Die Namen der Helden

Dass der nervige kleine französische Politiker in einem überschäumend fantasievollen Kinderbuch Morbus de Sarkomi heißt, kann man, glaube ich, durchgehen lassen. Auch dass Joanne Rowling fremdsprachlich anklingen lässt, dass Professor Remus Lupin nicht mondsüchtig ist, sondern eher ein Werwolfproblem hat, ist meiner Meinung nach okay. Die jugendliche Zielgruppe kriegt diese Gags gar nicht mit und stört sich auch nicht daran. Nur der erwachsene Leser denkt sich was dabei.

Es ist auch kein Problem, wenn in einem Roman für Erwachsene der Chef eines Bestattungsunternehmens Fröhlich heißt oder wenn Nina einen Herrn Hagen heiratet und sich fürderhin blöde Sprüche in Bezug auf ihre exzentrische prominente Namensvetterin anhören muss. Sowas kommt vor.

Ich kann auch mit Insider-Gags leben. Wenn ich weiß, dass ein Bekannter des Autors für eine Nebenfigur Pate gestanden hat und nun mit leicht verändertem Namen durch das Buch geistert, habe ich damit kein Problem. Dann wird aus einem real existierenden Hans Richter eben ein Franz Lichter. Das klingt immer noch glaubhaft nach einem Namen, wie er in freier Wildbahn vorkommen kann.

Manche Autoren picken sich ihre Personennamen aus dem Telefonbuch oder aus Familienanzeigen der Tageszeitung. Andere bitten auch mal online im Kollegenkreis um Unterstützung: „Ich suche einen Vornamen für eine Frau, Jahrgang so-und-so, aufgewachsen in diesem oder jenem Umfeld. Habt ihr Vorschläge?“ Dann wird gebrainstormt und am Schluss heißt die Romanfigur eben Jessica oder Friederike, je nach Vorgabe.

Die Krise kriege ich allerdings, wenn in einem Roman, der ausdrücklich keine alberne Krawallkomödie sein soll, die Figuren vorsätzlich lächerliche Namen tragen. Natürlich gibt es insbesondere in der Politik und in sozialen Berufen eine Menge Frauen mit sperrigen Doppelnamen. Deshalb müssen die Damen aber in den Büchern nicht gleich Woll-Schaf, Mies-Muschel oder Stein-Grau heißen. Diese Beispiele habe ich jetzt erfunden, aber derlei Albernheiten gibt es zuhauf.

Den IT-Experten namens Nerdhase nehme ich einem sehr geschätzten Autor aus der Region ein bisschen übel. Ein attraktiver Mittfünfziger muss auch nicht unbedingt Richard Gier heißen, wenn der Polizist in der Geschichte schon den Familiennamen Greifzu trägt. Alles schon da gewesen. Und einen Roman, in dem die beiden Hauptfiguren Hübsch und Nett hießen, habe ich weggeschmissen. Der hatte auch sonst seine Schwächen.

Ich hasse es, wenn Autoren einen Namenskalauer an den anderen reihen. Es ist so bemüht. Und mit diesen albernen Micky-Maus-Namen ziehen sie ihre Romanfiguren ins Lächerliche. Wenn schon die Schriftsteller ihre Figuren nicht ernst nehmen, warum sollten es dann die Leser tun?

Regal 007

4 Kommentare

  1. Oh, Edith: Mir aus dem Herzen! Ich könnte über eine Figur mit so einem Kasperle-Namen nicht ernsthaft schreiben und kann mir nicht vorstellen, dass ein Autor so eine Figur ernst genug hat nehmen können, um mir einen glaubhaften Menschen zu präsentieren. Ich würde ein Buch, das mit mit solchen Karikaturen bewirft, nicht lesen mögen. Da fehlt mir ein bisschen Ernsthaftigkeit in der Einstellung (die es imho auch für komische Romane braucht ….)

    1. Ja. Aber eben für Comic-Figuren. Im wahren Leben möchte man nicht als Donald Duck durch die Gegend tapern. Da hat schon der arme Gerichtsmediziner bei Navy CIS die Arschkarte gezogen: Donald Mallard (= Stockente). Kein Wunder, dass die Kollegen „Ducky“ zu ihm sagen.

      Hat allerdings Jahre gebraucht, bis ich den Witz kapiert habe, weil ich nicht wusste, was „Mallard“ bedeutet.

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