Paul Grote: Verbrannte Reben: Kriminalroman. Das große Finale der Weinkrimi-Reihe, München 2024, dtv Verlagsgesellschaft, ISBN 978-3-423-22093-4, Klappenbroschur, 448 Seiten, Format: 12,5 x 3,4 x 19 cm, Buch: EUR 13,00 (D), EUR 13,40 (A), Kindle: EUR 9,99.
„Wir brauchen eine Wildkamera. Was gegen Wildschweine hilft, ist auch gegen Schweinehunde gut.“
(Seite 241)
„Dann kauf gleich einen großen Feuerlöscher und stell ihn in die Galerie.“
„Wozu das?“
„Wer weiß, auf welche Ideen die Typen sonst noch kommen.“
Wenn der Autor sagt, dass dies der letzte Band seiner Krimireihe über „die Menschen, den Wein und das Böse“ ist, müssen wir’s leider glauben. 18 Bände gibt’s, 15 davon habe ich gelesen. Es stehen nicht in jedem Band dieselben Personen im Mittelpunkt; der Autor verwickelt immer wieder neue Wein-Experten aus deutschen und europäischen Anbauregionen in lebensgefährliche Abenteuer. Die Leute kennen einander zum Teil, und so haben die Helden des einen Weinkrimis hin und wieder Gastauftritte in einem der anderen.
Immer Ärger mit den Achenbachs
Nicht alle Helden mochte ich, manche waren mir zu großspurig, andere zu egozentrisch oder zu jammerlappig. Ich war aber immer ein Fan der Achenbachs aus der Pfalz – Vater und Sohn –, obwohl die gar nicht unbedingt als Sympathieträger angelegt sind. Erfreut habe ich festgestellt, dass sich der Abschlussband um sie dreht. Gut so! Denn da war noch seit AM FALSCHEN UFER DER RHÔNE (2017) eine wichtige Frage offen.
Doch von vorn: Philipp Achenbach (Ende 50), ehemaliger Wein-Einkäufer, betreibt seit 10 Jahren zusammen mit seinem Sohn, dem Winzer Thomas (33) und dessen Studienkollegen Manuel Stern, ein Weingut in der Pfalz. Alle drei sind gleichberechtigte Teilhaber.
Philipp ist in zweiter Ehe mit der Kunsthistorikerin Verena Baederle-Achenbach verheiratet, die in Bad Dürkheim eine kleine Galerie betreibt. Thomas führt seit ein paar Jahren eine Fernbeziehung mit der Weintechnikerin Simone Latroye, Erbin eines Weinguts in Saint Emilion/Bordeaux. Manuel dagegen fällt immer auf die falschen Frauen rein. Er mag sie aufgebrezelt und kompliziert, und dann wundert er sich …
Klimawandel und Familienzoff
Es ist nicht alles eitel Sonnenschein auf dem Weingut Achenbach-Stern. Neben den üblichen geschäftlichen Sorgen und der Frage, wie man dem offensichtlichen Klimawandel auf Dauer begegnen soll, knirscht’s auch im Familiengefüge. Thomas und seine Stiefmutter (er nennt sie tatsächlich so!) kommen nicht gut miteinander klar. Sie hält ihn für einen sturen, grantigen Besserwisser mit leichtem Hang zum Größenwahn (stimmt!), und Thomas sieht nicht ein, dass er sich um einen freundlichen Umgangston bemühen soll, wenn sie ihn sowieso nicht leiden kann. So sehr sein Vater fürchtet, dass Thomas bald zu seiner Simone nach Frankreich ziehen könnte, so sehr hofft Verena, dass er schnellstmöglich verschwindet.
Vater und Sohn Achenbach eint ein starker Gerechtigkeitssinn, eine gewisse Sturheit und eine intensive Abneigung gegenüber Polizei, Politik und Bürokratie. Dafür gibt’s Gründe. Sie haben ihre Erfahrungen gemacht. Am liebsten regeln sie ihre Angelegenheiten selbst, gern auch mit Hilfe ihres privaten Netzwerks. Die zwei kennen Gott und die Welt!
Schock: Einbruch in Verenas Galerie!
Als nach einer Vernissage in Verenas Galerie eingebrochen wird und sämtliche Kunstwerke der Malerin Waltraud Hélène Haller gestohlen werden, sehen sie wieder mal ihre Vorurteile bestätigt: Der herbeigerufene Polizeiobermeister Schleichmeier ist unmotiviert und unternimmt gar nichts.
Thomas, der von der Malerin ebenso wenig hält wie von ihren kitschigen Kunstwerken, hat eine Theorie, wie und warum die Bilder verschwunden sind, und wird von seiner Familie für seine Gehässigkeit gescholten. – Echt jetzt? Ich hab‘ dasselbe gedacht!
Sabotage auf dem Gut
Der Einbruch ist erst der Anfang. Das Weingut der Achenbachs wird in Folge von mehreren Sabotageakten heimgesucht: Ein abgeschlachtetes Schaf, eine zerstörte Bewässerungsanlage, abgeholzte Reben … und dieser Schnarchmeier von der Polizei rollt nur mit den Augen, wenn sie wieder anrufen. Das sind aber nicht die Taten jugendlicher Vandalen, da steckt System dahinter! Der nigerianische Praktikant auf dem Gut betrachtet es als Kriegserklärung – von welchem Feind auch immer.
Da könnte tatsächlich was dran sein! Aktuell haben Achenbachs zwar mit niemandem Ärger, aber als sich herausstellt, dass in der Gegend dubiose Landaufkäufer unterwegs sind, haben sie einen Verdacht: Das klingt verflixt nach den Ganoven, die vor 12 Jahren den betrügerischen Champagnerfonds aufgelegt hatten (DER CHAMPAGNERFONDS, 2010). Zumal auch dieser Schwindel hier auf europäischer Ebene abläuft, genau wie die Sache damals. Wo sind diese M*stkerle eigentlich? Sitzen die noch ein? Pascal Bellier von der Kripo in Metz, ein alter Freund, müsste das herausfinden können.
Ein hochriskanter Plan
Im Folgenden erleben wir, wie eine Handvoll Hanseln auf dem Weingut verzweifelt versucht, sich den immer rabiateren Sabotageakten der Handlanger zu erwehren, während sie den Drahtziehern eine raffinierte Falle stellen. Auch wenn sie Kommissar Pascal Bellier und Polizeimeister Voss auf ihrer Seite haben, ist das ein hochriskantes und geradezu größenwahnsinniges Unterfangen. Aber das sind Achenbachs und ihre Freunde ja schon gewöhnt.
Philipp Achenbach fühlt sich langsam zu alt für den Sch**ß und tritt zusammen mit seiner Frau den lang geplanten Urlaub an. Doch für Besuche auf verschiedenen Weingütern und den fachlichen Austausch über Sorten, Klimawandel und Bewässerung hat er derzeit keinen Kopf. Er hängt dauernd am Handy und lauert auf Nachrichten von daheim. Ich muss gestehen, dass ich die Passagen über Weinproben, Gütesiegel und Verbände auch nur überflogen habe, weil ich wissen wollte, ob es auf dem Gut weitere Sabotageakte gibt und ob die Gauner den Köder schlucken.
Die Lage spitzt sich zu
Was man auch gern wüsste: Wie hängt eigentlich die Journalistin Beatrix von Weiden mit drin? Und der Staatsekretär? Und was genau hat den Landaufkäufern der Einbruch in die Galerie gebracht? Was wollen sie mit Bildern, die allenfalls gehobenes Amateurniveau haben? Gute Frage …!
Philipps schlimme Ahnungen bewahrheiten sich: Die Lage spitzt sich zu, und in einem Luxushotel in Speyer kommt es schließlich zum Showdown …
Knorrige Helden
Knorrige, politisch nicht immer korrekte Helden, eine genaue Beobachtung der Menschen, allerhand Wissenswertes über den Wein(bau), hier insbesondere im Hinblick auf den Klimawandel, dreiste Betrügereien und ordentlich Action – ich habe die Reihe immer gern gelesen und das gilt auch für den vorliegenden Abschlussband. Gut, der untätige POM Schleichmeier ist vielleicht ein bisschen überspitzt dargestellt, um uns klarzumachen, warum Achenbachs nichts von der Polizei halten. Interessant übrigens, auf wie viele Weisen man den Namen „Schleichmeier“ verballhornen kann! 😀
Und jetzt ist Schluss!
Auch wenn man die Reihe gut kennt, muss man manchmal überlegen: Ist diese Person mit ihrer Hintergrundgeschichte jetzt wirklich wichtig für die Handlung oder ist das nur ein ehrender Gastauftritt und eine Reminiszenz an frühere Bände? Das lenkt ein wenig von der eigentlichen Story ab. Egal. Es hat noch einmal ordentlich gekracht und die meisten Fragen sind aus meiner Sicht zufriedenstellend beantwortet worden. Klar hätte man noch vieles erzählen können, aber jetzt ist eben Schluss.
Ach ja: Mit der Übersetzung der verdächtigen Internetseiten hätte sich das Team vom Weingut gar nicht so viel Mühe machen müssen. Das kann man heut‘ schnell und bequem durch ein Übersetzungsprogramm jagen. Die Textqualität hätte in diesem Fall vollauf genügt. – Und war jetzt Verena vor der Ehe mit Achenbach schon mal verheiratet oder nicht? Da widerspricht sich das Buch innerhalb von 30 Seiten …
Der Autor
Paul Grote ist Deutschlands bekanntester Weinkrimi-Autor. Als Reporter in Südamerika entdeckte er sein Interesse für Wein und Weinbau und machte ihn zu seinem Thema. Seitdem hat er die wichtigsten europäischen Weinbaugebiete bereist und 18 Weinkrimis veröffentlicht.
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Rezensentin: Edith Nebel
E-Mail: EdithNebel@aol.com
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