Angelika Godau (Text), Axel Aldenhoven (Illustrationen): Ich bin Sauer (4 – 6 J.)

Angelika Godau (Text), Axel Aldenhoven (Illustrationen): Ich bin Sauer,  (4 – 6 J.), Vorlesegeschichten für Vorschulkinder, Zweibrücken 2022,  Independently published, Softcover, 156 Seiten, mit farbigen Illustrationen und Fotos, Format: 15,24 x 0,97 x 22,86 cm, Softcover: EUR 12,95, Hardcover: EUR 21,00, Kindle: EUR 6,95.

Abb. (c) Godau / Aldenhofen

Sauer? Wieso ist der Zitronenfalter sauer? Und wieso schreibt man „Sauer“ hier groß? Ach so: Er ist gar nicht schlecht gelaunt! „Sauer“ ist sein (Spitz-)Name! Dabei ist er alles andere als ein grantiger Miesepeter. Er ist freundlich und hilfsbereit, wissbegierig und mitteilsam. Seine Erlebnisse in der freien Natur teilt er gerne mit seinem jungen Publikum, und das macht er ebenso anschaulich wie unterhaltsam.

Ein Falter erzählt Geschichten

Im Geiste sieht man ihn sitzen, umringt von gespannt staunenden Kindern, ganz wie ein klassischer Märchenerzähler. Der Stil der tierischen Kurzgeschichten in diesem Buch ist stark von der mündlichen Erzählweise geprägt. Sauer spricht sein Publikum direkt an, stellt ihm Fragen, lobt es, wenn es die richtigen Antworten weiß – und verliert durch diese Interaktion ab und zu den Faden. „Mensch, was wollte ich eigentlich erzählen? Ach so, ja …!“ Und dann kommt er wieder in die Spur.

Wenn er komplizierte Wörter verwenden muss, weil das, wovon er gerade erzählt, nun mal so heißt, erklärt er den Kindern den Begriff und übt ihn mit ihnen. („Me-ta-mor-pho-se“, „Instinkt“ – nein, der stinkt nicht! – „Mimikry“ und anderes mehr.) Er wird wohl nicht erwarten, dass sie sich das merken, aber er möchte ihnen die richtigen Begriffe auch nicht vorenthalten.

Neugierig und mitteilsam

Sauer, der neugierige Zitronenfalter, will alles wissen, mit allen befreundet sein und jedem helfen, der gerade ein Problem hat. Wer Freund und wer Feind ist, merkt er oft recht spät. Ja, die kleinen Vögelchen im Amselnest sind niedlich, aber er kann sich nicht mit ihnen verständigen. „Amselisch“ spricht er leider nicht. Wollen die Küken ihn mit ihrem Gepiepse vorm Anflug ihrer Eltern warnen oder sind sie darauf aus, ihn zu fressen? – Und ob es so schlau von Sauer war, sich einem schlafenden Schäferhund auf die Nase zu setzen? Was, wenn der plötzlich aufwacht? Es kommt noch schlimmer …

Nicht einmal vor Tieren, die im Wasser leben, ist man als Falter sicher! Wer kann denn ahnen, dass Forellen aus dem Wasser springen und Insekten fangen? Sauer jedenfalls hat das nicht gewusst. –Kätzchen wollen mit ihm spielen, was ihm nicht gut bekommen würde, und selbst Kühe sind für ihn gefährlich. Schmetterlinge stehen zwar nicht direkt auf deren Speiseplan, aber wenn einer zufällig auf einer Blume sitzt, während sie gerade am Futtern sind, kann es schon sein, dass sie ihn mitfressen.

Sauer will allen helfen

Gefährlich wird ihm die traurige kleine Hummel zwar nicht, aber sie wird ziemlich pampig, als er sie mitfühlend anspricht. Ihr Problem? Sie wird gemobbt, weil sie keine Wespentaille hat. Warum sollte sie auch? Sie ist eine Hummel, und die haben eine Hummel-Figur. 😀 Sauer versichert ihr, dass sie so, wie sie ist, goldrichtig ist. Ob sie’s kapiert?

Es ist ja süß von Sauer, dass er der Hummel so beharrlich zu helfen versucht. So unverschämt, wie sie darauf reagiert, hätte ich sie plärren lassen! Wie gut es war, dass Sauer nicht aufgegeben hat, zeigt sich wenig später bei seiner Begegnung mit einer Spinne. Und als Maikäfer Bautz in einem Bowlegefäß zu ertrinken droht, muss Sauer sich ganz schnell was einfallen lassen.

Übrigens: Wenn man Kindern die Geschichte von den einsamen Feldhasen vorlesen will, sollte man vorher ein bisschen üben. Die haben nämlich eine besondere Art zu sprechen!

Maulwurfs haben Ehekrach

Meine Lieblingsgeschichte ist ja die von Maulwurf Buddel. Der hat sich zu weit auf die Wiese hinausgewagt und behauptet nun übellaunig, jemand habe sein Loch versteckt. Es dauert eine Weile, bis Sauer versteht, was los ist: Buddel findet den Eingang zu seinem unterirdischen Bau nicht mehr, weil er schlecht sieht.

Was sich der hilfsbereite Sauer von dem unleidlichen Wühler alles anhören muss, ist nichts im Vergleich zu dem, was Frau Maulwurf vom Stapel lässt, als sie mit ihrem verschollenen Gatten endlich wieder vereint ist. Ehekrach bei Maulwurfs! Das amüsiert die erwachsenen Vorleser:innen vermutlich mehr als die Kinder. Aber die sollen ja auch ihr Vergnügen haben, nicht wahr?

Hm … die hochnäsigen Hasen sind jetzt verpartnert, die meckernden Maulwürfe haben auch wieder zusammengefunden – warum eigentlich gaukelt der sympathische Falter Sauer noch allein durchs Leben? Eine bestimmte Zitronenfalterin würde ihm gut gefallen. Aber mag sie ihn auch …?

Unterhaltung mit Lerneffekt

Für sehr kleine Kinder ist Sauers sprunghafte Erzählweise vielleicht noch ein bisschen zu komplex. Wer aber schon versteht, dass Sauer so erzählt, weil er ein bisschen zerstreut ist, hat ordentlich was zu lachen. Ein paar Sachinformationen über das Leben der Tiere bleiben sicher auch noch hängen. Die Tiere werden zwar für die Geschichten ziemlich vermenschlicht, aber die harten Fakten stimmen. Und so hat man neben witziger Unterhaltung auch noch einen kleinen Lerneffekt. 

Fantasievolle Illustrationen

Die Illustrationen sind fantasievoll und farbenfroh. Manche wären mir als Kind zu surreal und rätselhaft gewesen. Das hätte mich beschäftigt: Haben die Raupen auf Seite 6 nur ein Auge? Was ist das für ein Viech im Superman-Kostüm auf Seite 88? Sauer? Warum hat er dann keine Flügel und ist orange? – Den Regenwurm auf dem Fahrrad auf Seite 128 finde ich regelrecht verstörend – eine Albtraum-Kreatur! So toll die kreativen Illustrationen für Erwachsene aussehen: Kriegen die Kids davon keine schlimmen Träume? Aber wahrscheinlich ist die medienerfahrene Jugend von heute deutlich härter im Nehmen als wir damals.

Die niedlichen Tiere in dem Buch sind mir jedenfalls lieber. Sogar die Spinne wirkt nett. Die tat mir in ihrer Geschichte richtig leid. Aber so ist das eben in der Natur.

Wie immer bei Kinderbüchern müssen auch hier die Erwachsenen entscheiden, ob die Kinder, denen sie das Buch in die Hand geben oder vorlesen möchten, die Geschichten schon verstehen können. Und ob sie die Bilder mögen werden oder sich davor fürchten könnten. Ich kann hier nur, so gut es geht, beschreiben, was das Buch beinhaltet.

Abb. (c) Godau / Aldenhofen, Foto: E. Nebel
Abb. (c) Godau / Aldenhofen, Foto: E. Nebel

Die Autorin

Angelika Godau, geboren in Oberbayern, war erst Journalistin, studierte dann Psychologie und hatte eine eigene Praxis in Mannheim. Ein fast 10-jähriger Aufenthalt in der Türkei sensibilisierte sie für das Elend von Hund und Katze. Seitdem ist sie im Tierschutz engagiert. Heute lebt sie mit ihrem Mann und ihren Haustieren in Zweibrücken.

Der Illustrator

Axel Aldenhoven wurde in Wittmund (Ostfriesland) geboren. Heute lebt er in Köln, schreibt dort Science Fiction, Liebesromane, Gedichte und Thriller. Als ehemaliger Informatiker hat er großes Interesse an neuen Technologien. Einen großen Teil der Bilder dieses Buches hat er mit Hilfe von midjourney erstellt und teilweise nachbearbeitet.

Rezensentin: Edith Nebel 
E-Mail: EdithNebel@aol.com 
www.boxmail.de

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