Ralph Sander: Kater Brown und die Klostermorde – Kriminalroman

Ralph Sander: Kater Brown und die Klostermorde, Köln 2012, Bastei Lübbe, ISBN 978-3-404-16745-6, Softcover, 300 Seiten, Format: 18,4 x 12,4 x 2,8 cm, Buch: EUR 8,99 (D), EUR 9,30 (A), Kindle Edition: EUR 7,49, Audio-CD: EUR 14,99.

Abbildung: (c) Bastei Luebbe
Abbildung: (c) Bastei Luebbe

Mit seinem schwarzen Fell und dem weißen Krägelchen sieht der Klosterkater selbst so aus, als trüge er eine Ordenstracht. Da lag es für den krimibegeisterten Bruder Johannes nahe, das Tierchen „Kater Brown“ zu nennen.

Sonderlich menschenbezogen war der Kater nie. Er weiß, wo es etwas zu fressen gibt und macht ansonsten sein eigenes Ding. Das ändert sich erst, als die Journalisten Alexandra Berger und Tobias Rombach im Kloster in der Eifel aufkreuzen. Nachdem der vorige Abt sich mit mehreren Millionen Euro aus dem Staub gemacht hat, haben die Brüder immense Anstrengungen unternommen, um das Kloster vor dem Ruin zu retten. Sie haben es in das Seminarhotel „Zur inneren Einkehr“ umgewandelt, wo sie diverse Kurse und Workshops anbieten, die inhaltlich ans klösterliche Leben angelehnt sind. Die beiden Journalisten sollen über dieses Angebot berichten.

Bei Kater Brown ist es Liebe auf den ersten Blick: Er weicht Alexandra Berger nicht mehr von der Seite. Abneigung auf den ersten Blick erfährt hingegen Bern Wilden, und zwar bei so ziemlich jedem Lebewesen, das seinen Weg kreuzt. Zu penetrant sind seine Boss-Allüren. Den Leiter des Laurentius-Hilfswerks in Kaiserslautern hätte man sich irgendwie menschlicher vorgestellt.

Als Wilden verschwindet, sind alle erleichtert. Blöderweise taucht er wieder auf – als Leiche im klösterlichen Brunnenschacht. Kater Brown findet ihn dort.
„Unfall“, erklärt der übermüdete Polizeiobermeister Pallenberg. „Unsinn“, denken die beiden Journalisten und ermitteln selber. Ein paar Mitarbeiter des Verstorbenen sind gerade für einen Workshop vor Ort, und nahezu jeder hätte Gründe, den gefürchteten Chef aus dem Weg zu räumen. Und auch bei den Klosterbrüdern ist nicht alles koscher. Was haben zum Beispiel Bruder Dietmar und Bruder Siegmund im Keller herumzuwirtschaften? Sie tun sehr erschrocken und geheimnisvoll, als Alexandra mal dort auftaucht, um Kater Brown einzufangen.

Wenn Alexandra und Tobias wengistens Wildens Handy oder sein Laptop hätten! Dann könnten sie vielleicht herausfinden, mit wem er am Abend seines Todes noch verabredet war. Aber beide Geräte sind verschwunden. Als Wildens Assistent Assmann – ein ähnlich sympathischer Mensch wie sein Chef – sich dem Laptop auf der Spur glaubt, geschieht ein weiterer Mord und auf den neugierigen Klosterkater wird ein Giftanschlag verübt. Polizeiobermeister Pallenberg ist jetzt erst recht überfordert, und den beiden Journalisten ist klar, dass sie den Mörder zur Strecke bringen müssen, ehe er sie zur Strecke bringt …

Bei so vielen Verdächtigen ist es auch für den routinierten Krimileser nicht einfach, den Täter zu erraten. Und es ist wieder einer der Fälle, bei denen man beinahe hofft, der Mörder würde davonkommen. Um die miesen Mobber und rücksichtslosen Raffkes, die er beseitigt, ist nicht weiter schade. (Bei fiktiven Figuren darf man sowas doch sagen, oder?) Aber Katzen vergiften, das geht gar nicht! Da hört bei den Lesern der Spaß auf.

Es ist schon amüsant, wie Alexandra, Tobias und der Kater in Agatha-Christie-Manier den Gästen und Bewohnern des Klosters auf den Zahn fühlen, weil die Polizei ihren Job nicht richtig macht. Erstaunlich ist nur, dass Leute sich das gefallen lassen. Ich habe die ganze Zeit auf die Reaktion gewartet: „Wer sind Sie und für wen schreiben Sie? Ihnen erzähle ich gar nix, ich will ja nicht am Schluss in der BLÖD-Zeitung stehen!“ Aber nö, da kommt nichts. Die Leute sind alle so schockiert oder so unbedarft, das sie sich von den Journalisten befragen lassen wie von der Kriminalpolizei.

Was mir gleichfalls ein Rätsel ist: wie Bruder Antonius, den man kopfüber zu Bernd Wilden in den engen Brunnenschacht abseilt, es schafft, da unten seine „Fußfesseln“ zu lösen und das Seil dem Toten umzubinden. Das wäre ein Fall für einen Zirkusartisten. Oder ich kann mir das nicht richtig vorstellen.

Und das dritte Rätsel in diesem Roman: Erst findet Alexandra ihren Kollegen albern und eingebildet – aus Gründen. Und dann bahnt sich doch eine Liebesgeschichte an. Warum? Weil er im Vergleich mit den anderen Blödmännern in der Story noch relativ gut wegkommt? Hm. Aber egal: Der wahre männliche Held ist ohnehin  Kater Brown!

Man ahnt am Schluss, dass Kater Brown eigentlich in Serie hätte gehen sollen. Daraus ist wohl nichts geworden. Ich habe das Buch seit 2012 bei mir im Regal stehen und jetzt zufällig wieder hervorgekramt, als ich was ganz anderes suchte – aber ich habe nie etwas von einem Folgeband gehört. Schade, eigentlich. Das Buch ist zwar nicht perfekt (was ist schon perfekt?), doch das hätte eine nette Reihe mit dem etwas altmodischen Charme klassischer englischer Krimis werden können.

Der Autor
Ralph Sander, Jahrgang 1963, arbeitet seit vielen Jahren als Übersetzer und Autor. Unter diversen Pseudonymen sind von ihm etliche Krimis erschienen.

Rezensent: Edith Nebel
EdithNebel@aol.com

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