Heike Abidi: Dancing Girls, Band 2 – Ida springt über ihren Schatten (8 – 10 Jahre)

Heike Abidi: Dancing Girls, Band 2 – Ida springt über ihren Schatten (8 – 10 Jahre), Münster 2016, Coppenrath-Verlag, ISBN: 978-3-649-66689-9, Hardcover, 125 Seiten mit Illustrationen von Lisa Hänsch, Format: 14,1 x 1,7 x 20,5 cm, EUR 8,99 (D). EUR 9,30 (A).

Abbildung: (c) Coppenrath Verlag
Abbildung: (c) Coppenrath Verlag

Erst vor einigen Wochen hat sich die Tanzgruppe „Dancing Girls“ formiert. In einem Tanzworkshop haben sich die zehnjährigen Mädchen Ida May (klassisches Ballett), Charlotte Westermann (Stepptanz), Yasmin Önal (orientalischer Tanz) und Emily Falk (Streetdance) kennengelernt und treten nun mit selbst kreierten Choreographien auf.

Vier Mädchen, vier Tanzstile, vier Meinungen


Das bei den unterschiedlichen Temperamenten, Vorgeschichten und Musikvorlieben nicht immer alle einer Meinung sein können, liegt auf der Hand. Und da gibt es ja auch noch ein Leben jenseits des Tanzes, das manchmal ganz schön stressig sein kann. Ida, die von einer Karriere als Ballerina träumt, belastet der anstehende Umzug in ein neues Haus und die Tatsache, dass sie in Mathe so schlecht steht, dass sie ihren Eltern – einem Lehrer-Ehepaar – hoch und heilig versprechen musste, jetzt in den Sommerferien jeden Tag eine Stunde zu lernen. Ihr bester Kumpel Rufus hat ihr extra ein Übungsbuch dagelassen, bevor er verreist ist. Wenn er doch nur selber da wäre! Er kann so gut erklären! So verstaubt das Mathebuch in der Ecke …

Ein weiteres Problem ist, dass Ida so schnell wächst, dass ihr Körpergefühl nicht so recht mitkommt. Tanzübungen, die ihr bis vor kurzem noch gelungen sind, kriegt sie derzeit einfach nicht hin. Und was, wenn sie so baumlang wird wie ihre Eltern? Für so große Ballett-Tänzerinnen gibt es keine Partner. Wird sie ihren Karrierewunsch aufgeben müssen?

Eine Ballerina tanzt nicht in einer Dönerbude


Und dann haben die Mädels ja vor den Ferien auch noch ausgemacht, bei der Entrümplung und Renovierung des kleinen Spiegelsaals in der Tanzschule von Emilys Eltern zu helfen. Im Gegenzug dürfen sie den Raum dann für ihre Proben nutzen. Aber zum Ausmisten, Streichen und Putzen hat Ida keine Lust. Noch schlimmer ist allerdings die Auftrittsmöglichkeit, die Yasmin an Land gezogen hat: Zu der Musik eines türkischen Popstars sollen die „Dancing Girls“ bei der Eröffnung eines türkischen Restaurants auftreten. Da kommen bei Ida Vorurteile ans Licht, von denen sie gar nicht wusste, dass sie sie hat: Igitt! Eine künftige Ballerina tanzt doch nicht zu Türk-Pop-Gedudel in einer Dönerbude!

Diese Aussicht ist ihr so zuwider, dass sie allen Ernstes erwägt, das Tanzen ganz aufzugeben und stattdessen mit Basketball zu beginnen. Idas Mutter wäscht ihrer Tochter aber ordentlich den Kopf:
„Ich finde dein Verhalten ganz schön egoistisch“, sagt sie zu ihr. „Ihr seid schließlich keine Solisten, sondern eine Gruppe. Schon mal was von Teamgeist gehört?“ (Seite 72) Und sie macht Ida klar, dass man manchmal auch Dinge tun muss, die einem nicht so schmecken, wenn man Teil einer Gruppe sein will.

Siegt Idas Eigensinn oder doch ihre Loyalität und ihre Tanzbegeisterung?
Wenn sie wüsste, was sie alles verpasst, wenn sie jetzt aussteigt, würde sie nicht mal im Traum daran denken …

Es geht nicht immer nach Idas Kopf


Stand im ersten Band die Stepptänzerin Charlotte im Mittelpunkt, die lernen musste, das sie nicht immer und überall den Ton angeben kann, ist dieses Mal Balletttänzerin Ida die Heldin. Ihre Lektion ist, dass man zum Wohle Gemeinschaft manchmal die eigenen Interessen hintanstellen muss. Dass es da auch Grenzen gibt und man sich nicht zu Dingen zwingen oder überreden lassen darf, die Unrecht sind und sich mit dem eigenen Gewissen nicht vereinbaren lassen, klingt in dem Mutter-Tochter-Gespräch ebenfalls an. (Seite 70). Aber die Dancing Girls verlangen ja nichts Unrechtes von Ida.

Wie gegenstandslos und albern ihre Vorurteile gegenüber Yasmins Familie waren, merkt sie zum Glück irgendwann selber. Vorurteile vertun sich ja meist dann, wenn man Menschen oder Situationen näher kennenlernt.

Die temperamentvollen Freundinnen mit ihren lebensnahen und altersgerechten Problemen sind so unterhaltsam und sympathisch, dass nicht nur tanzbegeisterte Leserinnen sie ins Herz schließen werden.

Ich gehe davon aus, dass noch weitere Abenteuer auf die vier warten, dass jedes Buch aus der Perspektive eines anderen Mädchens erzählt wird und dass jeweils ein anderes Problem des Erwachsenwerdens im Fokus steht.

Unter den vier Dancing-Girls habe ich bis jetzt noch keine ausgemachte Favoritin. Aber vom Familienanhang her gefällt mir die geschäftige Sippe der Önals bisher am besten. Die machen alles mit einer solchen Energie und Begeisterung, dass es wirklich ansteckend ist.

Die Autorin
Heike Abidi, Jahrgang 1965, ist studierte Sprachwissenschaftlerin. Sie lebt mit Mann, Sohn und Hund in der Pfalz bei Kaiserslautern, wo sie als freiberufliche Werbetexterin und Autorin arbeitet. Heike Abidi schreibt vor allem Unterhaltungsromane für Erwachsene sowie Jugendliche und Kinder. Sie veröffentlicht auch unter dem Pseudonym Emma Conrad und – zusammen mit der Co-Autorin Tanja Janz – unter den gemeinsamen Pseudonymen Jana Fuchs sowie Maya Seidensticker. Mehr über die Autorin hier: www.abidibooks.de

Die Illustratorin
Lisa Hänsch, Jahrgang 1988, studierte an der FH Münster Design&Illustration. Nach ihrem Studium zog Sie nach Köln um beim Trickfilm zu arbeiten. Sie zeichnet für ihr Leben gern Bilder für Kinder- und Jugendbücher, und manchmal zeichnet sie auch heimlich Leute in der U-Bahn. Sie wohnt mit ihrem Freund, und ihrem Hund auf einem Hof zwischen Köln und Bonn. Mehr über die Illustratorin hier: www.lisahaensch.net.

Rezensent: Edith Nebel
EdithNebel@aol.com

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