Kater Louis kommt schon seit dem Kätzchenalter zu uns in die „Sommerfrische“. Wenn seine Familie verreisen muss und es keine Möglichkeit gibt, ihn in seiner häuslichen Umgebung betreuen zu lassen, macht er bei uns „Urlaub auf dem Dorf“.
Der Gast wohnt unterm Dach
Er hat schon früh beschlossen, dass er dann im Dachgeschoss wohnt. Anfangs hat ihm die „Location“ wohl gefallen, weil es nach meinem Einzug da so vollgekramt und unübersichtlich war: tausend Möglichkeiten zum Rumklettern, Reinklettern und um sich zu verstecken! Inzwischen sieht man wieder, dass das mal ein Jugendzimmer und später ein Büro war. Trotzdem hat er seine Routine beibehalten: Kaum haben seine Menschen ihn bei mir im Erdgeschoss abgegeben, flitzt er unters Dach, inspiziert alles und bettet sich dann in einem Schrank oder unter dem Tisch zur Ruhe.
Zwei Katzentoiletten stehen oben, das Futter bekommt er unterm Schreibtisch serviert, es ist also alles aufs Beste geregelt. Er muss sich nur sputen, damit er von den leckeren Speisen etwas abbekommt, bevor meine zwei Kater (Indie, Maine Coon und Joschi, Britisch Kurzhaar) ihm nennenswerte Mengen wegfressen. Sie erhalten zwar im Erdgeschoss ihr eigenes Futter – und manchmal genau das gleiche wie der Gast – aber da oben schmeckt’s offenbar besser. Das wird an der Höhenluft liegen.
Seine Ruhe will er haben!
Ich war mir nie sicher, ob es Louis wirklich bei uns gefällt. Ich sah ihn zwar manchmal in den Keller huschen, aber er hielt sich nie bei uns in der Wohnung oder im Büro auf. Er ging auch nicht auf den vernetzten Balkon. Den hat er gar nicht erst entdeckt, weil er ja immer nur im Keller oder unterm Dach war.
Wenn meine Kater mit ihm in den Keller gingen oder ihn unterm Dach besuchen kamen, war’s okay, aber er schien ihre Gesellschaft nicht zu suchen. Meine übrigens auch nicht. 😊 Wenn er mich die Treppen raufkommen hörte, verschwand er schnell unter dem Tisch. Und wenn seine Menschen ihn wieder abholen kamen, fand man ihn zuverlässig in „seinem“ Dachgeschoss-Schrank.
Wo ist er denn nur?
Bei seinem letzten Besuch war es anders. Ich konnte mir nicht erklären, wo er sich tagsüber aufhielt. Unterm Dach und im Keller habe ich jede Ecke ausgesucht, mehrfach – kein Louis. Seine Stammplätze waren unbesetzt. Er geht nicht raus, konnte also nicht weggelaufen sein. Und ab und zu sah ich auch was Flauschiges Weißes durchs Treppenhaus wuseln. Er war also da. Nur wo?
Es nahte die Stunde, da er abgeholt werden sollte. Das muss in aller Regel schnell gehen. Und ich wollte weder seinen Leuten noch mir eine stundenlange Suchaktion zumuten. Da wären wir nur alle panisch geworden, die Menschen wie die Tiere. Also musste ich selbst herausfinden, wo im Haus der Gastkater sein neues Quartier aufgeschlagen hatte.
Was sag ich seinen Menschen?
Fünfmal habe ich meine alten Knochen vom Keller bis zum Dachboden geschleppt und unter alle Regale, in jeden Karton und in sämtliche Ecken gespäht. Kein Louis! Ich habe die Tür „seines“ Schranks wagenweit aufgerissen in der Hoffnung, dass er dann reinklettert. Nichts!
Zefix, jetzt wurde aber langsam die Zeit knapp!
Spontane Eingebung
Dann hatte ich eine Eingebung: Unterm Dach hatten Louis und mein Indie ja gerne nebeneinander im Schrank geschlafen. Und Indie hat inzwischen gelernt, die Türen meiner Kleiderschränke zu öffnen. Er liegt jetzt tagsüber oft in dem Schrank, in dem meine Röcke hängen. Was, wenn der Gastkater ebenfalls …?
Vorsichtig öffnete ich die Kleiderschranktür. Tatsächlich! Rechts blinzelte mir ein verschlafener Indie entgegen und links der lang vermisste Urlaubsgast! 😀 Während ich tagelang fieberhaft nach ihm gesucht hatte, hatte er friedlich schlafend im Nebenzimmer meines Büros rumgelegen.
Ganz souverän konnte ich nun Louis‘ Menschen bei der Abholung an die richtige Stelle im Haus lotsen, wo der Kater dann in seine Transportbox expediert und wieder nach Hause gebracht wurde.
Wie kommt er nur auf die Idee?
Und jetzt frage ich mich: Wie, zum Geier, kommt der Besuchskater plötzlich auf die Idee, in den ersten Stock zu wandern und sich in meinen Kleiderschrank zu legen? Ich habe in all den Jahren nie erlebt, dass er freiwillig das Büro oder die Wohnung betreten hätte. Rennt er doch meinen Katzen hinterher, wenn ich nicht hinsehe? Oder erzählen die sich was, während sie unterm Dach zusammensitzen: „He, Alter, du musst nachher unbedingt mitkommen! Wir pennen im Kleiderschrank unter den Klamotten. Das ist echt klasse, da findet uns kein Mensch!“