Ein Never-Come-Back-Ticket …

Ein Never-Come-Back-Ticket …

… hatte ich mir am Wochenende zugelegt. Sprich: einen Lottoschein abgegeben. Zusätzlich zu dem, den ich Woche für Woche mit meinen Kollegen zusammen ausfülle.

Eine Verzweiflungstat. Ich liebe zwar meinen Job, aber ich halte ihn einfach nicht mehr aus. Die Arbeit wird stetig mehr, das Personal weniger, und die Zeit, die man für den Auftrag zur Verfügung hat, wird auch immer knapper. Noch ehe wir überhaupt mit einem Job angefangen haben, sind wir schon mehrere Wochen zu spät dran. Mit noch so viel Hektik und noch so vielen (unbezahlten) Überstunden ist das nicht mehr in den Griff zu kriegen.

Irgendwie hecheln wir ständig mit hängender Zunge unseren Terminen hinterher. Ich hab nachts schon Alpträume von dem geballten Wahnsinn. Und nicht nur ich …

Man müsste vielleicht mal einen Job an die Wand fahren lassen, damit sich endlich an dem Missverhältnis des Arbeitsaufkommens zur personellen Ausstattung etwas zum Vorteil verändert. Irgendwann muss doch einer mal merken, dass das so nicht mehr geht. Wenn sie es schon nicht sehen wollen , wenn man es ihnen vorrechnet.

Termine platzen zu lassen traut sich aber niemand, weil die Konsequenz vermutlich Hartz IV lauten würde ’“ für die Verantwortlichen, die ihren Job nicht rechtzeitig gebacken bekamen. Und noch mehr Arbeit für die, die übrig bleiben. Und so rödelt man und rödelt und rödelt, wird alt und grau darüber und erlangt eine gewisse Vorstellung davon, wie sich der arme alte Sisyphos gefühlt haben muss.

Das Deprimierende daran ist: Was wir auch tun ’“ es wird sich an der Situation nichts ändern. Jedenfalls nicht zum Guten. Verzögerungen, Mehrkosten und Qualitätseinbußen sind für ein Unternehmen wahrscheinlich immer noch günstiger und erstrebenswerter als das Einstellen von angemessen viel Personal. Hab ich schon erwähnt, dass sich die Personalstärke in der Zeit in den letzten Jahren halbiert hat, während sich die Anzahl der zu betreuenden Produktbereiche verdoppelte? Ist also nicht so, dass wir personellen Luxus haben wollten …

Nachvollziehen kann ich ja, wie das läuft und warum sich personell nix tut. Sparen, sparen, sparen! Aber seit Jahren mittendrin zu stecken, ist weniger lustig. Seit den frühen 90-er Jahren des vorigen Jahrhunderts 😉 erzählt man uns, ja, Leute, jetzt isses zwar stressig, aber da ist Licht am Ende des Tunnels. ’“ Ah ja? Bisher waren das immer nur die Scheinwerfer des entgegenkommenden Zugs …

’žLächle, denn es könnte schlimmer kommen’œ, sagt immer ein Freund der Familie. Ich lächelte ’“ und es kam schlimmer.

Wird die Hektik weiterhin exponentiell ansteigen? Ich wage mir gar nicht vorzustellen, was da noch alles auf uns zukommt. Immerhin hab ich noch 20 Jahre bis zur Rente. Wenn ich es mit 46 schon fast nicht mehr aushalte, wie wird das dann erst mit 66 sein?

Natürlich war’™s wieder nix mit dem Lottogewinn, war ja klar. Also werde ich mich weiterhin durchwursteln bis zu dem Tag, an dem sie mich entweder rausschmeißen oder ich selber sagen kann: ’žSorry ’“ aber ich gehe jetzt. Ich bin zu alt für den Zirkus hier.’œ

Wisst ihr, was ich mich manchmal frage? Ist das eigentlich alles nur das gedankenlose Verheizen menschlicher Ressourcen? Oder steckt mehr dahinter? Kostengünstiger Personalabbau durch Kaputtspielen, Krankmachen und Rausmobben? Oder tut man den Oberen zuviel der Ehre an, wenn man ihnen solche vorausschauenden Maßnahmen unterstellt? Stecken sie einfach so tief in den Sachzwängen drin, dass sie nicht anders können? Oder sind wir Fußsoldaten ihnen schlankweg wurscht?

Und ihr Freunde da draußen, die ihr derzeit keinen Job habt: Es wird euch leider nix nützen, wenn ich meinen hinschmeiße. Auch ich werde nicht ersetzt werden. Die Arbeit wird sich im Ernstfall auf die restlichen traurigen Hinterbliebenen verteilen. Die dürfen dann die nächste Strophe des Klagelieds singen.

Und der letzte löscht das Licht. So schaut’™s aus. In vielen anderen Betrieben auch. Jede Wette!

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