Michi und Marc Schreiber: Unter Affen. Unsere Reise als Freiwilligenhelfer in Südafrika 

Michi und Marc Schreiber: Unter Affen. Unsere Reise als Freiwilligenhelfer in Südafrika. München 2024, Conbook Verlag in der Bruckmann Verlag GmbH, ISBN 978-3-95889-476-1, Klappenbroschur, 256 Seiten, mit farbigem Bildteil, Format: 13,9 x 2,7 x 21,1 cm, Buch: EUR 16,99, Kindle: EUR 12,99.

Abb.: (c) Conbook Verlag

„Ich denke mir oft: Wenn es schiefgeht, gibt es Plan B und Marc denkt, wenn es schiefgeht, sind wir alle tot.“ 

(Seite 247)

Von Flitterwochen der besonderen Art berichten uns hier die Eheleute Schreiber. Hitze statt Hotel, Affen versorgen statt „All Inclusive“, knochenharte Tierschutzarbeit statt trauter Zweisamkeit … Das macht der frisch gebackene Gatte wahrscheinlich nur mit, weil er schwer verliebt ist. Als die beiden geheiratet haben, kannten sie einander erst seit ein paar Monaten. In diesem Stadium der Beziehung tut man dem anderen zuliebe noch fast alles.

Marc kann aber nicht mal sicher sein, dass seine Michi am Ende der Flitterwochen wieder mit ihm nach Deutschland zurückfliegt. Sie hat schon einmal – vor seiner Zeit – ihren Südafrika-Aufenthalt spontan verlängert, um einen Affen aufzuziehen. Damals hat sie ihren Studienplatz und ihre Beziehung aufgegeben und es hingenommen, dass ihr heimisches Umfeld von ihrem Verhalten schockiert war. Irgendwann ist sie dann doch nach Deutschland zurückgekehrt, war seitdem aber immer wieder als freiwillige Helferin in Südafrika.

Für Michelle Schreiber („Michi“) ist also das unbequeme Leben im Camp der Freiwilligenhelfer und das Pflegen und Auswildern von Pavianen und Meerkatzen nichts Neues. Sie brennt und lebt für dieses Projekt. Marc Schreiber hatte vor seiner Begegnung mit Michi noch nie davon gehört. 

Die junge Frau ist emotional, quirlig, spontan und lebensfroh. Der Polizeibeamte Marc, ein paar Jahre älter als sie, hat’s lieber bodenständig, ruhig und überschaubar. Planung und Sicherheit, das ist sein Ding. Jetzt, in den Flitterwochen, will sie ihm ihre Welt zeigen, die offensichtlich überhaupt nicht zu ihm passt, und er trottet gutmütig hinterdrein. O je, denkt man als Leser:in, das kann nicht gutgehen! Schon die Anreise ist eine Katastrophe: penibler Planungsfreak und chaotische Improvisationskünstlerin gemeinsam auf dem Weg ans Ende der Welt. Die machen sich mit ihren Eigenheiten gegenseitig wahnsinnig!

Es dauert eine Weile, bis Marc einsieht, dass Michis Vorgehensweise besser zu den südafrikanischen Verhältnissen passt als seine. So ganz kann er zwar nicht aus seiner Haut, aber weil sie sich hier auskennt, ist sie hier auch der Boss.

Im Camp stellt er sich zunächst unbeholfen an. Kein Wunder: Für ihn ist ja alles neu. Mit Routiniers wie Michi, die sämtliche Affen mit Namen kennt, während für ihn alle gleich aussehen, die genau weiß, wie man sich verhalten muss, wenn man zu ihnen ins Gehege geht und wie’s läuft, wenn man sie zum „baboon walk“ ausführt, sie also draußen ihre natürliche Umgebung erkunden lässt. (Schließlich ist Auswilderung das Ziel.) 

Die Affen spüren seine Unsicherheit und versuchen prompt, ihn zu dominieren. Sie stürzen sich auf ihn und mobben ihn regelrecht. Das geht für ihn nicht ohne Blessuren ab. Die Biester beißen! 

Die erfahrene Affenkennerin Michi erklärt ihm, wie er sich ihrer erwehren soll: Sich groß machen, laut schreien – und wenn das nichts nützt, sich den Rädelsführer schnappen, zu Boden drücken und ihn in den Schweif beißen. 

Beißen? Einen Affen? Da hinten? Igitt! 😊 – So würden wir vermutlich auch reagieren. Aber wenn’s hilft …!

Geduldig bereitet Marc mit den anderen Helfer:innen Affenfutter vor, reinigt Käfige, füttert die Tiere, führt sie auf ihren „Walk“, versorgt zusammen mit seiner Frau ein Pavian-Flaschenkind, stutzt Hecken mit einer Machete und fängt Unmengen Insekten für ein nachtaktives Buschbaby, das ebenfalls auf der Station einquartiert ist. Er kann sich zwar Schöneres vorstellen, aber wenn seine Frau glücklich ist, ist er es auch. 

Als Pavian Tyga sich Marc als Bezugsperson aussucht und wie eine Klette an ihm hängt, spürt er erstmals die Faszination, die von dieser Tierschutzarbeit ausgeht. Das also begeistert Michi so! Ja, langsam kann er es verstehen. Und als eine Fuhre belgischer Studierende der Tiermedizin ins Camp kommt und sich bei der Begegnung mit den Tieren recht memmenhaft aufführt, kann er das überhaupt nicht nachvollziehen. Was haben die Studis denn? Das sind doch nur Affen!

Michi ist unfassbar stolz darauf, dass ihr Mann das mit den Tieren so prima hinkriegt und sich auch nicht von wiederkehrendem Stromausfall, unsäglicher Hitze, Mückenschwärmen, Schlangen und schlaflosen Nächten unterkriegen lässt. Ja, doch, mit diesem Kerl hat sie einen guten Fang gemacht! 😊

So mutig Michi auch ist und so viel sie sich im Umgang mit Tieren (zu)traut: Als es darum geht, den Camp-Betreibern ihre Idee für eine eigene Tierschutzorganisation zu unterbreiten, bekommt sie das Fracksausen. Was, wenn Liz und Gus sie auslachen, weil sie noch so jung ist und einen so großen Plan hat? Oder wenn sie das Ganze für eine Kateridee halten und strikt dagegen sind? Dann würde aus der ambitionierten Idee ein Rohrkrepierer. Auch hier erweist sich der besonnene Gatte als äußerst hilfreich: Intensiv probt er mit ihr das Gespräch samt allen erdenklichen Einwänden, die von den Gesprächspartnern kommen könnten. Dieser Mann ist einfach Gold wert!

Jetzt, wo die beiden schon mal hier sind, sehen sie natürlich mehr vom Land als nur das Camp. Und Marc ist überwältigt von der Schönheit Südafrikas. Selbstverständlich werden sie bald wiederkommen! Die Frage ist nur, ob Michi überhaupt mit ihm zurückfliegt …

Ich finde es aufschlussreich und sehr amüsant, wie dieser Freiwilligen-Einsatz aus den zwei verschiedenen Perspektiven erzählt wird: aus der der erfahrenen Tierschützerin und aus der des absoluten Neulings, der langsam in das Thema hineinwächst. Ich bewundere die Energie, den Mut und die Leistung von Michi Schreiber. Vom Temperament und der Lebenseinstellung her bin ich allerdings eher Team Marc: Planung und Sicherheit. 

Die Frau bewegt was, gar keine Frage! Aber dieses „Affentempo“, das sie bei allem vorlegt, was sie macht, würde mich binnen kürzester Zeit die Wände hochtreiben. Daher gilt meine Hochachtung auch ihrem Mann für seinen Langmut, seine Courage und die Flexibilität, die er auf dieser Reise unter Beweis gestellt hat. Das ist für Sicherheitsfreaks nicht selbstverständlich.

Ja, und natürlich erfährt man hier auch allerhand Interessantes über Südafrika, über Affen, Tierschutz, Artenschutz und einiges mehr. Ich werde mich auf jeden Fall über die Arbeit des Autorenpaars auf dem Laufenden halten. 

Eine kleine Anmerkung noch zum Buch selbst: Bei Lektorat/Korrektorat wäre noch ein wenig Luft nach oben gewesen. Aber ich glaub‘, diesbezüglich bin ich hoffnungslos altmodisch. Wortwiederholungen und sinnentstellende Schreibfehler sieht man heute wohl nicht mehr so eng. Zugegeben: Dem Tierschutzgedanken schadet das nicht.

Michi Schreiber wurde 1996 in der beschaulichen Eifel geboren und wuchs dort auf, ehe es sie nach dem Abitur ins südliche Afrika zog. Dort entdeckte sie ihre Leidenschaft für Primaten – insbesondere Paviane. Aus dem Wunsch, ihr Leben dem Schutz von Primaten zu widmen, ist binnen fünf Jahren nicht nur ihr Unternehmen für nachhaltige und seriöse Freiwilligenarbeit, sondern auch ihr Verein AFFENSTARK e.V. entstanden, der sich auf nationaler und internationaler Ebene für Tier- und Artenschutz stark macht. Mit Herz und Verstand geht sie nach ihrem Abschluss in Primate Conservation (M.Sc.) in Oxford einen ungewöhnlichen Weg, um ihren Lebenstraum zu erfüllen: so vielen Primaten wie möglich ein Leben in Freiheit zu schenken!

Marc Schreiber wurde 1989 in Würselen an der niederländischen Grenze geboren, ehe er im Alter von 15 Jahren in die Eifel zog. Dort lernte der heutige Kriminalbeamte, der mehrere Jahre im Bereich Tier- und Artenschutz ermittelte, auch seine Frau Michi Schreiber kennen. Er unterrichtet an der Polizeihochschule als Dozent und verbringt, wann immer es geht, Zeit mit seiner Frau im südlichen Afrika, um sich mit ihr und dem gemeinsamen Verein AFFENSTARK e.V. für den Schutz und Erhalt diverser Primaten- und Wildtierarten einzusetzen.

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Rezensentin: Edith Nebel
E-Mail: EdithNebel@aol.com 
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