Susanne Fröhlich: Ausgemustert. Roman

Susanne Fröhlich: Ausgemustert. Roman, München 2020, Knaur Hardcover, ISBN 978-3-426-22707-7, Hardcover mit Schutzumschlag, 328 Seiten, Format: 12,9 x 3,1 x 20,9 cm, Buch: EUR 16,99 (D), EUR 17,50 (A), Kindle: EUR 14,99. Auch als Hörbuch lieferbar.

Abb. (c) Knaur

„(…)Ich musste den Smoothiemaker unbedingt haben. Weil alle einen haben. Eigentlich bescheuert. Ist es mit Knut ähnlich? Will ich ihn behalten, weil alle einen haben? Weil man eben einen hat? Einen Mann genau wie einen Smoothiemaker? Wollte Nina jetzt einen Smoothiemaker? Was will sie sonst noch alles aus meinem Leben?“ (Seite 169)

Knut S., Ende 40, Chef eines Autohauses in Frankfurt, stellt seine Frau Ulrike vor vollendete Tatsachen: Er überlege schon seit Jahren, sie zu verlassen. Jetzt sei es soweit. Seit einem Jahr sei er mit der deutlich jüngeren Nina liiert. Er ziehe jetzt zu ihr. Ein Vierteljahr dürfe Ulrike noch im gemeinsamen Haus bleiben, dann würde er es verkaufen.

Die erwachsene Tochter, die in Kanada lebt und erst in ein paar Monaten zurück nach Deutschland kommt, soll einstweilen nichts von den Veränderungen erfahren.

Wut auf Knut

Ulrike ist wie vom Donner gerührt. Das hat sie wirklich nicht kommen gesehen!

Nachdem sie aus ihrer Schockstarre erwacht ist, entwickelt sie eine ordentliche Wut auf Knut. Wieso darf er einfach so ihr Leben in Trümmer hauen, nur, weil ihm gerade danach ist? Sie wird überhaupt nicht gefragt. Von einer Sekunde zur anderen entgleitet ihr die Kontrolle über ihr Leben. Sie verliert ja nicht nur ihren Mann, ihr Haus, ihren Status, ihr soziales Umfeld und womöglich noch ihr Auto, sondern auch ihren Job. Seit zehn Jahren arbeitet sie auf 450-Euro-Basis im Autohaus ihres Mannes mit. Das geht ja jetzt wohl auch nicht mehr.

Ulrike sieht sich schon als verarmte Katzenfrau in einem finsteren Loch hausen. Sie hadert mit ihrem Schicksal, tut sich selber leid, trinkt, weint und macht ihrem Noch-Ehemann bei einer Aussprache in ihrem Stammlokal eine fürchterliche Szene. (Sehr amüsant!) Sie macht sich Vorwürfe, sie fragt sich, was in ihrer Ehe falsch gelaufen ist und wie sie sich jetzt als unfreiwilliger Neu-Single durchs Leben schlagen soll.

Tinder als Therapie

Ulrike kennt ihre Schwächen: Sie kann nicht gut allein sein und hasst Veränderungen. Die Vorwürfe ihrer Mutter und die Ratschläge ihrer Freundinnen sind in dieser Situation nur bedingt hilfreich. Ulrike hebt 2.000 Euro vom gemeinsamen Konto ab und flüchtet für ein paar Wochen nach Mallorca. Eine junge Frau, die sie zufällig am Strand kennenlernt, macht sie mit „Tinder“ bekannt. Fortan hat Ulrike eine Vollzeitbeschäftigung, die sie von ihren Problemen ablenkt: Männer aussuchen und daten. Dass sie auf dem Partnermarkt durchaus Chancen hat, auch wenn sie schon 47 ist und keine atemberaubende Schönheit ist, baut sie auf.

Eine Rechtsanwältin hat sie inzwischen auch. So naiv ist also nicht. Aber das Finanzielle scheint überhaupt kein Thema für sie zu sein. Darum hat sich immer ihr Mann gekümmert, da hat sie keinen Einblick. Er könnte sie nach Strich und Faden besch**ßen und sie würde es nicht merken. Auch Job- und Wohnungssuche: Fehlanzeige! Für Ulrike zählt nur, ob sie nochmals einen Mann finden kann.

Jede Menge Dating-Desaster

Der Großteil des Romans dreht sich dann auch um die verschiedenen Dating-Desaster. Und in diesem Bereich sind ja schon einige Gestörte unterwegs: Lügner, Proleten, Angeber, Romance Scammer, Aufreißer, Geizkrägen, Schluckspechte und andere Problembären. Man leidet mit Ulrike mit, schämt sich gründlich fremd und muss manchmal laut lachen.

Ich fand die Geschichte unterhaltsam. Wäre mir nicht ein Termin dazwischengekommen, hätte ich das Buch in einem Rutsch ausgelesen. Die Autorin kenne ich allerdings nur aus Presse und Fernsehen, ich habe noch nie ein Buch von ihr gelesen. Ich habe also keine Vergleichsmöglichkeiten und kann nicht sagen, ob AUSGEMUSTERT besser oder schlechter ist als eines ihrer anderen Bücher.

Ulrike verändert sich …

Ulrikes Gedanken und Gefühle nach der Trennung sind gut nachvollziehbar. Sie macht hier genau das, was die Wissenschaftsjournalistin Christina Berndt in ihrem Sachbuch INDIVIDUATION beschreibt: Sie passt sich an veränderte Umstände an, und dadurch verändert sich auch ihre Persönlichkeit. Nicht bis zur Unkenntlichkeit – dazu kennt die Autorin das Leben zu gut – aber schon so, dass  Familie und Freunde mitunter deutlich irritiert sind. Der Noch-Ehemann ist sogar total von den Socken, weil seine vormals so brave Frau auf einmal Klartext mit ihm spricht. Und Ulrike kann ganz schön vom Leder ziehen!

Ulrike gewinnt an Stärke und sie stellt Dinge in Frage, über die sie offenbar nie zuvor nachgedacht hat:

 „Definiere ich mich tatsächlich nur darüber, ob ich einen Mann an meiner Seite habe? Bin ich nicht selbst auch was wert? Muss ich Bestandteil eines Paares sein, um ein schönes Leben zu haben?“ (Seite 163)

Ohne Mann ist alles nix?

Für Ulrike lautet die Antwort eindeutig: Ja. Sie definiert sich über ihren Partner. Zu der Ansicht „es ist schön, wenn ich jemanden an meiner Seite habe, aber überlebensnotwendig ist es nicht“, gelangt sie nicht. Aber das wäre vielleicht auch ein wenig viel verlangt von einer Frau, die das Alleinsein fürchtet und, außer im Kreise ihrer Freundinnen, immer nur „Tochter von …“, „Frau von …“, „Mutti von …“ war.

Als selbstständige (Geschäfts-)Frau, die sehr wohl um ihren Wert unabhängig von Partner und Familie weiß, zieht man da schon die Augenbrauen hoch. Aber um diese Personengruppe geht in dem Roman gar nicht. Die Botschaft ist nicht: „Mach deinen Kram und verlass dich nicht blind auf einen Kerl“, sondern: „Auch wenn dein Oller dich ausrangiert hat und du schon Gebrauchsspuren hast: Du findest wieder einen Mann, er dich so schätzt und liebt, wie du bist.“

Nur ein bisschen emanzipiert

Die Fragen, die sich die Protagonistin über sich selbst und ihr Leben stellt, sind uns Leser*innen wahrscheinlich zu einem großen Teil vertraut. Die Reaktionen der Mitmenschen  womöglich auch. Das ist ja alles nur milde überzeichnet. Aber die Antworten, die Ulrike S. für sich findet, dürften nicht jeder Leserin gefallen. Heldinnen in heiteren Frauenromanen sind eben meist nur ein bisschen emanzipiert.

Die Autorin

Susanne Fröhlich ist erfolgreiche Moderatorin, Journalistin und Bestsellerautorin. Sie lebt in der Nähe von Frankfurt am Main. Sowohl ihre Sachbücher als auch ihre Romane – »Familienpackung«, »Treuepunkte«, »Lieblingsstücke«, »Lackschaden«, »Aufgebügelt«, »Wundertüte«, »Feuerprobe« und zuletzt »Verzogen« – wurden alle zu riesigen Erfolgen.

Rezensentin: Edith Nebel
E-Mail: EdithNebel@aol.com
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