Sophie Faber: Traummann gesucht. Katzen vorhanden. Roman

Sophie Faber: Traummann gesucht. Katzen vorhanden. Roman, München 2021, Wilhelm Heyne Verlag, ISBN 978-3-453-42432-6, Klappenbroschur, 299 Seiten, Format: 11,9 x 2,4 x 18,7 cm, Buch: EUR 9,99 (D), EUR 10,30 (A), Kindle: EUR 9,99.

Abb.: (c) Heyne Verlag

Finn (…) machte es sich umständlich zwischen den dicken Sofakissen bequem.
„Funktioniert der Fernseher?“
Den hatte Trixie fast vergessen. Es war ein uraltes Schwarzweißgerät. So dick wie breit (…).
„Bei der Krönung der Queen lief er noch tadellos.“
Sie schaltete ihn an. (…) „Gib ihm ein paar Minuten, bis er sich aufgewärmt hat.“ Trixie wickelte die Decke um ihre Füße.
„Muss man da hinten irgendwo Kohlen durch eine Klappe schaufeln?“
 (Seite 159)

Die Berliner Witwe Beatrix „Trixie“ Vogelsang, 43, liebt Tiere, Menschen, Horrorfilme, Eiscreme und ihre Arbeit als Tiermedizinische Fachangestellte. Die Praxis, in der sie arbeitet, hat ihrem Mann gehört, der vor zwei Jahren tödlich verunglückt ist. Die Tierärztin, die danach dort praktiziert hat, hat nie so recht in diesen Kiez gepasst und ist zum Glück schon wieder weg. Jetzt kommt der Neue: schlaksig, rothaarig und frisch von der Uni. Ich glaub’, sein Nachname wird nie erwähnt. Er ist für alle nur „der Finn“.

Tierarzt mit Menschen-Problem

Ob das was wird? Mit Tieren kennt „der Finn“ sich ja aus. Mit Menschen kommt er aber nicht gut klar. Diplomatie ist ihm fremd. Ein bisschen penibel ist er obendrein. Die maroden Praxisräume betrachtet er mit Skepsis, seine redselige und unkonventionelle Mitarbeiterin Trixie ebenso. Das wird nicht besser, als  er mitkriegt, dass sie ihn mit der Tierschützerin Patti verkuppeln will. 

Wenn der Laden laufen soll, muss Finn ein bisschen umgänglicher werden und sich auch mit Trixie zusammenraufen.

Probleme haben sie genügend. Das Praxisgebäude und dessen Einrichtung leiden unter einem massiven Renovierungsstau. Irgendwann bricht ihnen die Bude noch über dem Kopf zusammen. Trotzdem schleichen derzeit diverse Gestalten um Trixie herum und wollen ihr partout dieses Haus abkaufen. Sie bekommt aberwitzige Summen geboten und kann sich das nicht erklären. Sie hat auch gar nicht die Absicht, die Praxis zu verkaufen. Zu viele Erinnerungen hängen daran.

Zwielichtige Interessenten

Auch Finns Onkel, Architekt Spatzbach aus Hamburg, steht plötzlich bei ihr auf der Matte und stellt ihr äußerst indiskrete Fragen über ihre Vermögensverhältnisse und über die Praxis-Immobilie. Das macht er zwar sehr charmant, und er sieht auch noch verflixt gut aus, aber Trixie traut ihm trotzdem nicht über den Weg. Er trägt bei seinen Komplimenten und seinen Flirt-Attacken so dick auf, dass da einfach was faul sein muss.

Was verbindet Spatzbach mit Leuten wie Frau Dr. Windhoff, Finns ehrgeiziger Vorgängerin? Und warum taucht die neuerdings dauernd in der Praxis auf, wo sie doch gar nicht schnell genug von dort wegkommen konnte? Wieso macht sie heimlich Fotos? Weshalb wuselt ein prominenter Professor immerzu um die Tierarztpraxis herum? Er hat nicht mal ein Haustier! Und aus welchem Grund verhält der Hamburger Onkel sich so seltsam, als Trixie ihn überraschend bei dem Katzenzüchter-Paar Janson antrifft?

Ein unwiderstehlicher Gauner

Auch wenn Spatzbach reichlich dubios und Trixie gar nicht auf Partnersuche ist – seinem Ganoven-Charme kann sie nicht widerstehen. Ist es wirklich eine gute Idee, sich mit ihm einzulassen? Ihr verstorbener Mann, mit dem sie sich im Geiste immer noch jeden Tag unterhält, rät ihr zu. Das will aber nichts heißen, weil die „Gespräche“ ja ohnehin nur in Trixies Kopf stattfinden. Wo soll da eine andere Meinung herkommen als ihre eigene?

Wer entführt hier Haustiere?

Doch all das tritt in den Hintergrund, als im Kiez immer mehr Haustiere verschwinden. Auch einer von Trixies geliebten Katern ist unter den Vermissten. Wer dahintersteckt und welche Absichten der Drahtzieher hegt, wissen auch wir Leser*innen nicht. Wir bekommen die Tierfänger-Geschichte  zunächst nur aus der Perspektive eines Hundes erzählt, der ihnen in die Falle gegangen ist. Und der hinterfragt natürlich nicht die Gründe, sondern vermisst seine Menschen und träumt von seiner Kuscheldecke und gekochten Möhrchen.

Ein Unfall vor den Toren der Praxis lässt erahnen, was hier läuft. Spatzbach erweist sich auf einmal als erstaunlich empathisch und hilfsbereit und ist gar nicht mehr so schmierig. Trotzdem … wenn Trixie Unterstützung braucht, ist sie immer noch am besten beraten, sich an das Herrchen von Hundedame Trudi zu wenden. Herr Kaluppke, der ganzkörpertätowierte, breit berlinernde Ex-Einbrecher, würde für Trixie alles tun. Probleme, denen er nicht mit seinem umfangreichen Vorrat an Werkzeugen beikommt, löst er mit Hilfe seiner „Kontakte“. Details will Trixie gar nicht wissen. 

Ich hab ein Herz für skurrile Nebenfiguren, und Kaluppke ist einfach klasse!

Keine Atempause!

Trixie kommt wirklich keine Sekunde zum Verschnaufen: Erst läuft ihr ein Minischwein zu, dann hat sie einen Stalker und zu guter Letzt wird auch noch bei ihr eingebrochen. Nebenher versucht sie herauszufinden, warum eigentlich alle Welt hinter ihrem baufälligen Praxisgebäude her ist und auf wessen Seite ihr Verehrer Spatzbach steht.

Saukomische Szenen – vor allem, wenn Kaluppke wieder mal eingreifen muss (die Punks und der Kanaldeckel! :-D) – wechseln sich ab mit solchen, die einem als Tierfreund wirklich an die Nieren gehen. Und man merkt, dass die Autorin sich in einem Mehrkatzenhaushalt bestens auskennt.

Lackaffen-Intoleranz

Der Buchtitel führt eigentlich ein bisschen in die Irre. Trixie sucht mitnichten einen neuen Partner. Sie hängt noch sehr an ihrem verstorbenen Mann und scheint mit ihrem Single-Leben plus „Katzvolk“ ganz zufrieden zu sein Der Neue drängt sich ihr förmlich auf. 

Weil ich eine ausgeprägte Lackaffen-Intoleranz habe, fand ich Trixies Lover ganz furchtbar: schleimig, affektiert und irgendwie aus der Zeit gefallen. Natürlich muss der Liebhaber in erster Linie der Heldin gefallen und nicht den Leserinnen. Aber wenn man überhaupt nicht nachvollziehen kann, was sie an ihm findet, wird’s schwierig. Dieses Problem hatte ich hier.

Und so spannend und berührend der Handlungsstrang von den entführten Tieren war: Ich fand die Auflösung nicht so überzeugend. Das Motiv erschien mir ein bisschen weit hergeholt. Dafür hat mir die Story rund um Trixies heiß begehrte Immobilie gefallen. Man ahnt zwar recht bald, wo der Grund für diesen Hype zu finden sein dürfte, aber wie das alles genau zusammenhängt und wer welche Interessen verfolgt, das zeigt sich erst am Schluss.

Ich habe mich gut amüsiert, weil das Buch viel Tierisches, schräge Figuren, tolle Szenen und köstliche Dialoge enthält, aber es wäre noch ein bisschen Luft nach oben gewesen.

Die Autorin

Sophie Faber, 1973 in Berlin geboren, lebt mit drei Katern in Schöneberg und verbringt ihre Zeit mit den zwei wichtigen Männern in ihrem Leben: ihrem Ehemann und ihrem Tierarzt. Sie hat immer eine Fusselrolle in der Handtasche und richtet sich darauf ein, im Alter eine schrullige Katzenfrau zu werden.

Rezensentin: Edith Nebel
E-Mail: EdithNebel@aol.com
www.boxmail.de

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