Deborah Wilde: Jezebel Files, Band 2, Todesengel lügen nicht

Deborah Wilde: Jezebel Files, Band 2, Todesengel lügen nicht. Urban Fantasy, OT: Death & Desire, übersetzt von Julia Schwenk, Steinbach-Hallenberg 2022, Second Chances Verlag, ISBN  978-3-96698-716-5, Klappenbroschur, 412 Seiten, Format: 13,2 x 3,4 x 20,3 cm, Buch: EUR 18,00, Kindle: EUR 6,99. 

Abb.: (c) Second Chances Verlag

„Ich hatte so gehofft, dass diese Magiesache rein zufällig passiert ist, weißt du? Also dass ich Trägerin eines rezessiven Gens bin, das aktiviert wurde, und plötzlich eröffnet sich mir eine berufliche Welt, von der ich vorher nicht mal zu träumen gewagt habe. Dann finde ich heraus, […] dass meine Kräfte einem bestimmten Zweck dienen. […] Ich will das nicht. Ich will die Wahl haben.“ 

Seite 137

Vancouver, Kanada: Ashira „Ash“ Cohen, Ende 20, hat sich bis vor kurzem noch für eine Weltige gehalten – also für jemanden, der keinerlei magische Kräfte besitzt. Nach einem Unfall werden ihre Kräfte überraschend aktiviert, und jetzt ist sie eine Nefesh, eine Magierin, die ihre neu entdeckte Blutmagie nur noch nicht so richtig steuern kann. 

Magischer Karriereschub

Beruflich läuft es für sie super. Als (unregistrierte) Nefesh bekommt die junge Privatdetektivin jetzt deutlich interessantere Fälle als vorher. Auch ihre Beziehung zu Jugendfeind Levi Montefiore, dem attraktiven Oberhaupt des Hauses Pacifica, in dem die Nefesh von Vancouver organisiert sind, verändert sich. Sie hassen und misstrauen einander seit ihrer Kindheit, gehen aber trotzdem gelegentlich miteinander ins Bett. Feinde mit bestimmten Vorzügen! 😀 Als sie noch eine Weltige war, hat er sie aber nie für voll genommen. Jetzt arbeitet sie für ihn. Eine Privatdetektivin, von der nicht allgemein bekannt ist, dass sie magische Kräfte besitzt, ist für seine Zwecke ideal.

Engel gibt es nicht

Und was sie auf einmal für Fälle kriegt! Ein maskierter Todesengel – so richtig mit langem Gewand und voll funktionsfähigen Flügeln – hat den ägyptischen Sicherheitsexperten Omar Tannous angegriffen. Ash soll den Mord aufklären. Moment … Mord? Auch wenn es zunächst nicht den Anschein hat, lebt der Mann noch. In seinem Rachen steckt ein uraltes magisches Artefakt: eine Feder. Als die entfernt ist, geht der Zirkus erst richtig los: Alle möglichen Gestalten sind hinter dieser Feder her, deren magische Kräfte mit nichts Bekanntem vergleichbar sind. 

Ashs Auftraggeber will wissen, wer Omar Tannous das angetan hat und was es mit dem Engel und seinen mysteriösen Kräften auf sich hat. Es gibt nämlich keine Engel, auch nicht in dieser magischen Welt. Wer kann eine solche Illusion erschaffen? Ash kennt da nur einen: Levi Montefiore!

Befehl der Herzkönigin

Jetzt mischt sich auch noch die Herzkönigin ein, die gefährliche Chefin des magischen Schwarzmarkts von Hedon. Warum ist es ihr so wichtig, dass der weltige Omar die jüdische Nefesh Shannon Dershowitz heiratet– in Hedon? Und dass dabei alle Verwandten der Braut anwesend sind? Der Fall „Todesengel“ muss auf unbedingt bis zur Hochzeit aufgeklärt sein, verlangt die Herzkönigin. Nichts darf die Hochzeitsfeier gefährden. Ash soll das bewerkstelligen. Und wenn sie es nicht schafft …? Nun, sie wird es schaffen müssen. Denn wer möchte schon als versteinerte Statue im Garten der Herzkönigin landen oder die Magie weggenommen bekommen? Ash jedenfalls hängt an ihrem Leben – und auch an ihrer Magie, obwohl sie sie erst seit kurzem hat.

Was sie jetzt binnen weniger Tage herausfinden muss, ist Ash klar: Wer oder was steckt hinter dem Todesengel und der seltsamen Magie der alten Feder? Wer will aus welchen Gründen Omar Tannous ans Leder? Und wie kann das verhindert werden?

Noch schnell die Welt retten

Das ist aber nur ein Bruchteil der Probleme, die sie an der Backe hat. Sie weiß immer noch nicht, welcher Natur genau ihre eigene Magie ist, nur, dass sie damit zu den Jezebels gehört, die irgendwie die Welt vor Chariot retten müssen. Obwohl es sich immer so anhört, als sei Chariot eine Einzelperson, dürfte es sich dabei um eine Geheimorganisation mit finsteren Zielen handeln.

Die einzige andere Jezebel, der Ash je begegnet ist, ist kurz darauf eines gewaltsamen Todes gestorben. Wie soll Ash jetzt die übrigen finden? Sie wird doch nicht die Welt im Alleingang retten müssen, oder? ODER?! – Der Ziehbruder der ermordeten Jezebel wüsste sicher mehr darüber. Aber er rührt keinen Finger, um Ash zu helfen. Ganz im Gegenteil! – Warum eigentlich?

Ein paar recht bodenständige Schwierigkeiten hat Ash obendrein: Das komplizierte Verhältnis zu ihrer Mutter – der weltigen, magiefeindlichen Politikerin Talia – und das Trauma, das das spurlose Verschwinden ihres Vaters hinterlassen hat, als Ash noch ein Teenager war. Daraus resultiert sicher ihr Unvermögen, anderen Menschen zu vertrauen. Einzig ihre Mitbewohnerin, die IT-Spezialistin Priya, genießt dieses Privileg. Ihrem Gelegenheitslover Levi traut sie nicht über den Weg und hält ihn auf Distanz. Was vielleicht besser ist für ihn.

Windungen und Wendungen

Die Handlung windet sich wie ein Korkenzieher: Immer, wenn man glaubt, man habe begriffen, wie diese Welt funktioniert und was die einzelnen Leute im Schilde führen, geschieht etwas völlig Unerwartetes. Da bei Fantasy alles Mögliche und Unmögliche passieren kann, ist Mit- und Vorausdenken zwecklos. Da ich – zumindest als Leserin – genau so ein Kontrollfreak bin wie die misanthropische Heldin, habe ich nicht klein beigegeben und verzweifelt darum gerungen, den Überblick zu behalten. Nicht immer mit Erfolg.

Ich habe versucht, mich an den hebräischen Eigennamen zu orientieren und an den Hinweisen auf die jüdische Mythologie. Es wird schon seinen Grund haben, warum in der Geschichte zehn jüdische Männer vor ein paar Jahrhunderten die Magie in die Welt gebracht haben und Ashira, die nach der alten phönizischen Göttin Aschera benannt ist, das jetzt wieder ausbügeln soll – mit Jezebel-Kräften. 

Rückkehr zur alten Ordnung?

Jezebel (Isebel) war im Alten Testament die Frau des israelitischen Königs Ahab und hat nicht JHWH, sondern den Gott Baal verehrt. Das ist ihr nicht gut bekommen, aber das ist wieder eine andere Geschichte. Es ergäbe für mich Sinn, dass jetzt Frauen, die mit alten Gottheiten in Verbindung zu bringen sind, die ursprüngliche Ordnung wiederherstellen sollen. Das Ziel wäre meines Erachtens eine Welt ohne Magie. Das wäre zwar schade, ich kann mir aber nicht vorstellen, worauf die Story sonst hinauslaufen sollte. Aber gut – es kommen ja noch zwei Bände.

Ich mag die Figuren, allen voran die zynische, menschenfeindliche Ash mit all ihren Macken und Problemen. Auch die schrägen Nebenfiguren sind klasse. Alle! Ich habe nur manchmal Schwierigkeiten, die Personalfülle in Schach zu halten und der wilden Handlung zu folgen. Vielleicht sollte man die vier Bände hintereinanderweg lesen. Wenn zwischen den einzelnen Büchern ein Jahr oder mehr vergeht, vergisst man zu viele Details und Zusammenhänge und muss erst mühsam rekonstruieren: „Ach so, der kann dies und die plant das …“

Nicht jugendfrei!

Ich würde daher nicht empfehlen, bei Band 2 anzufangen. Den ersten sollte man schon gelesen haben, um überhaupt mitzukommen. Ach ja … auch wenn man bei Urban Fantasy gern mal an Jugendbücher denkt: Diese Serie ist nicht jugendfrei. S*x wird hier nicht diskret angedeutet, sondern ausführlich beschrieben. Ich wollte es nur gesagt haben.

Die Autorin

Deborah Wilde ist Weltenbummlerin, ehemalige Drehbuchautorin und Zynikerin durch und durch. Sie schreibt mit Vorliebe witzige Romane für Frauen in den Genres Urban Fantasy und Paranormal Romance. In ihren Geschichten geht es um selbstbewusste, toughe Frauen, starke weibliche Freundschaften und Romantik mit einer Prise Charme und Feuer. Sie mag Happy Ends, und es ist ihr wichtig, dass auch der Weg dorthin ihre Leser*innen zum Lachen bringt. Deborah Wilde lebt in Vancouver, zusammen mit ihrem Mann, ihrer Tochter und ihrer überaus eigenwilligen Katze Abra.

Die Übersetzerin

Julia Schwenk lebt mit einem bunten Heimtierzoo in ihrem heiß geliebten Zimmerpflanzendschungel im süddeutschen Land der Kühe und grünen Wiesen. Sprache ist ihre große Leidenschaft, die sie als Verlegerin und Übersetzerin zum Beruf gemacht hat. Wenn sie nicht gerade wie Gollum auf ihrer Couch über dem Arbeits-Netbook kauert, macht sie Handarbeitsforen unsicher, schaut YouTube leer oder plant die Übernahme der Weltherrschaft – und ist dabei immer auf der Jagd nach dem nächsten spannenden Projekt.

Rezensentin: Edith Nebel
E-Mail: EdithNebel@aol.com
www.boxmail.de

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