Rita Falk: Grießnockerlaffäre – Ein Provinzkrimi

Rita Falk: Grießnockerlaffäre – Ein Provinzkrimi, Band 4 der Franz-Eberhofer-Reihe, München 2012, dtv Deutscher Taschenbuch Verlag, ISBN 978-3-423-24942-3, Softcover/Klappenbroschur, 238 Seiten, Format: 20,8 x 13,4 x 3 cm, EUR 14,90 (D), EUR 15,30 (A).

 

„Es ist also genau so, wie es immer war: Weil die Landshuter Polizei völlig unfähig ist und schon rein arbeitstechnisch nullkommanull motiviert ist, ja, man könnte durchaus von Arbeitsverweigerung reden, muss ich den Fall wieder selber lösen. Sie wie beim letzten Mal. Und beim vorletzten. Und beim vorvorletzten.“ (Seite 131)

Der Dorfpolizist Franz Eberhofer hasst es, wenn er an die Polizeiinspektion Landshut ausgeliehen wird. Ist es etwa seine Schuld, dass in seinem Kaff Niederkaltenkirchen nichts los ist? Oder dass die in Landshut so einen hohen Krankenstand haben? In seinem Dorf hat er alle Freiheiten und nur den Bürgermeister über sich. Mit dem wird er fertig. In Landshut dagegen schaut ihm Dienststellenleiter Barschl auf die Finger, und den kann er leiden wie’s Schädelweh: „Ein Korinthenkacker, notiert Arbeitszeiten, Privatgespräche und stoppt dir die Uhr beim Stuhlgang. (…) Nein, der Barschl ist die Mensch gewordene Beulenpest, gar keine Frage.“ (Seite 10).

„Arschl“ nennt Franz seinen Vorgesetzten, wenn dieser es nicht hört, und gerät bei der Hochzeit des Kollegen Stopfer fürchterlich mit ihm aneinander. Am Morgen danach liegt Barschl tot im Polizeihof und die Tatwaffe gehört ausgerechnet dem Eberhofer Franz. Der denkt, er spinnt, als in aller Herrgottsfrüh auf einmal „sechs Hanswursten von der SEK“ (Seite 36) den elterlichen Hof stürmen und ihn als Hauptverdächtigen mit aufs Revier nehmen. Er weiß ja von nichts.

Elisabeth Maierhofer vom LKA Landshut fühlt ihm auf den Zahn, muss ihn aber auf Geheiß des Richters Moratschek wieder gehen lassen. Moratschek hat den Eberhofers viel zu verdanken, wie Freunde der Krimireihe wissen. Und das hilft dem Franz jetzt.

Jetzt wäre es schön, wenn die Kollegen in Landshut umgehend den wahren Mörder fänden, damit der Eberhofer Franz entlastet ist. Aber die machen das, was sie am besten können: gar nix. Wenn Franz den Fall gelöst haben will, muss er das wohl oder übel selber tun. Zusammen mit seinem Ex-Kollegen, dem Privatdetektiv Rudi Birkenberger macht er sich also auf die Suche nach dem Polizistenmörder. Steckt vielleicht Frau Barschl dahinter? Die hat leider ein wasserdichtes Alibi, genau wie ihr Liebhaber und ehemaliger Zuhälter Victor Grablonski. Jetzt ist guter Rat teuer!

Weil ein Problem selten allein kommt, hängt beim Franz daheim auch noch der Haussegen schief. Das eingespielte Team Franz, Vater und Oma, ist aus dem Gleichgewicht, seit Oma Leni Besuch von ihrem Jugendfreund Paul hat. Franz amüsiert das Geturtel der beiden alten Herrschaften, doch Eberhofer Senior ist vom Verhalten seiner Mutter peinlich berührt und wünscht den Paul zum Teufel. Seit Jahrzehnten der sich nicht hier blicken lassen, und jetzt taucht er auf einmal auf, bringt alles durcheinander und wird auch noch krank. Was soll das eigentlich?

Unterstützt in seinem Groll auf den Hausgast wird Vater Eberhofer von seinem ältesten Sohn Leopold, dem Buchhändler. „Der Schleimsau“, wie Franz sagen würde. So tituliert er ihn in diesem Band übrigens nur ein einziges Mal. Er wird doch nicht etwa altersmilde werden?

Auch Franzens Freunde haben Probleme, die ihn beschäftigen und vom Fall ablenken. Metzger Simmerls Sohn Max hat frisch den Führerschein und erweist sich als glückloser Bruchpilot. Und „Heizungspfuscher“ Flötzinger, der notorische Hallodri, hat sich mit so einem vulgären Schlamperl eingelassen, während seine Frau Mary ihr drittes Kind erwartet. Und da ist dann noch das Dauerbrennerthema „Susi von der Stadtverwaltung“, mit der Franz seit Jahren eine on-and-off-Beziehung führt. Susi würde gerne heiraten, aber der Franz mag nicht.

Trotz aller Privatprobleme muss Franz zusehen, dass er den Fall gelöst bekommt, damit es ihm nicht selbst an den Kragen geht. Sein Kumpel, der Birkenberger Rudi, gräbt ein paar hochinteressante Informationen aus. Doch es ist eine zufällige Beobachtung, die Franz auf eine gewagte Theorie bringt. Was jetzt noch fehlt, sind die Beweise …

Eberhofers deftig-flapsige Erzählweise mit dem unverkennbar bairischen Zungenschlag und das vertraute rustikale Romanpersonal der mittlerweile vierbändigen Reihe sorgen wieder für ordentlich Klamauk. Doch dieser Band hat mehr ernsthafte und berührende Momente als seine Vorgänger. Das Auftauchen von Oma Lenis Jugendfreund Paul dient nicht nur dazu, Franzens Vater und Bruder als eifersüchtige Kindsköpfe vorzuführen, es transportiert auch eine tragische Geschichte. Und auch die Aufklärung des Mordfalls geht zu Herzen. GRIESSNOCKERLAFFÄRE ist kein atemberaubend spannender Kriminalfall, sondern eher eine Provinzposse über menschliche Beziehungen, die ernste und kriminalistische Momente hat.

Man muss die vorigen drei Bände nicht unbedingt gelesen haben, um die Geschichte verstehen zu können. Hilfreich wäre es aber schon, die Personen und ihre Beziehungen untereinander bereits zu kennen. Sonst wird’s leicht unübersichtlich und man wartet zum Beispiel vergeblich darauf, erklärt zu bekommen, was die vielversprechende Polizeikarriere vom Eberhofer Franz und dem Birkenberger Rudi vor ein paar Jahren jäh ins Stocken brachte. Das wird in Band 1 ausführlich erklärt und hier nur noch angedeutet. Wer’s wissen will, kann Band 1 (und 2 und 3) auch später noch lesen. Ein Vergnügen ist das allemal!

Dass der Franz ein Bayer ist „hört“ man an seiner Erzählweise. Satzstellung, Redewendung und eine gewisse „Regionalgrammatik“ verraten ihn. Ein paar Begriffe, deren Kenntnis man außerhalb der Landesgrenzen nicht voraussetzen kann, werden im Glossar erklärt. Und weil Oma Leni „die beste Köchin rund um diesen ganzen Planeten“ ist (Seite 170), befinden sich im Anhang noch fünf Rezepte aus ihrem Kochbuch. Da kann man dann das nachkochen, wovon die Eberhofers und deren Freunde so schwärmen. Auf die Kommentare vom Franz braucht man ja nicht unbedingt was zu geben …

Die Autorin
Rita Falk, Jahrgang 1964, geboren in Oberammergau, lebt in München, ist Mutter von drei erwachsenen Kindern und verheiratet mit einem Polizeibeamten.

Die Eberhofer-Reihe

  • Winterkartoffelknödel, ISBN 978-3-423-21330-1
  • Dampfnudelblues, ISBN 978-3-423-21373-8
  • Schweinskopf al dente, ISBN 978-3-423-24892-1
  • Grießnockerlaffäre, ISBN 978-3-423-24942-3
  • Rezensent: Edith Nebel
    EdithNebel@aol.com

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