Manfred Baumann: Maroni, Mord und Hallelujah. 4 weihnachtliche Kurzkrimis

Manfred Baumann: Maroni, Mord und Hallelujah. 4 weihnachtliche Kurzkrimis. Meßkirch 2014, Gmeiner Verlag, ISBN 978-3-8392-1588-3, Softcover, 246 Seiten, Format: 19,8 x 11,8 x 2 cm, Buch: EUR 9,99 (D), EUR 10,30 (A), Kindle Edition: ASIN: B00NWDMOAG, EUR 8,99 (Verlagsangabe).

Abbildung: © Gmeiner Verlag
Abbildung: © Gmeiner Verlag

Vier weihnachtliche Kurzkrimis, die allesamt in Salzburg und Umgebung spielen, hat Autor Manfred Baumann in diesem Band vereint. Normalerweise haben Kommissar Martin Merana, der Chef der Salzburger Kriminalpolizei, seine Stellvertreterin Chefinspektorin Carola Salman und Abteilungsinspektor Otmar Braunberger ein ganzes Buch lang Zeit, um einen Fall zu lösen. Sie sind Helden einer bislang vier Bände umfassenden Krimireihe. In diesem abwechslungsreichen Band muss der Mörder nach jeweils rund 60 Seiten ermittelt sein, was auch für so ein eingespieltes Team eine eine gewisse Herausforderung darstellt.

1. Maroni, Mord und Hallelujah (Seite 7)
Ohne große Begeisterung begleitet Kommissar Martin Merana seine Mitarbeiter auf den Christkindlmarkt in der Salzburger Altstadt. In seinen Augen ist der Markt lediglich ein Tummelplatz für Touristen und Kleinkriminelle. Für Kriminalisten seines Kalibers ist die Weihnachtszeit ohnehin eine stinkfade Angelegenheit, findet er. Es passiert einfach nichts Dramatisches.

Das hätte er vielleicht nicht so laut sagen sollen. Denn kaum steht er mit seinen Kollegen am Glühweinstand, kommt eine Frau im Christkindlkostüm und schießt mitten auf dem Markt einen jungen Mann nieder. In dem Trubel, den eine Gruppe singender Hirtenkinder und furchterregend kostümierter Perchten verursacht, verschwinden die Schützin und der Mann. Das ist ja merkwürdig! Ein Schwerverletzter kann sich doch nicht in Luft auflösen!

Kommissar Merana stürzt sich in die Ermittlungen vor Ort. Wer Täter und Opfer sind, erfährt er recht schnell. Doch wohin sind die beiden so schnell verschwunden? Und was war der Hintergrund der Tat? Irgend etwas stimmt hier ganz und gar nicht …

2. Otmar und die Weihnachtskekserlfee (Seite 55)
Abteilungsinspektor Otmar Braunberger kommt ins Fernsehen! Er wird Mitglied einer Jury, die die beste Weihnachtsplätzchen-Bäckerin küren soll. Drei Damen sind ins Wettbewerbsfinale gekommen: eine gestandene Hausfrau aus Anif bei Salzburg, eine junge Bäuerin aus Mattsee und eine ehemalige Schauspielerin unbestimmbaren Alters.

Braunberger hat sich umsonst davor gefürchtet, vor der Kamera interviewt zu werden. Ehe die Reihe an ihn kommt, bricht sein Jury-Kollege, der Operettentenor Fabian Wenzel, röchelnd zusammen. War es ein Anfall? Eine Vergiftung? Ein allergischer Schock? Mit Live-Sendung ist auf jeden Fall Schluss.

Selbstverständlich ruft dieses schreckliche Ereignis die Polizei auf den Plan. Hat Wenzel die schädliche Substanz versehentlich eingenommen oder war es ein gezieltes Attentat? Ins Visier der Ermittlungen gerät eine Bekannte des Künstlers. Doch wieder einmal ist nichts so wie es scheint …

3. Stern.Taler.Kind (Seite 129)
Es ist eine interessante Idee, eine Geschichte nach dem Muster eines Adventskalenders aufzubauen, sie in 20 „Häppchen“ zu erzählen und jedes davon mit einem Symbol einzuleiten. Aber es macht die Sache ein bisschen schwerfällig. Leicht verwirrt ist man obendrein: Manches Kalender-Kapitelchen hat nur am Rande etwas mit der Kerngeschichte zu tun.

Der neunjährige Robert geht in den Garten um mit seinem Kater Luke herumzutoben. Als seine Mutter wenig später nach ihm schaut, sind Kind und Katz’ spurlos verschwunden. Sie ruft die Polizei. Die findet zwar nicht den kleinen Robert, dafür aber die Leiche eines jungen Mannes.

Parallel dazu wird die Geschichte eines Flüchtlingsmädchens erzählt … die eines Truckers, der dubiose Frachten fährt … die eines Pfarrers, der in seiner Kirche überfallen wird … die einer Hilfskraft am Stand des Christkindlmarktes … und die der geistig behinderten Tochter der Chefinspektorin Carola Salman. Es geht außerdem um kleine Mädchen aus Bangladesh, die unter erbärmlichen Bedingungen in Sweatshops arbeiten müssen und um einen alten Ganoven und seine Enkelin.

Das hätte Stoff für einen ganzen Roman gegeben. Eine Story von 50 Seiten ist damit etwas überfrachtet. Immer wieder stutzt man und blättert zurück: In welchen Teil der Geschichte gehört nun dieses Puzzleteil? Dabei möchte man doch eigentlich nur, dass der kleine Bub unversehrt gefunden wird. Dieses Erzähl-Experiment scheint mir nicht so der Knüller zu sein.

4. Raunacht (Seite 179)
Geradlinig und ohne künstlerische Mätzchen erzählt der Autor die spannende und informative Geschichte RAUNACHT. Ein italienisches Fernsehteam kommt in den Pongau um im Auftrag der RAI eine Dokumentation über weihnachtliche Bräuche in den Alpen zu drehen. Wenn die Salzburger Kulturredakteurin Jutta Bloch den Fernsehleuten Wissenswertes rund um die Raunächte, die Weihnachtstzeit und das Perchtentreiben erklärt, erfahren auch die Leser viel Spannendes und Neues.

Foto: © Despina / pixelio.de
Foto: © Despina / pixelio.de

So ungefähr darf man sich die Perchten vorstellen. Da kann Halloween einpacken.

Als Landwirt Albin Berngruber, der Perchtenhauptmann, mit dem sich das Fernsehteam am Morgen des Perchtenlaufs zum Dreh verabredet hat, nicht zum vereinbarten Termin erscheint, droht das ganze Termingefüge durcheinanderzugeraten. Hat der Kerl etwa verschlafen? Nein, hat er nicht. Er liegt erschlagen in seiner Werkstatt. Kommissar Martin Meraner muss seinen Urlaub bei der Verwandtschaft im Oberpinzgau abbrechen und sich um den Mordfall Berngruber kümmern. Beim Durchleuchten der Vergangenheit des Toten und dessen Familie tun sich Abgründe auf …

Wenn man die Geschichte aufmerksam liest, kann man beizeiten ahnen, wer der Täter ist. Allerdings ist die „Gefahr“ groß, dass man sich voll auf die Volksbräuche konzentriert. Die sind in der Tat noch fesselnder und interessanter als die Krimihandlung. Vor allem die archaisch kostümierten Schiach- und Schönperchten werden so plastisch und faszinierend beschrieben, dass man als Leser am liebsten sofort den Pongauer Perchtenlauf sehen würde. Einen kleinen Vorgeschmack gibt es hier: http://de.wikipedia.org/wiki/Perchten.
RAUNACHT ist wirklich ein krönender Abschluss für diesen Kurzkrimi-Band.

Von skurril und witzig (die Ermittlungsrallye auf dem Chirstkindlmarkt! Die Fernsehshow!) bis zu gefühlvoll und dramatisch reicht die Bandbreite der Geschichten. Und so wird jeder Leser/jede Leserin einen Lieblingskrimi in diesem Buch finden. Man braucht keine Ortskenntnis, um die Geschichten mit Vergnügen lesen zu können. Aber natürlich ist der Band besonders für diejenigen Leser interessant, die einen Bezug zu Salzburg und Umgebung haben.

Wenn sich jetzt jemand fragt, wie das wohl ist, wenn Kommissar Merana und seine Leute in Romanlänge ermitteln: Im Gmeiner-Verlag ist die Reihe erschienen: JEDERMANNTOD (2010), WASSERSPIELE (2011), ZAUBERFLÖTENRACHE (2012) und DRACHENJUNGFRAU (2014).

Der Autor
Manfred Baumann, geboren 1956 in Hallein/Salzburg, arbeitet seit 30 Jahren beim ORF (Österreichischer Rundfunk) als Redakteur und Moderator. Derzeit ist er Leiter der Programmgestaltung/Kreativredaktion und Leiter der Volkskultur im ORF-Salzburg. Er hat einen Lehrauftrag an der Uni Salzburg inne, daneben ist er auch als Autor, Regisseur und Kabarettist tätig.

Rezensent: Edith Nebel
EdithNebel@aol.com

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