Anna Cavelius: Kluge Frauen & ihre Katzen

Anna Cavelius: Kluge Frauen & ihre Katzen, München 2012, arsEdition GmbH, ISBN: 978-3-7607-6413-9, 112 Seiten mit zahlreichen großformatigen Abbildungen in Farbe und Schwarz-Weiß, Hardcover mit Schutzumschlag und Lesebändchen, Format 19,7 x 24,7 x 1,5 cm, EUR 19,99 [D], EUR 20,60 [A], CHF 28,90.

Frauen und Katzen sagt man von je her eine besondere Verbindung nach. „Im alten Ägypten, dem antiken Griechenland und bei den Germanen wird die Katze jeweils einer mächtigen Göttin im Pantheon zugesellt: der Beschützerin der Frauen, der Fruchtbarkeit und der Liebe.“ (Seite 9)

Da braucht man sich über das Schicksal der Katzen zu Zeiten der Hexenverfolgung nicht zu wundern: Mitgefangen, mitgehangen. „Mit Verbreitung des Christentums verbreiteten sich auch zusehends abergläubische Abwandlungen der eigentlichen Religion, in denen ein Misstrauen der Frau und mit der Zeit auch der Nacht-affinen Katze gegenüber seinen Ursprung fand.“ (Seite 18). Mitgefangen, mitgehangen. Als man den angeblich zauberkundigen – und vielfach nur heilkundigen – Frauen den Garaus machte, ging es auch den Katzen an den Kragen. Und was hatte man davon? Die Pest! Durch die starke Dezimierung des Katzenbestands vermehrten sich verstärkt die Ratten und Mäuse und damit auch die Rattenflöhe, durch die die Krankheit auf die Menschen übertragen wurde. Ganze Landstriche wurden durch die Pest entvölkert. Sowas kommt von sowas.

Mit Rückgang des Aberglaubens wurde zum Glück auch die Katze „rehabilitiert“ und galt wieder als geschätztes und geliebtes Haustier. Und Frauen, die Katzen halten, müssen sich nicht mehr vor dem Scheiterhaufen fürchten. 😉

Rund 20 Porträts kluger und unangepasster Katzenfreundinnen hat Anna Cavelius in diesem liebevoll ausgestatteten Band zusammengestellt – von der Gesellschaftsdame Marquise du Deffand (1697 – 1780) bis zu den Hollywood-Diven und Schriftstellerinnen von heute.

Von Marie Antoinette und Königin Victoria I. weiß man ja vieles, aber dass sie Katzenfreundinnen waren, war zumindest mir neu. Die schreibenden Schwestern Bronte hielt man seinerzeit aus den verschiedensten Gründen für etwas wunderlich. Unter anderem deshalb, weil sie ihre Haustiere mit Respekt und Zuneigung behandelten. Das war in der viktorianischen Zeit nicht üblich. „Man dachte an das Tier weitgehend nicht als Lebewesen, sondern als unbelebtes Nutzobjekt (…)“ (Seite 41) Und Rosa Luxemburg hing so an ihrer Katze Mimi, dass sie aus dem Gefängnis heraus ein neues Zuhause für sie organsierte und an die neue Besitzerin besorgte Briefe schrieb. Monatelang wagte es niemand, die Inhaftierte vom Tod ihrer geliebten Katze zu unterrichten.

Erschreckend, was man begabten Frauen wie der Malerin und Kinderbuchautorin Beatrix Potter (1866 – 1943) beruflich für Steine in den Weg gelegt hat! Und auch Sidonie Gabrielle Colettes (1873 – 1954) Romane erschienen zunächst unter dem Namen ihres Ehemanns. Wer sie gelesen hat, muss doch gemerkt haben, dass diese Geschichten nur von einer Frau stammen können!

Mehr als ihre Liebe zu Katzen eint viele der porträtierten Damen ihr Mut, ein selbstbestimmtes, unkonventionelles Leben zu führen, das sicher nach den Maßstäben ihrer Zeit als skandalös galt. Das waren keine braven Hausfrauen, die sich nur um Kinder, Küche und Katzen kümmerten. Sie bewegten sich selbstsicher in den Kreisen der Künstler und Intellektuellen, heirateten, ließen sich scheiden, nahmen sich Liebhaber und hatten oft eine eigene (künstlerische) Karriere. Dass sie die unabhängige Katze als Haustier favorisierten, passt ins Bild. Die Schriftstellerinnen Sidonie Gabrielle Colette, Katherine Mansfield und Ricarda Huch, die Schauspielerinnen Sarah Bernhardt und Anna Magnani, die Malerinnen Suzanne Valadon, Leonora Carrington und ihre Rivalin um die Gunst des Malers Max Ernst, Leonor Fini … sie alle hatten ein wildes und intensives Leben.

Da sind einige hochinteressante Frauen-Kurzbiographien dabei, die eine nähere Beschäftigung lohnen. Die Namen und Werke, von denen die Rede ist, kennt man vielleicht. Von der interessanten Frau, die dahintersteht, weiß man oft nicht viel. Gut möglich, dass man zu recherchieren anfängt, weil einen bestimmte Katzenfreundinnen besonders faszinieren. Oder weil man Informationen in dem Buch auf den Grund gehen will. Kann es wirklich sein, dass das Gemälde auf Seite 81 ein Selbstbildnis der Malerin Leonor Fini darstellt? Das Bild zeigt eine junge Frau mit afrikanischen Gesichtszügen. Fini selber ist italienisch-argentinischer Abstammung und ein herber, dunkelhaariger Typ mit spitzem Kinn … ein bisschen wie Colette. Irgendwie merkwürdig …

Beim Beitrag über die Malerin und Lithografin Berthe Morisot – die Schwägerin des impressionistischen Malers Edouard Manet – fragt man sich, wie sie zu ihrem Nachnamen kommt. Wenn die Eltern Thomas hießen und der spätere Ehemann Manet, warum heißt Berthe dann Morisot? Des Rätsels Lösung: Hier fehlt was! „(…) Berthe Morisot (…) wird am 14. Januar 1841 in Bourges als drittes Kind von Tiburce [Morisot] Marie Cornelie Thomas geboren.“ (Seite 60). Im Text ist der Nachname des Vaters unter den Tisch gefallen. Nicht schlimm. Ich sagte ja schon, dass das Buch zum Suchen, Nachschlagen und Recherchieren animiert. Interessierte Leserinnen werden sich geraume Zeit mit dieser Fülle an Informationen beschäftigen. Doch ich warne: Dieses Werk könnte weitere Käufe nach sich ziehen! Hier eine Biographie, da ein Bildband … und gab’s da nicht eine Fernsehdokumentation über Leonora Carringtons Leben und Werk? Ist die vielleicht auch auf DVD erschienen?

Das Buch ist wunderschön ausgestattet mit Fotos, Zeichnungen und Gemälden. Schon allein der Schutzumschlag mit dem Titelbild von John William Godward und den in zarter, glänzender Schrift (Drucklack) auf der Rückseite und den Klappen aufgebrachten Namen der porträtierten Frauen wirkt ungeheuer edel. Und wo findet man heute noch Bücher mit Lesebändchen?

Wenn Sie eine vielseitig interessierte, belesene Frau mit Katze sind, dann beschaffen Sie sich dieses Buch. Wenn Sie eine solche Frau kennen, schenken Sie’s ihr.

Die Kurzporträts
Marquise du Deffand • Marie Antoinette • Victoria I. • Frances Simpson • den Schwestern Bronte • Beatrix Potter • Sarah Bernhardt • Berthe Morisot und Julie Manet, Suzanne Valadon • Katherine Mansfield • Ricarda Huch • Leonora Carrington und Leonor Fini • Rosa Luxemburg • Anne Frank • Anna Magnani • Diven und Katzen aus Hollywood • Patricia Highsmith.

Die Autorin
Anna Cavelius arbeitete nach dem Studium der Philosophie (M.A.) in München sowie an den Universitäten von Siena und Salamanca als PR-Verantwortliche für den Zeitschriftenverlag IDG. 1995 machte sie sich als Autorin und Redakteurin für medizinische sowie psychologische Themen selbstständig und veröffentlichte seither viele erfolgreiche Ratgeber und Sachbücher. Sie lebt mit ihrer Familie unweit von München am Ammersee.

Rezensent: Edith Nebel
EdithNebel@aol.com

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