Lisa Kaltenegger: Alien Earths. Auf der Suche nach neuen Planeten und außerirdischem Leben

Dr. Lisa Kaltenegger: Alien Earths. Auf der Suche nach neuen Planeten und außerirdischem Leben, OT: Alien Earths. The New Science of Planet Hunting in the Cosmos, aus dem Englischen von Gisela Fichtl, München 2024, Droemer Verlag, ISBN 978-3-426-2842-4, Hardcover mit Schutzumschlag, 299 Seiten mit s/w Illustrationen von Peyton Stark, Format: 13,2 x 2,62 x 20,9 cm, Buch: EUR 24,00 (D), EUR 24,70 (A), Kindle: EUR 20,99, auch als Hörbuch lieferbar.

Abb.: (c) Droemer

„Indem wir sorgfältig simulieren, wie die große Bandbreite erdähnlicher Welten mit und ohne Leben durch unsere Teleskope aussehen könnte, können wir […] falsch positive Signale entdecken und kritisch hinterfragen, welchen Zeichen wir vertrauen dürfen und welchen wir mit Vorsicht begegnen sollten. […] Eine Atmosphäre mit einer Kombination aus Sauerstoff und Methan auf einem Planeten, der in der habitablen Zone seines Sterns liegt, ist bis jetzt unsere beste Chance auf Lebensspuren im All […]. “ 

(Seite 165/166)

Wenn es so unfassbar viele Sterne im Weltall gibt, die jeweils von mehreren Planeten umkreist werden, von denen etliche noch ein paar Monde haben, ist es doch eher unwahrscheinlich, dass nur auf der Erde Leben existiert. 

Wenn es aber irgendwo da draußen intelligente und technisch versierte Aliens gibt, wieso haben die noch nie mit uns Kontakt aufgenommen? Können sie nicht? Wollen sie nicht? Sind wir ihnen nicht der Mühe wert? Oder haben wir uns verpasst, weil deren Zivilisation längst untergegangen ist oder sich erst noch entwickelt? Können wir schlicht nicht miteinander kommunizieren? Man braucht sich ja nur auf der Erde umzusehen: Quallen oder Ameisen sind auch „Leben“, aber wir Menschen können uns nicht mit ihnen unterhalten. Oder ist es gar nicht so kompliziert, und die Aliens sind einfach zu weit weg?

Fragen wie diese haben die Autorin schon als Kind beschäftigt. Allen Warnungen zum Trotz, wie schwierig und „langweilig“ das sei, hat sie sich in der Schule für Naturwissenschaften interessiert und später in Graz Technische Physik und Astronomie studiert. Heute leitet sie das interdisziplinäre Carl Sagan Institut an der Cornell University in den USA. Das hat sie mitbegründet und dort arbeitet sie mit Forschenden aus den Bereichen Biologie, Geologie und dem Ingenieurswesen daran, auf fernen Planeten Leben zu identifizieren.

Also: Wer oder was ist jetzt da draußen? Wo und wie finden wir das außerirdische Leben, wenn es denn existiert? In unserem Sonnensystem gibt’s vielleicht Spuren von Leben auf dem Mars und auf dem ein oder anderen Mond, aber wirklich habitabel (bewohnbar) ist nur die Erde. Auf den anderen Planeten ist es entweder zu heiß oder zu kalt oder die Oberfläche ist gasförmig oder sonstwie ungastlich. Besonders fasziniert mich die Vorstellung, dass der Saturn die Dichte von Zuckerwatte hat. Jetzt stelle ich mir die ganze Zeit vor, wie Astronauten durch so eine klebrig-süße faserige Masse waten. 😊 So war’s natürlich nicht gemeint, aber die Vorstellung amüsiert mich.

Lisa Kaltenegger arbeitet viel mit anschaulichen Beispielen und Vergleichen. Sonst wäre man als Laie aufgeschmissen. Physik, Chemie, Biologie, Geologie, da kommt man ja noch mit. Aber Astronomie? Das ist für mich eine abstrakte Geschichte mit unvorstellbar großen Zahlen.

Schnell wird klar: In unserer „unmittelbaren“ Nähe ist nicht mit intelligentem außerirdischen Leben zu rechnen. Bewohnbare Planeten gibt’s allenfalls in einer so großen Entfernung, dass wir da nicht hinreisen können. Also müssen wir aus der Distanz abschätzen, wo es Leben geben kann. Wobei es gar nicht so einfach ist, zu definieren, was „Leben“ überhaupt bedeutet.

Was einen habitablen Planeten kennzeichnet, ist dagegen klar:

  • Es muss ein Felsenplanet sein.
  • Er braucht Energie. Er muss einen Stern umkreisen, der bestimmte Voraussetzungen erfüllt – und das im richtigen Abstand. Sonst wird’s, wie gesagt, schnell zu heiß oder zu kalt.
  • Der Planet braucht eine Atmosphäre. 
  • Wasser ist gleichfalls unabdingbar.

Wenn wir jetzt irgendwelche Sonden und Teleskope ins Weltall schicken, wonach genau sollen sie Ausschau halten? Sie dürfen sich nicht nur nach einer „modernen Erde“ umsehen. Leben ist vielfältig. Da muss man viele Möglichkeiten und Entwicklungsstadien einer Welt berücksichtigen, damit man nichts Wichtiges übersieht. Nur nach grünen Pflanzen zu suchen, wäre ein bisschen zu kurz gesprungen. 

Auch die Erde hat ja mal mit einfacheren Lebensformen angefangen. Und auf Exoplaneten kann es genauso sein. Lisa Kaltenegger und ihr Team von Forschenden haben also rund um den Globus farbige Organismen eingesammelt und deren „Lichtfingerabdruck“ gemessen. Damit erfassen sie deren „kosmische Porträts“, damit sie sie auf ihrer Suche mit Teleskopen auch auf anderen Welten aufspüren können.

Die Frage ist, in welchen fremdartigen Konzepten man hier denken können muss. Auf der Erde besteht das Leben erstaunlicherweise nur aus 24 der etwa 100 bekannten Elemente. Alle Proteine in lebenden Organismen bestehen aus denselben 22 Aminosäuren, obwohl es hunderte von anderen Möglichkeiten gäbe. Und alle Organismen verwenden DNA oder RNA. Hat sich das nur zufällig durchgesetzt oder wäre das auf anderen Planeten auch so? Sind diese Kombinationen für Leben entscheidend oder geht es auch ganz anders?

Ob wir allein sind im Universum oder ob wir lebendige Gesellschaft haben, wie auch immer die aussehen mag, das kann uns die Autorin nicht beantworten. Aber wie wir danach suchen müssen, das erklärt sie uns sehr anschaulich. Man merkt ihr die Begeisterung für ihr Fachgebiet an. Und so fad und nerdig kann es auch gar nicht sein, wie viele glauben möchten, wenn man auf Kongressen Leute trifft wie Brian May, den Gitarristen von Queen. (Der ist ja auch Astrophysiker.)

Ich fand das Buch informativ, unterhaltsam und spannend. Was es nicht alles zu entdecken gibt! Planeten, die sich um zwei Sonnen drehen, solche, die aus ihrer Laufbahn geworfen wurden und nun ganz ohne Stern einsam durch das Weltall wandern und solche, auf denen es Steine regnet. Das mit den zwei Sonnen klingt ja toll, aber die anderen … ? Nein, da wollen wir nicht hin! 

Anspruchsvoll ist die Lektüre schon, zumindest für einen Laien wie mich. Wenn man verstehen möchte, was Lisa Kaltenegger uns vermitteln will, huscht man da nicht mal eben drüber wie über einen Unterhaltungsroman. Und ich gestehe, dass ich beim Thema „Neutronensterne“ und „Pulsare“ die Waffen gestreckt habe. Das war mir zu hoch.

Normalerweise mag ich es nicht, wenn ein Sachbuchautor geistige „Exkurse“ vornimmt und von seinem eigentlichen Thema abschweift. Hier geschieht das zurückhaltend und wohldosiert. Es bietet eine willkommene Atempause von den vielen harten Fakten, wenn die Autorin mal kurz von einer Veranstaltung berichtet, von der Science-Fiction-Begeisterung ihrer Kolleg:innen erzählt oder durchblicken lässt, dass es auch unter Astronomen noch Leute mit steinzeitlichen Ansichten gibt. Wissenschaftlerinnen müssen sich leider immer noch viel Schmarrn anhören.

Erst, nachdem ich das Buch gelesen hatte, habe ich mitbekommen, dass das eine Übersetzung aus dem Englischen ist. Bei einer deutschsprachigen Autorin hatte ich nicht damit gerechnet. Aber sie lebt und arbeitet schon so lange in den USA, dass das eigentlich einleuchtend ist. Wenn man nicht merkt, dass man eine Übersetzung liest, hat die Übersetzerin ihre Arbeit super gemacht.

Weniger super fand ich den fast unleserlichen Klappentext. Ja, am Computer sieht eine schmale negativ-weiße Schrift auf dunkelblauem Grund elegant aus. Im Druck matscht das derart zu, dass man es kaum entziffern kann. Das ist nicht sehr kundenfreundlich. Aber es ist auch kein großes Drama. Es geht ja um den Inhalt.

Ob wir jetzt Aliens finden oder nicht, eines muss uns klar sein: Nirgendwo da draußen ist es „wie daheim“, und deshalb tun wir gut daran, auf unsere Erde aufzupassen. Mit den Alternativen ist das nämlich so eine Sache …

Lisa Kaltenegger (geb. 1977) ist eine Pionierin und international führende Expertin in der Modellierung potenziell lebensfreundlicher Exoplaneten. Die gebürtige Österreicherin gründete und leitet das Carl Sagan Institute für die Suche nach Leben im All an der Cornell University. Zu ihren internationalen Auszeichnungen zählen der Heinz Maier-Leibnitz-Preis für Physik und der Christian-Doppler-Preis. Kaltenegger arbeitet mit der NASA und der ESA und war Mitglied des Astronomy and Astrophysics Advisory Committee, das den US-Kongress beriet. Sie ist Teil des James Webb Space Telescope-Teams und auch der NASA TESS-Mission. Kaltenegger wurde vom Smithsonian Magazine und dem TIME Magazine für ihre innovativen Beiträge in der Wissenschaft prämiert. Die Bestsellerautorin tritt im IMAX-3-D-Film The Search for Life in Space auf und hält weltweit Vorträge

Gisela Fichtl studierte Germanistik, Philosophie und französische Literatur. Sie war in mehreren Verlagen tätig und arbeitet seit 1998 als freie Lektorin und Übersetzerin, Herausgeberin und Autorin sowie als Literaturredakteurin des Münchner Feuilleton.

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Rezensentin: Edith Nebel
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