Rudolf Jagusch: Eifelbaron – Eifel-Krimi

Rudolf Jagusch: Eifelbaron – Eifel-Krimi, Köln 2011, Emons-Verlag, ISBN 978-3-89705-884-2, Softcover, 318 Seiten, Format 15,5 x 20,5 x 2,3 cm, EUR 10,90 (D), EUR 11,20 (A)

„Eine verfallene Burg im Wald“, nahm Fischbach den Faden auf, „und ein religiöses Gebäude. Ein todkranker Geschäftsmann und ein Sterbehelfer.“ Er seufzte. „Sollten die Fälle zusammenhängen, bin ich gespannt, wie.“ (Seite 238)

Ausgerechnet auf der Feier zum 25-jährigen Firmenjubiläum lässt Fabrikant Bruce Baron die Bombe platzen: Er ist pleite! Wenn der Insolvenzverwalter keine Wunder bewirkt, stehen seine Mitarbeiter auf der Straße. In die Röhre schaut nun auch der halbseidene Gastronom Karlo Nettersheim, der Baron für die aufwändige Jubiläumsfeier Kredit gewährt hat.

Am nächsten Morgen findet ein Förster im Wald von Mechernich Barons schlimm zugerichtete Leiche. Dem Mann wurde buchstäblich der Kopf weggeschossen. Selbstmord oder Mord? Diese Frage muss die neu eingerichtete Mordkommission von Euskirchen unter der Leitung von Kriminalhauptkommissar Horst „Hotte“ Fischbach klären.

Das Ermittlerteam muss sich in dieser Konstellation erst einmal zusammenraufen. Horst Fischbach und die Kollegen Andrea Lindenlaub, der kettenrauchende Guido Büscheler und der kahlköpfige Kriminaltechniker Heinz Feuersänger kennen einander schon. Neu im Team sind die junge Computerexpertin Bianca Willms und Jan Welscher, der gottfroh war, als er nach dem Abitur seinem Eifelkaff entrinnen und in Köln leben und arbeiten konnte. Über seine Versetzung in die alte Heimat ist er alles andere als glücklich und will auch so schnell wie möglich wieder weg. Warum er sich so anstellt, ist seinen neuen Kollegen ein Rätsel, und sie haken ihn als komischen Heiligen ab, der zwar einen guten Job macht, aber allerhand merkwürdige Marotten pflegt.

Marotten haben seine Euskirchener Kollegen allerdings auch. Heinz Feuersängers Erklärungen folgen stets einer bestimmten Dramaturgie und Hotte Fischbach fährt bei Wind und Wetter mit seiner Harley. Er muss so eine Art Autofahr-Phobie haben, die möglicherweise mit dem schweren Unfall zusammenhängt, den er vor ein paar Jahren gehabt hat. Er spricht nicht darüber, und so ist man als Leser in derselben Position wie Jan Welscher: Man kann nur spekulieren. Wie Fischbachs erste Frau und seine Tochter aus seinem Leben verschwunden sind, ist ebenfalls nicht ganz klar. Die herzliche, häusliche und bodenständige Sigrid jedenfalls ist Hottes Ehefrau Nummer 2.

Doch für persönliche Probleme und Befindlichkeiten bleibt sowieso nicht viel Zeit. Der Todesfall des Herrn Baron entpuppt sich als Mord. Von der Waffe keine Spur. Verdächtige gibt es jede Menge, denn der Unternehmer war nicht gerade ein Vorbild an Anstand und Charakter.

Eine Überraschung bietet die Obduktion: Bruce Baron war sterbenskrank und hätte nur noch wenige Wochen zu leben gehabt. Wem ging es da nicht schnell genug?

Die Mordkommission durchleuchtet Bruce Barons Leben auf das Gründlichste. Seine Freunde und Mitarbeiter werden befragt, Geschäftspartner, Ärzte, ein umstrittener Sterbehilfe-Guru, diverse abgelegte Geliebte, eine Klosterschwester und ein pampiger Gymnasiast, der sich mit seinen Gothic-Kumpels gerne nachts in der Gegend des Tatorts herumtreibt – doch alles ohne brauchbares Ergebnis.

Da geschieht ein weiterer Mord. Und es wäre ein Wunder, wenn der nicht mit dem Tod von Bruce Baron zusammenhinge. Erst auf der Beerdigung eines der Opfer erscheint eine Zeugenaussage auf einmal in ganz neuem Licht. Doch was wirklich geschehen ist, das übertrifft selbst die kühnsten Arbeitshypothesen der Mordkommission …

Fast noch spannender als die Frage, wer Bruce Baron erschossen hat, ist die Frage, was eigentlich Fischbach und Welscher zu verbergen versuchen. Die Jungs aus der Eifel tragen ihr Herz nicht gerade auf der Zunge, und so kommt man als Leser schwer ins Grübeln. Jan Welschers Geheimnis kann man noch erraten. Was Horst Fischbach traumatisiert hat, kann man nur erahnen. Vielleicht ist er ja als Serienheld angelegt und verrät uns seine Geschichte in einem späteren Band.

So blutig, ernst und dramatisch die Geschehnisse auch sind – dies ist zum Glück keiner von den Krimis, die einen deprimiert zurücklassen! Dazu sind die Ermittler zu eigenwillig und die Nebenfiguren zu skurril. Es gibt immer wieder Grins- und Schmunzelmomente. Dafür sorgen beispielsweise eine motorradbegeisterte Nonne mit ihrem grenzenlos naiven Geschwätz und Fischbachs Mutter, die es faustdick hinter den Ohren hat – wobei man heute bei Frauen von plus-minus siebzig nicht mehr unbedingt an alte Mütterchen im Seniorenstift denkt, sondern eher an flotte Damen wie Senta Berger, Christiane Hörbiger, Jane Fonda oder Joan Baez. Welschers verzweifelte Versuche, Fischbachs Computerpasswort zu knacken, um eine verrückte Wette zu gewinnen, sind genauso amüsant wie das eine oder andere Original aus Gastronomie und Nachbarschaft. Auch die „indische Hochzeit“ sorgt für Heiterkeit, und man würde als Leser zu gerne Bilder davon sehen …

Über das Lokalkolorit kann sich die Rezensentin kein Urteil erlauben, weil sie die Eifel nur besuchsweise kennt. Spannend und unterhaltsam ist der Krimi jedenfalls auch für Leser von außerhalb. Wer die literarischen Leichen vor die eigene Haustür gelegt bekommt und die Orte des Geschehens aus eigener Anschauung kennt, der hat natürlich einen ganz anderen Bezug zu der Geschichte. Da wirkt so ein Krimi gleich viel realer als wenn er sonstwo auf der Welt spielt. Nicht von ungefähr sind Regionalkrimis so beliebt.

Fischbach und sein bunt gemischtes Ermittlerteam von der Mordkommission Euskirchen können gerne in Serie gehen. Sie machen ihre Sache gut. Und wir möchten jetzt bitte alles wissen – über Welschers Beziehungsdrama und über Fischbachs Vergangenheit!

Der Autor
Rudolf Jagusch, geboren 1967 in Bergisch Gladbach, arbeitet als Diplomverwaltungswirt in Köln. Er lebt mit seiner Familie in Bornheim im Vorgebirge.

Rezensent: Edith Nebel
EdithNebel@aol.com
     
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