Lisa Graf: Lindt & Sprüngli. Zwei Familien, eine Leidenschaft. Roman

Lisa Graf: Lindt & Sprüngli. Zwei Familien, eine Leidenschaft. Roman, München 2024, Penguin Verlag in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, ISBN 978-3-328-60366-5, Klappenbroschur, 477 Seiten, Format: 13,7 x 4,1 x 20,6 cm, Buch: EUR 17,00 (D), EUR 17,50 (A), Kindle: EUR 12,99, auch als Hörbuch lieferbar.

Abb.: (c) Penguin Verlag

„Wer wagt, gewinnt, Vater. Das ist das Motto unserer Zeit und aller mutigen Männer, die jetzt die Wirtschaft und die Gesellschaft prägen werden. Du wirst es hoffentlich noch erleben, dass ich recht habe.“ 

(Seite 243/244)

Zürich 1826: Rudolf „Ruedi“, Sohn des Konditorgesellen David Sprüngli aus der Marktgasse, weiß schon als Zehnjähriger genau, was er will. Seit er beim Apotheker Schokoladentaler gekostet hat, möchte er Chocolatier werden. Die Schokolade schmeckt gut, ist aber von der Konsistenz her ein wenig sandig. Das kann man garantiert besser und günstiger machen als der Apotheker es hinkriegt. Dann könnte man das Zeug zum Vergnügen essen und nicht nur als Medizin einnehmen. Obwohl die stärkende Wirkung der Schokolade schon überzeugend ist: Rudolfs Mutter hat sie nach einer langwierigen Erkrankung wieder auf die Beine geholfen.

Und noch etwas ist Rudolf schon als Kind klar: Wenn er groß ist, wird er die schwarzhaarige Katharina heiraten, die Tochter des Feuerwächters und Musikers Kaspar Ammann. Als er ihr das bei ihrer ersten Begegnung sagt, tut sie das als Kinderei ab. Katharina ist schon 14, Ruedi gerade mal 10. Sie wird mit dem Heiraten sicher nicht warten, bis der Kleine endlich erwachsen ist. Aber der Junge meint es todernst.

Als Rudolf alt genug ist, geht er in der Confiserie Vogel, in der sein Vater als Geselle arbeitet, in die Lehre. Vergnügen ist das keines! David Sprüngli ist ein strenges, humorloses Arbeitstier und konservativ bis auf die Knochen. Und als Sohn des Lehrherrn hat der Junge es bei seinen Kollegen auch nicht leicht. Aber er hat ein Ziel vor Augen und kämpft sich durch.

Nach Abschluss seiner Ausbildung will er nicht in der Konditorei Vogel bleiben, sondern auf Wanderschaft gehen, um noch mehr zu lernen, vor allem natürlich das Herstellen von Schokolade. Diesen Traum hat er noch immer. Dazu muss er zu „den Welschen“, also in die französischsprachige Schweiz, obwohl er gar kein Französisch spricht. Sein Vater, der außer seinem Heimatdorf und Zürich noch nichts von der Welt gesehen hat, ist natürlich dagegen. Rudolf geht trotzdem. 

Bei Monsieur Callier in Vevey lernt er schließlich, wie man Schokolade macht und dass die Beschaffung des Rohstoffs Kakao eine riskante und teure Angelegenheit ist. Man muss in Vorleistung treten und wenn die Ware unbrauchbar ankommt, ist das Geld weg.

Katharina Ammann, die Rudolf noch immer nicht aus dem Kopf geht, hat unterdessen ihre Schneiderinnenlehre beendet und arbeitet als Hausdame im Hotel ihrer Tante – in Luzern. Dort läuft Rudolf ihr auf dem Heimweg von der Walz zufällig über den Weg. Ausgerechnet in dem Schneideratelier, in dem sie gerade ihr Brautkleid anprobiert. Das trifft ihn hart. Abert so schnell gibt er nicht auf …

Inzwischen hat Sprüngli Senior daheim in Zürich die Konditorei Vogel übernommen und Rudolf steigt mit ein. Der Betrieb trägt jetzt den Namen „Sprüngli und Sohn“. Doch viel zu sagen hat der Junior nicht. Bald fliegen die Fetzen. Der Vater will nur sparen und bewahren, der Sohn möchte investieren, expandieren und auch mal was riskieren. Wenn man immer das gleiche macht, kommt man nicht weiter, sagt er sich. Der Vater dagegen wehrt sich gegen alles Neue und denkt gar nicht daran, den Sohn ans Ruder zu lassen. Man kennt diese Art des Generationenkonflikts von vielen Familienbetrieben bzw. Firmenübergaben.

Rudolf kann es seinem Vater nicht recht machen, da kann die Mutter noch so angestrengt zwischen den beiden vermitteln. In Davids Augen macht sein Sohn alles falsch: Er erweitert die Produktpalette, er erschließt neue Kundensegmente im Luxusbereich, er nimmt Kredite auf und schließt sich einer Zunft an. Er will die Handwerkertochter nicht heiraten, die seine Eltern für ihn ausgesucht haben – Katharina will er oder keine! – und er schleppt einen Waisenjungen als Lehrling und Ziehsohn an, dem alle zutiefst misstrauen.

Der Erfolg gibt Rudolf zunächst Recht. Doch durch den Bekanntenkreis der Familie sickern auf einmal für die damalige Zeit radikale politische Ideen in die Firma Sprüngli ein. Das könnte gefährlich werden …

Ich interessiere mich schon lange für die kleinen Anfänge großer Ideen. Auch wenn LINDT & SPRÜNGLI eine romanhafte Aufbereitung der Firmengeschichte ist und keine offizielle Biografie, habe ich fasziniert verfolgt, wie sich vor 200 Jahren aus zwei kleinen Schokoladentalern ein Unternehmen entwickelt hat, das heute noch auf dem Markt ist.

Ja, gut: Atemberaubend spannend ist das nicht. Es ist kein Thriller, hier passiert ganz einfach das Leben. Ich habe das Buch trotzdem zügig durchgelesen, weil ich wissen wollte, ob und wie sich Rudolf mit seinen modernen Ideen durchsetzt, ob seine mutigen Pläne aufgehen oder ob er irgendwann mal auf die Nase fällt. Als Leserin möchte man, dass er erfolgreich ist und es allen Zweiflern und Zauderern zeigt. Würde er scheitern, würde der grantige Senior triumphieren, und das gönnen wir ihm nicht. Auch wenn seine Denkweise und seine Beweggründe durchaus nachzuvollziehen sind.

Das also ist die Geschichte der Familie und Firma Sprüngli von 1826 bis 1863. Wenn sich jetzt jemand fragt, wo die titelgebenden Lindts sind: Die kommen in diesem Band noch gar nicht vor. Ich gehe, wie bei der erfolgreichen Dallmayr-Saga, auch hier von einem Dreiteiler aus. Band 1: Sprüngli, Band 2: Lindt – und dann finden die beiden Firmen ja irgendwie zusammen. Das könnte der Inhalt des 3. Bandes sein. Wie gesagt: das ist pure Spekulation.

Auf die Gefahr hin, dass es durch die Kombination zweier Familien- und Firmengeschichten mit der Zeit zu einer unübersichtlichen Anzahl von Romanfiguren kommt: Jetzt will ich wissen, wie das mit den ersten deutschsprachigen Schokoladenmachern weitergeht! Im Anhang gibt es neben der Erklärung spezifisch schweizerischer Begriffe auch ein ausführliches Personenverzeichnis. Wenn das in den Folgebänden so beibehalten wird, ist es bestimmt sehr hilfreich. Ich bleibe dabei und werde berichten!

Lisa Graf ist in Passau geboren. Nach Stationen in München und Südspanien schlägt sie gerade Wurzeln im Berchtesgadener Land. Sie hat nicht viele Schwächen, aber zu Lindt-Schokolade konnte sie noch nie nein sagen. Mit ihrer Familiensaga „Dallmayr“ eroberte sie sowohl die Herzen ihrer Leserinnen als auch die Bestsellerliste und schaffte es bis an die Spitze der SPIEGEL-Bestsellerliste. Nun erscheint die mit Spannung erwartete neue Saga „Lindt & Sprüngli“, in der sie die bewegte Geschichte rund um die weltberühmten Schweizer Chocolatiersfamilien erzählt.

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Rezensentin: Edith Nebel
E-Mail: EdithNebel@aol.com
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