Rezensenten-Schicksal: Immer im Rückstand!

Vor mehr als dreißig Jahren schickte mir ein befreundeter Zeitschriftenredakteur ein Buch zu und meinte so im Plauderton: „Schau mal rein. Was hältst denn du davon? Sollen wir das vorstellen? Und wenn du schon dabei bist: Kann es sein, dass die Ortsnamen was bedeuten? Kommt mir ein bisschen wie verhunztes Hebräisch vor.“

Das war es auch. Einen Teil konnte ich entschlüsseln. So locker, wie er die Frage gestellt hatte, verfasste ich meine ausführliche Antwort – und war wie vom Donner gerührt, als mein Text, minimal bearbeitet, in der nächsten Ausgabe der Zeitschrift als Buchtipp des Monats erschien.

Meine erste Rezension! Seitdem schreibe ich welche. Und ich bin immer rund ein Dutzend Rezensionsexemplare im Rückstand. So schnell ich auch lese und schreibe – es kommen immer ein paar mehr Bücher ins Haus, als ich abarbeiten kann.

Laptop 021

Das Büro wird auch mal ins Freie verlegt. Auch wenn der Bildschirm spiegelt wie Höllensau.

Ich mache das ja gerne, sonst würde ich es nicht tun. Es zwingt mich ja niemand. Mittlerweile sind die Buchvorstellungen ein Hobby geworden, das, zugegebenermaßen, manchmal in meinen Job hinüberschwappt. Es kann mir beruflich nicht schaden, wenn ich weiß, wer und was sich auf dem Markt so tummelt.

Ich habe meine Rezensionsplattformen und Leser, die durchaus meinen Empfehlungen folgen. Ich freue mich, wenn unterhaltsame oder informative Bücher ihr Publikum finden. Und wenn ich rechtzeitig eine Schmarrnwarnung aussprechen kann, damit niemand etwas kauft, das nix taugt.

Die Leser sind offenbar zufrieden mit meinem Service. Und die Verlage auch. Zumindest bekomme ich anstandslos meine Rezensionsexemplare, wenn ich welche anfordere. Manche größeren Verlage warten gar nicht so lange, sondern schicken mir einfach turnusmäßig ein Buchpaket. Und ich kann mir aussuchen, was ich davon besprechen möchte. Gelegentlich bekomme ich auch eine E-Mail des Inhalts: „Wir haben da was, das könnte für Ihre Tiergeschichtenseite in Frage kommen. Interesse?“

Ich bemühe mich natürlich, nicht mehr anzufordern als ich sinvollerweise lesen und besprechen kann. Ich arbeite gründlich, und das braucht seine Zeit. Manchmal ist es aber schwer zu widerstehen – es gibt einfach soooo viele vielversprechende Bücher auf dem Markt!

Da ich auch abwechseln möchte zwischen den einzelnen Genres, Autoren und Verlagen, dauert es eben manchmal, bis ich zu einem bestimmten Buch vordringe. Und ich verstehe, dass einzelne Autoren/Verlage dann schon nervös und ungeduldig werden.

Es ist wirklich nicht so, dass ich Gratisbücher abgreifen will, ohne eine Gegenleistung zu erbringen. Nach drei Jahrzehnten Verlagstätigkeit habe ich so viele Bücher im Haus, dass sie fast schon zur Plage geworden sind.

Natürlich sind Nachfragen willkommen. Nur so können Pannen ans Tageslicht kommen wie z.B. Büchersendungen, die nie bei mir eingetroffen sind. Das geschieht sehr selten, aber es ist schon vorgekommen. Ich sag‘ nur „Jan Kiekut“ und „Die Rebellin von Shanghai“. Aber ich hoffe, dass mir nie ein Autor oder Verlag eine Rechnung ins Haus schickt, nur weil ich mir der Rezension nicht schnell genug vorangekommen bin. Wie gesagt: Ich mache das alles in meiner Freizeit. Aus Spaß und freiwillig.

Rezis 018

Mein aktueller Stapel zu rezensierender Bücher.

Rezis 019

Kater Indie passt auf, dass beim Hochstapeln nix schiefgeht.

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