Geht mir fort mit Serien!

Alle Welt schaut Serien – nur ich kann mich für die meisten nicht erwärmen, weil ich bei Fernsehunterhaltung (Streaming ist hier mitgemeint) keine horizontale Erzählweise mag. Ich bin schlicht nicht in der Lage, mir jedermanns und jederfraus gesamte Vorgeschichte zu merken. Vielleicht bin ich auch nur zu bequem dazu. Das episodische Erzählen ist mir einfach lieber.

Gut, es gibt Ausnahmen: Nachdem ein paar Freunde damals ausdauernd von GAME OF THRONES geschwärmt hatten, habe ich mich davon anstecken lassen. Ich habe die Serie geliebt, obwohl ich nie den Eindruck hatte, die gefühlten hundert Nebenfiguren und deren Agenda zu durchschauen und alles Relevante auf dem Schirm zu haben. Und bei der letzten Folge dachte ich: „Ah, okay. Und dafür dieser ganze Aufriss?“ Da hätte ich dann doch noch ein paar Fragen gehabt.

Das gab’s ja schon öfter: Serien, die ganz und gar auf die Enthüllung eines bestimmten Geheimnisses zugespitzt waren. Es wurde eine mordsmäßige Erwartungshaltung aufgebaut und am Schluss machte es leise „pups“ und alle rieben sich verwundert die Augen. Nicht wenige ärgerten sich dann über die verschwendete Lebenszeit.

Wer ist wer? Ich weiß es nicht!

Die Aversion gegen Geschichten mit Vorgeschichte hatte ich, glaube ich, schon immer. Jahrelang habe ich sonntags, wann immer möglich, die ARD-Serie LINDENSTRASSE verfolgt. Aber ohne die unterhaltsame Internet-Community, mit der ich danach die Folgen durchhechelte, wäre mir der Spaß vermutlich schnell vergangen. War man nicht von Anfang an dabei oder hatte mal ein paar Folgen verpasst, taten sich wahre Wissenskrater auf und man kam nicht mehr mit. Da konnten mir die Leute aus dem Forum zum Glück schnell auf die Sprünge helfen. Mir ist es nämlich lästig, wie in der Schule erst verpassten Stoff nacharbeiten zu müssen (Mediathek) um den Ereignissen weiterhin folgen zu können. So wichtig ist mir Fernsehunterhaltung nicht. Wahrscheinlich bin ich hauptsächlich wegen der Lästerei im Forum so lange bei der Serie geblieben.

Vielleicht spielt bei meiner Serien-Inkompatibilität auch eine Rolle, dass ich nicht besonders gut darin bin, mir Gesichter zu merken. Wenn da lauter langmähnige junge Blondinen rumrennen und mehrere brünette Herren mit Dreitagebart, habe ich definitiv ein Problem: Das ist doch jetzt der Freund der Bibliothekarin, oder? Halt, nein, das ist der Cousin! Vielleicht aber auch der Immobilienmakler oder der Sheriff in Zivil. Oder doch einer der Verdächtigen? 

Handlung statt Beziehungskram

Ein paar Eckdaten merke ich mir ja gern: Die Geschichte spielt in einer Kleinstadt, X hat was mit Y, A ist eifersüchtig auf B, C neigt zu hanebüchenen Theorien und D ist eine neugierige Klatschbase und mischt sich überall ein. Damit habe ich eine gewisse Vorstellung von dem Serien-Universum und das reicht mir. Ein paar running gags nehme ich auch noch gerne mit. Den Rest des Vergnügens möchte ich dann bitte in Form einer einigermaßen schlüssigen Handlung serviert bekommen, mit einem nachvollziehbaren Ende, das man sich nicht erst erklären lassen oder am nächsten Morgen verschämt ergoogeln muss.

Ich kriege die Krise, wenn man von mir beispielsweise erwartet, dass ich Monate nach der Ausstrahlung einer Sendung noch die Beziehungskisten, Macken und Probleme kompletter Tatort-Belegschaften abrufen kann – und ihre alten Fälle noch dazu. Das überfordert mich und ist ein Grund dafür, dass ich diese Reihe kaum noch verfolge. Meine Aufmerksamkeitsspanne ist dafür einfach nicht lang und das Interesse nicht groß genug. 

Erzfeinde und offene Enden

Ich bin auch nicht begeistert, wenn in eine Serie mit normalerweise abgeschlossenen Episoden ein Erzfeind und unbezwingbarer Super-Bösewicht eingeführt wird. Ich denke dann immer: „Ach nee, die schon wieder! Fällt denen nix Neues ein?“ Wenn ich diese Nasen sehe, dann weiß ich doch schon, dass das wieder eine Folge mit einem offenen Ende wird, weil der Held den Aliens, dem verrückten Professor oder der abgefeimten Betrügerin erwiesenermaßen nicht gewachsen ist. 

Ich hab’s auch schon mit „binge watching“ probiert – habe mir also einige Serienfolgen am Stück reingezogen um am Ball zu bleiben und keine Details zu vergessen. Das klappt nur so mittelgut. Dazu habe ich nicht die Geduld. Ich renne dann mittendrin davon, mache nebenher was anderes und/oder schweife gedanklich ab.

Ich gönne allen TV-Serienfans von Herzen ihr Vergnügen – ich kann’s nur nicht teilen, weil ich dafür nicht geschaffen bin.

Nur bei Büchern gilt das nicht

Das ganze gilt seltsamerweise nicht für Buchserien. Da fräse ich mich mit Hingabe durch mehrbändige Familiensagas, bei denen im Jahresabstand ein Buch erscheint, mache mir notfalls Notizen und skizziere Stammbäume. Und das tu ich gern. 

Vielleicht macht es einen Unterschied, dass ich hier selbst das Tempo bestimmen kann, dass ich die Namen in schriftlicher Form vorliegen habe und nicht auf Gesichter angewiesen bin, die ich im Zweifelsfall nicht auseinanderhalten kann. Und: Beim Lesen bin ich konzentriert, während Fernsehen für mich mehr so ein Nebenbei-Medium ist.

Foto: StockSnap auf Pixabay / Pixabay License / pixabay.com

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