des ganzen war dann Tafraoute. Im TUI-Prospekt hat sich ein Texter-Kollege schon mal verkünstelt, um die Gegend zu bechreiben:

»Die Landschaft um Tafraoute ist sicher eine der ungewöhnlichsten in Marokko. Ein großartiges Chaos aus aufeinandergetürmnten Granitblöcken und riesigen Felssteinen, in die hinein terrassenförmig Häuser gebaut sind mit besonders interessanten Verizierungen an Türen und symbolhaften Wehrzinnen.«

Auf Fotos sehen die gewaltigen Felsbrocken immer aus wie Kieselsteine. Es waren aber schon ordentliche Trümmer darunter. Mannsgroß, lastwagengroß, hausgroß … Gerhard fing gleich an, auszurechen, wie viele Tonnen so ein Teil wohl haben wird. Es war wirklich faszinierend. Statt die Mittagspause in einem Hotelrestaurant zu verbringen, wie es vorgesehen wart, tappten wir denn auch fassungslos staunend durch die Gegend. Das werde ich bestimmt nie vergessen: In der größten Mittagshitze, weit und breit kein Mensch zu sehen. Man hörte nur Grillen zirpen und ab und zu eine Ziege meckern. Und plötzlich legt der Muezzin los und ruft zu Gebet. Es war wie in einer anderen Welt. Ein Erlebnis!

Die Silberstadt Tiznit
Keine Fahrt ohne Verkaufsveranstaltung. Irgendwovon muss ja auch der Schornstein der Reiseleiter rauchen. Also führte uns der Rückweg über Tiznit, die Silberstadt. Und geradewegs in die Altstadt in die Werkstatt eines Silberschmieds. Es war phantastisch, was es da an tollem Schmuck gab. Aber halt alles in der Preisklasse, in der man selbst im Urlaub nicht so spontan zuschlägt. Handeln konnte man dann auch nicht, also mussten die Leute dort damit leben, dass viele gar nix kauften. Oder nur eine Kleinigkeit. Ganz »ohne« kommen wir ja nicht aus einem Schmuckgeschäft. Gerhard hat in der Tat einen Ring gefunden, der ihm passt – und ich einen kleinen silbernen Anhänger mit einem Halb-Edelstein als Auge … gegen den bösen Blick.

Insch Allah …
Wir haben viel gesehen, viel erfahren, viel gekauft und zwischendrin auch mal so richtig herzhaft gar nix getan. Am 18. Juli war’s dann wieder vorbei mit Herrlichkeit. Irgendwie schafften wir es, alle unsere erworbenen Schätze auch noch in unsere Koffer zu quetschen und dann die Heimreise ins kalte Deutschland anzutreten. Und auch wenn’s nur ein Spruch war, ist mir der Abschiedsgruß unseres Reiseleiters im Gedächtnis geblieben: »Gute Reise, Gesundheit und ein langes Leben … Insch Allah – so Gott will.«

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