Lars Simon: Lennart Malmkvist und der ziemlich seltsame Mops des Buri Bolmen. Roman, München 2016, dtv Deutscher Taschenbuch Verlag, ISBN 978-3-423-21651-7, Softcover, 431 Seiten, Format: 11,8 x 3 x 19 cm, Buch: EUR 9,95 (D), EUR 10,30, Kindle Edition: EUR 7,99, auch Hörbuch-CD lieferbar.
Vielleicht bekäme man auch Rabatt wenn man sich gleich zu zweit einweisen ließe, schoss es Lennart durch den Kopf. „Frederik, du überforderst mich. Was redest du denn da? Es gibt Macht, es gibt sie nicht? Was denn nun? Natürlich gibt es so etwas nicht!“ (Seite 229)
Was man wissen sollte, bevor man zu lesen anfängt:
- Dieser Band mit dem sperrigen Titel ist er erste Teil einer Serie. Entsprechend langsam entwickelt sich der Plot. Mit der Beantwortung aller Fragen ist hier also nicht zu rechnen. Da bleibt noch einiges für die Fortsetzungen übrig.
- Es ist Urban Fantasy, aber kein weichgespülter Mädchenkram mit verliebten Vampiren.
- Für Leute, die schon etwas von Lars Simon gelesen haben: Witzig ist der vorliegende Band auf jeden Fall, aber nicht so klamaukig-krawallig wie die Tierkot-Reihe.
Darum geht es
Lennart Malmkvist, schätzungsweise Ende 30, ist ein erfolgreicher Unternehmensberater in Göteborg mit ein paar Luxusproblemen: Sein Vater sähe ihn gerne als Nachfolger im Familienunternehmen, was Lennart aber nicht will. Und sobald die Beziehung zu einer Frau enger zu werden droht, bekommt er einen Hautausschlag, seine „Beziehungsallergie“. Seine etwas exzentrische Kollegin Emma Martensson versucht er deshalb nach einer gemeinsamen Nacht schnell wieder loszuwerden.
Zu Lennarts Dunstkreis zählen sein nerdiger Kumpel Frederik Sandberg – ein IT-Fachmann mit Star-Wars-Fimmel –, seine Nachbarin Maria Calvino – eine nette ältere Italienerin, die ihn gerne und gut bekocht –, sowie Buri Bolmen, der alte Herr, der im Erdgeschoss des Hauses einen etwas unübersichtlichen Laden mit Zauber- und Scherzartikeln betreibt. Buri ist in Ordnung, er betrachtet Lennart als so eine Art Ziehsohn. Nur sein Hund, der pummelige und sabbernde Mops Bölthorn, nervt ein bisschen.
Unerwartetes Erbe: ein Laden und ein Mops …
Als Buri in seinem Laden ermordet aufgefunden wird, gerät Lennarts Leben aus den Fugen. Er wird von der Polizei als tatverdächtig eingestuft und fühlt sich von einem unheimlichen Leierkastenmann verfolgt. Nach einem merkwürdigen Telefonat verschwindet seine Kollegin Emma spurlos. Er verliert unter kuriosen Umständen seinen Job – und dann eröffnet ihm ein Anwalt, der dem 19. Jahrhundert entsprungen zu sein scheint, dass er das beträchtliche Vermögen seines ermordeten Nachbarn erbt, wenn er den Zauberladen ein Jahr lang weiter betreibt und den Mops Bölthorn bei sich aufnimmt. Ohne Hund kein Erbe.
Was tut man nicht alles, um sich seinen Lebensunterhalt zu sichern! Aus dem Unternehmensberater Lennart Malmkvist wird also ein Zauberladen-Inhaber mit Hund. Völlig aus dem Ruder läuft die Sache, als Bölthorn während eines Gewitters zu sprechen anfängt und seinem neuen Herrchen eröffnet, dass Buri nicht nur deutlich vermögender war als alle für möglich gehalten hatten, sondern auch unfassbar viel älter. Er sei tatsächlich ein Magier gewesen und habe zusammen mit ein paar weit verstreut lebenden Berufskollegen über eine Handvoll Artefakte gewacht, die niemals aufeinandertreffen dürfen. Denn sollte es jemandem gelingen, die mehr als tausend Jahre alten Bruchstücke wieder zusammenzufügen, würde böse Kräfte wieder zum Leben erweckt. Und natürlich gibt es jede Menge Finsterlinge, die genau das gerne hätten.
… ein sprechender Mops
Selbstverständlich ist Bölthorn auch kein gewöhnlicher Mops, sondern ein (menschliches?) Wesen, das vor langer Zeit mit einem Fluch belegt und in einen dicken Hund verwandelt worden ist. Was er ursprünglich mal war, wofür er verflucht wurde und ob dieser Bann zu brechen ist, bleibt offen.
Lennart erwägt jetzt ernsthaft den Besuch bei einem Psychiater. In seiner Realität gibt es keine Magie und auch keine sprechenden Möpse. Aber so wie’s aussieht, ist tatsächlich jemand hinter den Artefakten her. Also muss etwas dran sein an der Geschichte. Irgendwie hängt auch Kollegin Emma Martensson mit drin und jetzt eben auch Lennart. Nun muss er Magie erlernen, Buri Bolmens Mörder finden und die Zusammenführung der Artefakte verhindern. Zum Vergnügen der Leser ist er damit heillos überfordert.
Ein Skeptiker im Reich der Magie
Ja, da hat Lars Simon seinem erfolgsverwöhnten Überflieger-Helden ganz schön was eingebrockt! Der durch und durch rationale Lennart muss sich jetzt von einem Hund verspotten und herumkommandieren lassen, mit einem mürrischen Orakel sprechen, das in einer verranzten Keksdose haust, und er muss akzeptieren, dass es Magie gibt. Ein Skeptiker im Zauberland – das führt zu einem Kulturclash der besonderen Art.
Wenn der gnadenlose Bölthorn seinem widerwilligen Menschen eine Magie-Grundausbildung angedeihen lässt, dann erinnert das ein bisschen an die verzweifelten Bemühungen von Ben Aaronovitchs Zauberlehrling Peter Grant. Der wurde auch aus der Normalität ohne Vorwarnung in eine magische Welt katapultiert und hatte keine andere Wahl, als das beste daraus zu machen.
Mörderhatz und Schnitzeljagd
Mehr noch als die Mörderhatz und die Schnitzeljagd nach den magischen Artefakten interessiert mich die Frage nach Bölthorns wahrer Gestalt. Ich habe die absurde Vorstellung, er könnte die verzauberte Feenprinzessin aus dem Olav-Tryggvason-Mythos sein, von dem er Lennart erzählt. Wenn dem je so wäre und diese Verwandlung wieder rückgängig gemacht werden könnte, würde Lennart nicht jedes Mal, wenn er die Fee sähe, den sabbernden, röchelnden und rülpsenden Hund vor Augen haben? Und würde er den brummigen Bölthorn nicht vermissen? Aber wahrscheinlich ist sowieso alles ganz anders. Um das herauszufinden werde ich diese Reihe auf jeden Fall weiter verfolgen.
Was bei mir nicht funktioniert, ist die Sache mit dem Vorwort. Damit habe ich generell ein Problem. Je weniger es mit dem Anfang der Geschichte zu tun hat, desto schneller vergesse ich es. Als der Vorwort-Faden nach rund 200 Seiten wieder aufgenommen wird, hat bei mir rein gar nichts geklingelt, nicht einmal, als ein entscheidender Eigenname fällt. Ich habe überhaupt erst wiederentdeckt, dass es ein Vorwort gegeben hat, als ich das Buch in Vorbereitung auf diesen Text noch einmal durchgeblättert habe. Aber egal. Was auch immer irgendwelche Hobbyarchäologen, Freizeithistoriker, Magier oder ominöse Bruderschaften treiben – der eigentliche Held der Reihe ist für mich sowieso der, pardon, verfluchte Mops.
Der Autor
Lars Simon hat nach seinem BWL- und Politologie-Studium zuerst lange Jahre als Marketingleiter einer IT-Firma gearbeitet, bevor er als Touristen-Holzhaus-Handwerker mit seiner Familie mehr als sechs Jahre in Schweden verbrachte. Heute lebt er in der Nähe von Frankfurt/Main. Lars Simon ist ein Pseudonym. Mehr über den Autor und seine Bücher sowie interaktive Erlebniswelten unter www.larssimon.de
Rezensent: Edith Nebel
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