Ulrike Renk, Silke Porath: Schokolade ist auch nur Gemüse – Roman

Ulrike Renk, Silke Porath: Schokolade ist auch nur Gemüse, Berlin 2011, Schwarzkopf & Schwarzkopf, ISBN 978-3-86265-089-7, Softcover, 337 Seiten, Format: 18,8 x 12,4 x 2,2 cm, EUR 9,95.

»Die Romanidee entstand bei Facebook aus einer Laune heraus. Das Internet ist eine gute Möglichkeit, zu kommunizieren und Kontakte auch über weite Entfernungen zu halten. Das spielt natürlich auch eine Rolle im Buch – Maja und Silke halten so Kontakt zueinander, zu Freunden, zu Bekannten. Social Networking ist aus unserem Leben nicht mehr wegzudenken.« – Ulrike Renk & Silke Porath

Maja und Silke, beide 30+ und wieder Single, sind beste Freundinnen und haben früher zusammen in einer WG gewohnt. Da war immer was los! Diesen tollen Zeiten trauern beide nach. Jetzt lebt Silke in Berlin und arbeitet als Redakteurin für eine Food-Zeitschrift. Maja ist in Hamburg geblieben und seit einem halben Jahr arbeitslos.

Maja vertreibt sich die Zeit damit, bei Facebook für interessierte Teilnehmer Orakel zu spielen. Mit Menschenkenntnis, gekonnter Recherche und intelligenten Formulierungen erzählt sie Leuten, die sie gar nicht kennt, etwas über deren Leben. Und die sind begeistert!

Noch lieber als glückliche Facebook-Kontakte wären Maja allerdings ein neuer Job und etwas mehr räumliche Nähe zu ihrer Freundin Silke. Sollte auch noch Mr. Perfect in ihr Leben treten, wäre das Glück vollkommen. Von Blindgängern wie ihrem Exfreund Sven hat sie die Nase voll.

Auch Silke vermisst ihre beste Freundin Maja. Internet und Telefon ersetzen auf Dauer nicht den realen Kontakt. Gegen einen Mr. Right hätte sie gleichfalls nichts einzuwenden. Jochen, das Vorgängermodell, war allenfalls Mr. Just Right. Nein, nicht mal das. Ein Blender und ein Schnorrer war er. So einer kommt ihr nicht mehr ins Haus!

Als ein beruflicher Auftrag Silke nach Hamburg führt, nutzen sie und Maja die Gelegenheit, ganz spontan ein paar Freunde zum Essen einzuladen. Silke ist eine begeisterte und begnadete Köchin – und flexibel. Da macht es gar nichts, dass eine Freundin noch ihren Bruder und dessen Kumpel mitbringt. Schon gar nicht, wenn die Überraschungsgäste so schnuckelig aussehen wie diese beiden Herren.

Maja ist hingerissen vom blonden Zoran, einem angehenden Autor, der nebenbei noch eine gut gehende Importfirma hat. Der rothaarige Restaurantbetreiber Alfred passt dagegen voll in Silkes Beuteraster. Mr. Perfect und Mr. Right? Hm …

Männer in diesem Alter gibt es nur mit mehr oder weniger deutlichen Gebrauchsspuren. Da bilden diese beiden keine Ausnahme. Zoran ist intelligent und phantasievoll, witzig, charmant und zärtlich, aber er hat die Aufrichtigkeit nicht gerade gepachtet. Und Alfred lebt weit weg von Berlin. Ehe er sich auf eine neue Partnerschaft einlässt, sollte er erst einmal seine Familienverhältnisse ordnen.

Redakteurin Silke erkennt recht schnell: Das mit Alfred wird nix. Maja dagegen ist sehr verliebt. Selbst als Zoran ihr mit einer fadenscheinigen Ausrede für ein paar Tage seinen fünfjährigen Sohn Marten aufs Auge drückt, von dessen Existenz sie bis dato noch gar nichts wusste, ist sie wild entschlossen, ihr Bestes zu geben.

Das Kind ist der Horror! Hin- und her geschubst zwischen Mutter, Vater und mehr oder weniger freiwilligen Babysitterinnen, ist der kleine Satansbraten bisher komplett unterm Erziehungsradar durchgeschlüpft. Wie ein Tornado fegt er durch Majas Wohnung, verwüstet in Rekordzeit das Bad – und kann nur dann aufs Klo gehen, wenn jemand daneben steht und singt.

Der Leser wiehert vor Vergnügen, doch der armen Maja vergeht das Lachen. Auch Silke, die übers Wochenende zu Besuch kommt, wird mit dem Kleinen nicht fertig. Auf einmal ist er verschwunden. Hektik, Panik, Polizei! Was die Freundinnen jetzt so notwendig brauchen wie ein Loch im Kopf, ist Zoran, der wie aus dem Nichts auftaucht und die beiden wüst beschimpft. Nach dieser Episode will Maja weder ihn noch seinen reizenden Terrorknaben jemals wiedersehen.

Auf einmal eröffnen sich ganz neue Möglichkeiten: Silke bekommt einen Job in Düsseldorf angeboten. Wäre das nicht die perfekte Gelegenheit für ein Revival der Freundinnen-WG? Zoran ist Geschichte, Majas Arbeitsplatz bekanntlich auch. Was also sollte sie daran hindern, mit Silke an den Niederrhein zu ziehen?

Die Freundinnen schmieden Pläne. Doch überraschende Begegnungen bringen ganz neue Wendungen. Silke weist in der Berliner Redaktion ihren Nachfolger Oliver ein. Ein Kerl zum Verlieben, der womöglich wirklich das Zeug zum Mr. Right hätte. Sieht man mal von seiner wild zurechtgemachten Teenie-Tochter ab, für die das Lügen so natürlich ist wie das Atmen. Ausgerechnet jetzt trifft sie diesen Traummann, wo sie auf dem Sprung nach Düsseldorf ist!

Majas Leben wird durch ihre Facebook-Bekanntschaft Johanna durcheinandergewirbelt sowie durch etwas namens „Evelyne“. Und da ist ja auch noch Zoran, der sich von ihr nicht so einfach in die Wüste schicken lässt. Als wäre das Chaos nicht schon groß genug, kommt auch noch ein Hund dazu. Silke und Maja „erben“ den Rauhaardackel Carl.

Wird es den Freundinnen gelingen, ihr Job- und Beziehungschaos so weit zu entwirren, dass sie zusammen nach Düsseldorf gehen können? Beide wissen doch längst: Kerle kommen und gehen. Aber die beste Freundin bleibt.

Der Roman ist ein Gemeinschaftswerk zweier befreundeter Autorinnen und ist übers Internet entstanden. Silke Porath schrieb aus der Sicht von Orakel Maja, und Ulrike Renk verfasste die Kapitel aus dem Blickwinkel der Redakteurin Silke.

»Es hat uns unglaublich viel Spaß gemacht, ich habe am Rechner gesessen und auf das nächste Kapitel von Silke gewartet – dann kam es und ich hatte einen Lach-Flash nach dem anderen. Deshalb musste ich dann sofort zurückschreiben. Wir haben das Buch in vier Wochen fertiggestellt – vier Wochen voller Gekicher und Lachen.« – Ulrike Renk

Dass die beiden viel Spaß beim Schreiben hatten, das merkt man! Und dieses Vergnügen überträgt sich auf den Leser. Bei den besonders irrwitzigen Szenen – Marten und die Shitty Singers … die reale Begegnung mit Orakel-Klientin Sabine … das Karaoke-Singen mit der zickigen „Rakete“ … die sensationell peinliche Autorenlesung … die therapeutische Familienaufstellung mit den Ikea-Hockern – meint man, die Autorinnen bei der Arbeit lachen zu hören.

Natürlich erschöpft sich die Geschichte nicht in hemmungslosen Blödeleien. Es geht um (Frauen-)Freundschaft und Patchwork-Beziehungen und auch darum, was aus Kindern wird, wenn die Erwachsenen in Beziehungsproblemen versinken und den Nachwuchs aus dem Blick verlieren. Klein-Marten und Olivers verlogene Teenie-Tochter wurden sicher nicht als teuflische Terror-Blagen geboren. Die sind irgendwo unterwegs unter die Räder gekommen.

Nicht zuletzt ist das moderne Job-Nomadentum ein Thema. Selbst als gut ausgebildeter Mensch muss man heute oft seiner Arbeit hinterherziehen. Wenn Düsseldorf ruft, bleiben die Freunde in Hamburg und der Lebenspartner in Berlin zurück und jeder muss sehen, wie er damit klarkommt. Silke und Maja nehmen den alltäglichen Wahnsinn glücklicherweise mit Optimismus und Humor. Meistens jedenfalls.

Und weil es in dem Buch oft ums Kochen und Essen geht, sind im Anhang ein paar Rezepte abgedruckt – etwas aufwändigere von Kochexpertin Silke und eher einfache aus der „Faule-Weiber-Küche“ von Kochmuffel Maja.

Es soll Fortsetzungen der Geschichte geben, haben die Autorinnen in der Pressemappe des Verlags verraten. Wir dürfen gespannt sein. Bei diesem Roman-Personal könnten Irrsinn und Frohsinn noch allerhand wilde Blüten treiben.

Die Autorinnen: Silke Porath (links), Ulrike Renk (rechts). Foto: Christian Löwe. Aus der Pressemappe von Schwarzkopf & Schwarzkopf.

Die Autorinnen
Ulrike Renk
wurde 1967 in Detmold geboren, inzwischen lebt sie jedoch in Krefeld – gemeinsam mit ihren vier Kindern und einigen Haustieren. Sie ist Mitglied der 42er Autoren und hat bereits mehrere Krimis über den Kommissar Jürgen Fischer, historische Romane und Kurzgeschichten veröffentlicht.

Silke Porath, Jahrgang 1971, hat eine Tochter und drei Männer: Mit dem einen ist sie verheiratet, zwei sind ihre Söhne. Die Autorin lebt im schwäbischen Spaichingen. Sie ist ebenfalls Mitglied der 42er Autoren und hat schon mehrere Romane geschrieben. Für ihre Kurzgeschichten wurde sie bereits vielfach ausgezeichnet.

Rezensent: Edith Nebel
EdithNebel@aol.com
     
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