Beim Landeskriminalamt

Es war eine kleine Meldung in der Tageszeitung: Tag der offenen Tür beim Landeskriminalamt in Stuttgart-Bad Cannstatt. „Bis 16 Uhr können sich die Besucher bei einem Rundgang unter anderem die Arbeit der Spezialisten im kriminaltechnischen Institut informieren und Wissenswertes über Themen wie Rauschgiftkriminalität, Geldwäsche, politisch motivierte Kriminalität, Falschgeld, Waffen und Sprengstoff erfahren.“ (Esslinger Zeitung)

Bei den Unmengen von Krimis, die ich schon im TV gesehen, gelesen und besprochen habe, wäre es nicht verkehrt, sich das ganze mal in natura anzusehen, dachte ich. Mit den öffentlichen Verkehrsmitteln ist das LKA von uns aus ganz gut zu erreichen, also nichts wie hin!

Ich hätte nicht gedacht, dass sich so viele Leute für das Thema interessieren! Von über 3.000 Besuchern las man hinterher in der Zeitung. Eigentlich war’s fast schon übervoll, denn auf so einen Massenansturm ist das Gebäude ja nicht ausgerichtet. Es sind Büros , Laborräume und endlos lange Gänge, die nun von Erwachsenen und Kindern regelrecht ‚geflutet‘ wurden. Rund 1.200 Leute arbeiten da. Am Sonntag wetzten mehr als doppelt so viele durchs Haus.

Im Erdgeschoss konnte man prüfen, ob man Falschgeld von echten Banknoten unterscheiden kann. Das war auf den ersten Blick nicht einfach. Wenn man nur die Blühte sieht und keinen direkten Vergleich mit dem Original hat, hat man erst recht keine Chance mehr. Erst als ich mich daran erinnerte, dass die echten Geldscheine mit irgendwelchen erhabenen Zeichen markiert sind, damit Menschen mit Sehbehinderung sie unterscheiden können, war das Identifizieren der echten Banknoten kein Problem mehr. Diese Markierungen haben Fälscher nämlich nicht hingekriegt.

An einem präparierten Geldausgabeautomat konnte man versuchen, die Tastatur so zu betätigen, die nichts davon auf dem angeschlossenen Bildschirm erschien. Auch das war nicht einfach, denn die versteckte „Skimming“-Kamera war fast nicht zu entdecken. Was soll man abdecken, wenn man nicht weiß, wo der Spion sitzt? Erst nach längerem Suchen und Abtasten fand ich die wirklich nur stecknadelkopfgroße Öffnung fürs Objektiv. Im richtigen Leben hätte ich das sicher nicht entdeckt!

Es gab Schaukästen zu den Themen Waffen, Drogen und politisch motivierte Kriminalität. Das einzige, was ich fotografieren durfte, waren Exponate der Ausstellung „Kunstfälschungen“. Hier ist eine der angeblichen Giacometti-Plastiken, die man 2001 entdeckt hat. Gut und echt ausgeschaut haben die Dinger ja. Ich würde mir jederzeit so ein „nachempfundenes Werk“ daheim hinstellen. Wenn auch nicht zum Preis des Originals.

Auch dieser beleidigte Stuhl („Ich bin ein Exponat und kein Sitzmöbel!“) hier ist eine Fälschung:

Ein Beamter gab in der Lage- und Einsatzzentrale einen Einführungsvortrag über die Aufgaben und Zuständigkeiten des LKA. Aber wie das so ist mit Organigrammen: Es ist so lange klar, wie man es sieht. Ist die graphische Darstellung weg, ist die Information auch futsch, wenn man nicht mitgeschrieben hat.

Jan-Philipp Schütze zitiert in seinem Artikel in der Esslinger Zeitung vom 23.07.2012 den KLA-Vizepräsidenten Klaus Ziwey mit den Worten: „Wir kümmern uns vor allem um die organisierte Kriminalität und die Fälle, die ein landesweites Vorgehen nötig machen.“

In einer Informationsbroschüre des habe ich noch eine Liste mit den Ermittlungsaufgaben des LKA gefunden:

  • Bekämpfung der politisch motivierten Kriminalität
  • Bekämpfung der organisierten und grenzüberschreitenden Kriminalität
  • Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität und Korruption
  • Bekämpfung der Cyberkriminalität
  • Bekämpfung der Nuklearkriminalität
  • Bekämpfung der Computer- und Internetkriminalität

 

Die Service- und Zentralstellenaufgaben des LKA sind:

  • Vermögensabschöpfung und Finanzermittlungen
  • Internationale Zusammenarbeit
  • Gemeinsames Zentrum für Polizei- und Zollzusammenarbeit Kehl
  • Operative Fallanalyse
  • Betrieb der DNA-Datenbank
  • Zentralstelle Prävention/Jugendsachen
  • Bundesprävention (länderübergreifendes Vorbeugungsprogramm)
  • Landesprävention, Jugendsachen
  • Zentrum für Informationstechnologie der Polizei Baden-Württemberg
  • Das kriminaltechnische Institut
  • Daktyloskopie, Erkennungsdienst
  • DNA-Analytik
  • 3D-Laserscanner

 

Es gab Vorträge über Gefahren in sozialen Netzwerken, über Angriffe auf Smartphones und über BIG Rex, das Ausstiegshilfe-Programm aus dem Rechtsextremismus.

Allerhand zu sehen gab’s bei der DNA Analytik (Anschauungesmaterial und Mikroskopie), beim Thema Stromunfälle, Pyrotechnik und Brandursachen sowie bei den Form- und Schuhspuren. Es gibt tatsächlich eine Datenbank mit Abbildungen von Schuhsohlen aller Art. Damit kann man dann Schuhabdrücke vom Tatort vergleichen. Das hielt ich bislang für eine Erfindung amerikanischer Fernsehserien.

Hier durfte ich nicht fotografieren. Aber als der Journalist dieses Foto vom Beamten mit dem Schuh in der Hand schoss, stand ich direkt daneben.

Auch den 3D-Laserscanner hielt ich für ein Phantasieprodukt der Fernsehmacher. Aber auch den gibt’s tatsächlich. Mit einer Spezialkamera kann man Tatorte auf bis zu 3 mm genau abscannen und dann am Computer dreidimensional ansehen. So kann man Einschusslöcher, Blutspuren etc., im Nachhinein analysieren und den Tathergang rekonstruieren. Gezeigt wurde das unter anderem am Beispiel eines Attentats auf eine Gastwirtschaft in Esslingen. Ich erinnere mich an den Fall, weil die Wirtschaft ganz in der Nähe der Arbeitsstelle des Gatten ist. Gerne hätte ich das hier gezeigt, aber das ist leider nicht erlaubt. Schade, denn das war schon faszinierend!

Wenn ich so einen Tag der offenen Tür schon als Schülerin besucht hätte, hätte ich mir garantiert überlegt, wie ich da beruflich reinkomme. („Was hätten Sie beruflich gemacht, wenn Sie nicht in die Werbung gegangen wären?“, hat mich mal einer meiner Chefs gefragt. Ich sagte: „Rechtsmedizin!“ Und er war ziemlich schockiert.)

Im Nachhinein habe ich mitgekriegt, dass mir einige Vorführungen bzw. Präsentationen entgangen sind. Weil der 2. Stock fürs Publikum gesperrt war, habe ich nicht registriert, dass es im 3. Stock auch etwas zu sehen gab. Irgendwie habe ich in dem Gewusel den Überblick verloren. Sehr ärgerlich! Aber der Gatte hat deutlich mehr verpasst als ich. Er wollte nämlich nicht mit, und jetzt, nachdem ich dauern von Scannern und Datenbanken und Spuren fasle und auch noch ein großer Artikel über die Veranstaltung in der Zeitung erschien, stinkt ihm seine Entscheidung.

Wenn sich noch einmal eine Gelegenheit ergibt, das sich das ganze anzusehen, werden wir sie gerne nutzen.

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