Cornelia Funke: Greta und Eule, Hundesitter, Hamburg 2014, Oetinger Taschenbuch GmbH, ISBN 978-3-8415-0258-2, Softcover, 158 Seiten, mit Illustrationen der Autorin, Format: 18,8 x 12,4 x 1,4 cm, EUR 6,99 (D), EUR 7,30 (A).
Vor der zehnjährigen Greta liegen sechseinhalb unendlich öde Sommerferienwochen. Die Freundinnen sind verreist, in der unmittelbaren Umgebung der Villa in der sie wohnt, gibt es keine anderen Kinder, und für sie ist keine Reise in Sicht. Ihr Vater, ein etwas verpeilter Journalist, bekommt keinen Urlaub.
Wenn Greta wenigstens einen Hund hätte, dann wäre das Leben nur halb so fad! Aber Großonkel Eduard, dem die Villa gehört, hat die Hundehaltung strikt verboten. Nicht aus Bosheit – er ist ein liebenswerter Exzentriker mit einem Hang zu flachen Witzen und kurvigen Damen – sondern weil er Angst vor Vierbeinern hat. Gegen Haustiere an sich hat er ja nichts. Er selbst ist ein Herz und eine Seele mit seinem Papagei Carlo.
Doch dann kündigt Cousine Olga – wegen ihrer großen runden Brille „Eule“ genannt – ihren Besuch an, und die Ferien sind gerettet. Eule ist so alt wie Greta und gottfroh, dass sie nicht mit ihren Eltern zum Survivaltraining fahren muss, sondern zu den Verwandten reisen darf, wo sie ungestört Süßigkeiten mampfen und Cassetten mit gruseligen Hörspielen hören kann. (Man merkt: Das Buch ist schon vor rund 20 Jahren geschrieben worden.) Dass es bei Onkel und Tante langweilig werden könnte, daran glaubt Eule keine Sekunde. Ihr fällt nämlich immer was ein. So auch dieses Mal:
„Warum passt du nicht ab und zu auf einen [Hund] auf?“, fragt sie ihre Cousine.
„Eine aus meiner Klasse macht das. Ist dann zwar nicht dein Hund, aber besser als nichts, oder?“ (Seite 25/26)
Gute Idee, findet Greta, und schon sitzen die beiden an Papas Computer und entwerfen Handzettel. Ein Hobby, mit dem man Geld verdienen kann! Wie toll ist das denn?
Das Hundesitter-Service kommt gut an, und flugs haben sie drei pfundige Dackel, einen riesigen Pyrenäenhund, ein zickiges Schoßhündchen und die Promenadenmischung eines freundlichen Herrn aus China an der Leine. Für dessen Hund müssen sie extra chinesische Kommandos lernen. Das Tier spricht nämlich kein Deutsch. 😉
Die Hundeerfahrung der beiden Mädchen hält sich in Grenzen, und so geraten sie mit ihren Schützlingen in so manche brenzlige Situation. Da sie zu Hause nicht Bescheid gesagt haben, was sie mit ihrer Freizeit anfangen, gibt’s ganz schön Theater, als Gretas Eltern ein paar „geschäftliche“ Anrufe der Mädchen entgegennehmen. Und als die zwei im Wald eine ausgesetzte Mischlingshündin finden, die dort einfach jemand an einen Baum gebunden hat, gehen die Probleme erst richtig los. Wohin mit dem Tier? Zur Polizei? Ins Tierheim? Oder doch behalten? Aber was würde Onkel Eduard dazu sagen? Am besten wäre, er wüsste nichts davon …
Die zwei Mädchen sind ein gutes Team. Sonderlich cool ist keine von ihnen. Eule nicht mit ihren schrägen Hobbys und der garstigen Nerd-Brille und Greta, die mit ihrer seltsamen Familie geschlagen ist, auch nicht. Aber das Schöne ist: Das juckt in diesem Buch niemanden. Jeder darf sein, wie er ist. Greta ist zwar etwas genervt vom schrulligen Onkel mit seinen Flachwitzen, aber Eule, die ihn nur selten sieht, amüsiert sich prächtig. Traumfrauen müssen hier auch nicht blutjung und gertenschlank sein. Der Onkel bevorzugt die Molligen mit reichlich Lebenserfahrung.
In ihrer Unvollkommenheit sind die Figuren nah am Leben, genau wie die Geschichte. In der Realität gäbe es vielleicht ein bisschen mehr Probleme mit den Erwachsenen und ein bisschen weniger schlagfertige Kommentare der Kinder. Diese zwei sind „mundwerklich“ schon außerordentlich gut drauf! GRETA UND EULE, HUNDESITTER ist ein tierisch amüsantes Gute-Laune-Buch für junge Hundefreundinnen und Leseratten.
Die Autorin:
Cornelia Funke ist die international erfolgreichste und bekannteste deutsche Kinderbuchautorin. Heute lebt sie in Los Angeles, Kalifornien, doch ihre Karriere als Autorin und Illustratorin begann in Hamburg. Nach einer Ausbildung zur Diplom-Pädagogin und einem anschließenden Grafik-Studium arbeitete sie als freischaffende Kinderbuchillustratorin. Da ihr die Geschichten, die sie bebilderte, nicht immer gefielen, fing sie selbst an zu schreiben. Zu ihren großen Erfolgen zählen DRACHENREITER, die Reihe DIE WILDEN HÜHNER und HERR DER DIEBE, mit dem sich Cornelia Funke auch international durchsetzte. Ihre TINTENWELT-Trilogie eroberte weltweit die Bestsellerlisten. Jacob Reckless ist der Held ihrer neuesten Bestseller-Reihe, der SPIEGELWELT-Serie. Über 50 Bücher hat Cornelia Funke mittlerweile geschrieben, die in mehr als 40 Sprachen erschienen sind. Zahlreiche Titel wie z.B. HÄNDE WEG VON MISSISSIPPI, HERR DER DIEBE, DIE WILDEN HÜHNER und TINTENHERZ wurden verfilmt. Aber auch in Preisen und zahlreichen Auszeichnungen spiegeln sich ihre Beliebtheit und ihr Einfluss wider.
Rezensent: Edith Nebel
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