Susanne Ackstaller: Auf das Leben! Das Glücksbuch für die besten Jahre, München 2023, Knesebeck Verlag, ISBN 978-3-95728-631-4, Klappenbroschur, 183 Seiten, mit Farbfotos von Martina Klein und Illustrationen von Veronika Gruhl, Format: 16 x 1,8 x 22,9 cm, Buch: EUR 28,00.
„Den einen und einzig wahren Weg zum Glück gibt es nicht. […]. Was uns glücklich macht, können wir nur selbst herausfinden. Manchen ist das im Laufe ihres Lebens gelungen, andere suchen den Weg noch – oder sie nehmen mit fünfzig, sechzig oder noch später die Suche wieder auf: weil neue Lebenssituationen den Blick auf das, was wichtig ist und Glück bedeutet, verändert haben.“
(Seite 7)
Zufriedenheit und Lebensfreude mit 50 +
Das Älterwerden selbst würden wir schon hinkriegen. Das geht ja automatisch – sofern uns dieses Glück vergönnt ist. Die Frage ist aber, wie wir damit umgehen. Hadern wir mit Fältchen, Pfunden, grauen Haaren und damit, zunehmend „unsichtbar“ zu werden? Oder finden wir eine Möglichkeit, auch jenseits der Fünfzig unser Leben so zu gestalten, dass es möglichst viel Glück, Zufriedenheit und Lebensfreude für uns bereithält? Da wir nicht die ersten weiblichen Wesen sind, die die Fünfzig überschreiten oder bereits überschritten haben, muss es doch welche geben, die es auf genau diese Weise geschafft haben!
Susanne Ackstaller hat siebzehn solcher Positiv-Beispiele gefunden und für uns interviewt. Und wir haben nun die Gelegenheit, zu entdecken, wie diese bemerkenswerten Frauen denken und handeln und können uns in aller Ruhe überlegen, von wem wir uns vielleicht was abgucken können.
Wie machen das die anderen?
Die porträtierten Frauen sind keine Glückskinder, die mit dem silbernen Löffel im Mund geboren worden sind. Und das ist gut so. Wer nie die Sorgen und Probleme von uns „Normalbürgerinnen“ teilen musste, der taugt für mich nicht so recht als Vorbild. Da denke ich immer: ‚Ja die! Die kann leicht!‘
Die Frauen im Buch können auch von schwierigen Startbedingungen, allerlei Umwegen, Schicksalsschlägen und/oder Krankheiten berichten. Hier erzählen von der Landwirtin, Verkäuferin und Buchhändlerin über die Wissenschaftlerin und die Ordensschwester bis zur Politikerin und Künstlerin „normale“ Frauen aus ihrem Leben. Unter ihnen werden sich sicher welche finden, mit denen sich die Leserin identifizieren und von denen sie sich inspirieren lassen kann.
Porträts und Kolumnen
Man kann das Buch von der ersten bis zur letzten Seite lesen, wie man das halt so macht: Alle 17 Frauenporträts hintereinander und die dazwischen eingestreuten humorvollen Kolumnen der Autorin, in denen sie kompetent und unterhaltsam Themen aufgreift wie „Zwischen Hexenhaar und Baucheinziehen“, den Auszug der erwachsenen Kinder, das Verwirklichen von Träumen, Veränderungen, Zipperlein und Rentnerbeige und vieles andere mehr. Man liest, schmunzelt und fühlt sich verstanden.
Man kann aber auch fröhlich kreuz und quer durchs Buch springen und zuerst das lesen, was einen spontan am meisten anspricht. So habe ich angefangen. Ich habe erst einmal geschaut, welche Interviewpartnerinnen ich (zum Beispiel aus dem Netzwerk texttreff) kenne. Da sind schon welche dabei. Und natürlich kenne ich die Politikerin Claudia Roth und die Künstlerin und Autorin Gloria Gray.
Von Claudia Roth bis Gloria Gray
Wenn mir vorher jemand erzählt hätte, dass Roth und Gray im selben Buch auftauchen, hätte ich es nicht für möglich gehalten. Aber warum nicht? Über Kunst, politisches Engagement und ihre Vorstellungen von Glück und Zufriedenheit haben beide viel Interessantes zu berichten.
„Glück ist kein Dauerzustand“, sagt die Kulturwissenschaftlerin Annegret Braun. „Glück ist etwas Besonderes, das nicht immer verfügbar ist.“ (Seite 18). Ich denke, das ist uns im Lauf unseres Lebens allen bewusst geworden. Niemand, der seine sieben Zwetschgen beieinander hat, strebt nach permanenter Euphorie. Nach Zufriedenheit dagegen schon. Was aber nicht zu verwechseln ist mit Stillstand. Manch eine krempelt mit 50+ noch einmal ihr ganzes Leben um, orientiert sich privat und/oder beruflich neu und verwirklicht lang gehegte Träume. Und das kann man nur, wenn man nicht bequem auf dem Sofa sitzt, sondern aktiv wird und sein Leben selbst in die Hand nimmt.
Was immer wieder zur Sprache kommt:
So unterschiedlich die interviewten Frauen, ihre Lebensgeschichten, Erfahrungen und Ziele auch sind, es gibt Punkte, die in vielen Gesprächen auftauchen:
- Kleine Glücksmomente genießen,
- Beziehungen pflegen,
- Selbst aktiv werden, nicht in einer Opferrolle verharren,
- Chancen nutzen, Neues ausprobieren, die Komfortzone verlassen,
- Dankbar sein,
- Weniger perfektionistisch sein,
- Sich nicht an Schönheitsidealen abarbeiten, die selbst für Dreißigjährige unerreichbar sind,
- Nicht mit dem Schicksal hadern, sondern Lösungen suchen,
- Sich am „kölschen Grundgesetz“ orientieren, das übersetzt besagt: „Es kommt wie es kommt“ und „es ist noch immer gutgegangen“,
- Auf die Ratschläge der medialen „Modepolizei“ pfeifen und sich so (farbenfroh) zurechtmachen, wie man sich wohlfühlt. Wenn es anderen nicht gefällt, ist das deren Problem.
- Für Veränderungen ist es nie zu spät.
Ein bisschen Unvernunft tut gut
Die einen Frauen starten mit 50+ beruflich nochmals neu durch, die anderen treten kürzer und/oder fangen mit etwas ganz Neuem an. Das kann, muss aber nicht von monetärem Nutzen sein. Wenn jemand auf einen Bauernhof ziehen will, im Rentenalter Kunstgeschichte studiert oder ein Instrument zu spielen lernt, ohne dass irgendeine Verdienstmöglichkeit damit verbunden ist – fein! Das dürfen die lieben Mitmenschen gern verrückt finden, das muss einen aber nicht kümmern. Ein bisschen Unvernunft ist durchaus okay. Das sage ich ja schon immer! 😉
Tipps und Anregungen
Neben den Interviews mit den vielen schlauen Frauen, den interessanten Einblicken in die verschiedenen Biographien und lebensklugen, humorvollen Kolumnen gibt’s eine Menge Tipps für weiterführende Literatur sowie Hinweise auf die Romane der hier vorgestellten Autorinnen (die ich zum Glück schon kannte). Manche Bücher ziehen weitere nach sich. Das hier ist so eines.
Also: Lassen wir uns durch das Buch anregen, hören wir nicht auf zu träumen und unsere Träume zu realisieren – und sch…, äh, scheren wir uns nicht um unsinnige Verhaltensregeln, die wildfremde Leute für uns aufstellen, die uns rein gar nix zu befehlen haben!
PS: Bin ich die Einzige, die beim Buchtitel AUF DAS LEBEN an den hebräischen Trinkspruch „L’Chaim“ denken muss, der ebendieses bedeutet? Wer auch noch den Transfer zum gleichnamigen Song aus dem Musical „Anatevka“ mitmacht, ist ein Nerd. 😊
Die Autorin
Susanne Ackstaller ist Texterin, Kolumnistin und Bloggerin. Seit 2009 schreibt sie auf ihrem Blog Texterella, der zu den bekanntesten Blogs Deutschlands zählt, über Mode und Lifestyle. Texterella richtet sich insbesondere an Frauen über 50, vor allem aber an Frauen, die ihren Weg voller Freude und Lebenslust gehen – unabhängig von Alter und Kleidergröße.
Die Fotografin
Martina Klein ist Fotografin und bloggt unter Still Sparkling über Stil, Reisen, Beauty und Genuss für die Generation ü50. In ihren Bildern fängt sie mit viel Feingefühl die individuelle Persönlichkeit der Portraitierten ein und holt sich dabei besonders gerne Frauen über 40 vor ihre Kamera.
Die Illustratorin
Veronika Gruhl ist Illustratorin aus München. Das Zeichnen von Menschen und Mode liegt ihr dabei besonders, sodass sie einen der Schwerpunkte ihrer Arbeit auf die Live-Illustration auf Events gelegt hat.
Rezensentin: Edith Nebel
E-Mail: EdithNebel@aol.com
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