Claus Beese: Der perfekte Angler

Claus Beese: Der perfekte Angler – Neue Geschichten und überarbeitete Texte aus dem Klassiker „… und Petrus drückt ein Auge zu“, Goldebek 2011, Mohland Verlag D. Peters Nachf., ISBN 978-3-86675-152-1, 182 Seiten, Illustrationen von Lothar Liesmann, Format: 20,6 x 14,4 x 1,6 cm, EUR 11,00.

Was, bitte, macht einen perfekten Angler aus? Gibt es den überhaupt?
„Doch, den gibt es auf jeden Fall“, meint Petrijünger Claus in der Titelgeschichte und erklärt seinem Kumpel Joachim: „Das ist nämlich der, der die Natur beobachtet, den Lauf der Bäche und Flüsse versteht, weiß, wo sein ‚Zielfisch’ seinen Lebensraum hat und ihm dort zur rechten Tageszeit begegnet. Wenn er ihm dann noch den gewohnten Leckerbissen vor die Nase hält, wird es ein perfekter Angeltag werden.“ (Seite 114).

Ehefrauen von Anglern, die das Hobby ihres Gatten nicht teilen, hätten sicher eine ganz andere Definition parat. Für sie ist ein perfekter Angler vermutlich einer, der diese Passion spätestens dann aufgibt, wenn er Familie hat. Es kann schließlich nicht angehen, dass der Kerl nie greifbar ist, wenn es in Haus, Garten oder an der Familienfront etwas zu tun gibt, weil er gerade wieder irgendwo rumsitzt und Fische fängt. Und wenn frau dann den Nachbarsbengel zur Gartenarbeit heranzieht und ihn mit einer ausrangierten Angelrute des Gatten entlohnt, dann ist der Göttergatte auch noch sauer (EIN NETTER KLEINER KERL, Seite 93).

Sollte man’s als Frau gut meinen und Interesse am Angeln zeigen, ist es auch wieder nicht Recht. Vor allem dann nicht, wenn man mehr Fische fängt als der wesentlich sachkundigere Mann (PEINLICHKEITEN, Seite 61, NOCH MEHR PEINLICHKEITEN, Seite 75).

Angelsport ist einfach Männersache! Das haben schon die beiden Großväter des kleinen Claus so gesehen. Überglücklich über ihren ersten Enkelsohn sind sie sich erstmals in ihrem Leben in einer Sache einig: Dem Lütten da in der Wiege, dem werden sie schnellstmöglich das Fischefangen beibringen. Die beginnende Anglerkarriere des Kleinen können sie leider nur noch vom Himmel aus verfolgen (PETRUS DRÜCKT EIN AUGE ZU, Seite 9). Aber er schafft es auch ohne großväterliche Hilfe, ein gestandener Petrijünger zu werden. Wenn einem das Angeln im Blut liegt, kann man gar nicht anders!

Mit seinen Schulkameraden, und später mit seinen Kumpels Bodo und Joachim, erlebt Claus so manches Abenteuer an Teich und Fluss. Sie legen sich mit Rindviechern an (VON BULLEN UND HECHTEN, Seite 46), mit Schweinen (SCHWEINEMARATHON, Seite 65), mit merkwürdigen Gespenstern (DIE WETTE, Seite 142) und sogar mit einem Lastkahn (ERNA III, Seite 69). Ob wohl das Schuleschwänzen bei perfektem Aalwetter eine Gute Idee ist (AALFIEBER, Seite 20)? Und ist es ratsam, mit Opa Diercks und Kapitän Droste auf Hochsee-Fangfahrt zu gehen? Die Dorschfanggründe sind ein Traum, aber die Rückfahrt nach Kiel entwickelt sich zum lebensgefährlichen Albtraum (SEEMANNSBEINE, Seite 39).

Die drei Kumpels haben einen peinlichen Auftritt als DIE KATASTROPHENANGLER (Seite 131) und erleben mit, dass es gar nichts bringt, bei einer Schiffstaufe in unziemliche Hast zu verfallen (DIE SCHIFFSTAUFE, Seite 136). REIHERS ERSTE FANGFAHRT (Seite 156) versinkt im Chaos, Schlosser Karl versinkt dabei im Schlamm – und der Leser hat ordentlich was zu lachen.

Besinnlich statt komisch geht es in den beiden Weihnachtsgeschichten zu. In DIE ZWEI HEINRICHS (Seite 166) erfahren wir, warum es kein guter Einfall ist, Kindern dem Weihnachtskarpfen in der Badewanne einen Namen geben zu lassen. DIE WEIHNACHTSFEE (Seite 171) begegnet dem Witwer Hermann Klaasen, als er sich an Heiligabend mit seinem frisch gefangenen Weihnachtskarpfen im Schneegestöber verirrt. Dabei hat Hermann mit Weihnachten eigentlich gar nichts am Hut …

Und haben wir nicht eingangs festgestellt, dass Frauen gemeinhin nicht davon begeistert sind, dass ihre Männer zum Angeln gehen? Wenn also eine Ehefrau ihren Mann auf einmal vehement dazu ermutigt, dann stimmt etwas nicht (REINE NERVENSACHE, Seite 177). Aber was? Claus ist wild entschlossen, es herauszufinden …

Hier ist nur gut die Hälfte der 29 Geschichten kurz angerissen. Sie alle vorzustellen würde den Rahmen dieses Textes sprengen. Auf jeden Fall sorgt die abwechslungsreiche Mischung der humorvoll und selbstironisch erzählten Kurzgeschichten nicht nur bei passionierten Anglern für gute Laune. Auch das mehr oder weniger geneigte familiäre Umfeld wird sich in so mancher Situation wieder erkennen. Lothar Liesmanns wunderbar witzige Illustrationen tun dazu ihr übriges.

Zum Abbau von Vorurteilen dürfte diese unterhaltsame Lektüre überdies beitragen, genießt doch das Angeln bei ahnungslosen Mitmenschen den Ruf, eine stinkfade Angelegenheit zu sein. Wie aber könnte eine Freizeitgestaltung langweilen, über die man so viele interessante und amüsante Geschichten erzählen kann? Und die selbst im Himmel ihre Freunde und Fürsprecher hat …?

Rezensent: Edith Nebel
EdithNebel@aol.com
     
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