Conny Sporrer, Anna Maria Sanders: So isser brav! Aus dem Leben verzweifelter Menschen und ihrer Hunde

Conny Sporrer, Anna Maria Sanders: So isser brav! Aus dem Leben verzweifelter Menschen und ihrer Hunde, München 2022, riva Verlag, ISBN 978-3-7423-2140-4, Softcover, 208 Seiten, mit Links/QR-Codes, die zu Zusatzinformationen bzw. Trainingstipps/Videos führen, Buchformat: 13,5 x 1,32 x 21 cm, Buch: EUR 15,00, Kindle: EUR 11,99.

Abb.: (c) Riva-Verlag

Im Vorwort schreibt Hundeexperte Martin Rütter: „Hundeexpertin und Trainer-Kollegin Conny Sporrer ist, gemeinsam mit ihrer Co-Autorin Maria Sanders, mit diesem Buch ein Spagat gelungen, den es so noch nicht gibt: Die Beiden haben einerseits die Höhen und Tiefen der Hundehaltung in eine wirklich unterhaltsame Story verpackt, gleichzeitig aber einen Ratgeber erschaffen, der grundlegende Erziehungstipps enthält und Hundeverhalten absolut verständlich erklärt.“ 

(Seite 7)

Ein Sachbuch in Romangestalt

So eine Mischung aus Roman und Sachbuch wie in diesem Band ist mir noch nie untergekommen. Statt trockene Lektionen zu lernen, begleiten wir eine bis dato ahnungslose Familie und ihren unerzogenen Second-Hand-Terriermischling beim gemeinsamen Lernen. Mal schildern Herrchen oder Frauchen ihre Erfahrungen, mal der Hund. Trainingsvideos, die man sich im Internet ansehen kann, unterstützen den Lerneffekt.

Ich hatte angenommen, dass sich die titelgebende Aussage „so isser brav“ auf den zu erziehenden Hund bezieht. Ich fürchte allerdings, das denkt sich der Hund, wenn er sein Herrchen wieder mal erfolgreich manipuliert hat. 😀 Harald Bergmann ist zwar ein liebevoller Ehemann und Vater, aber aus der Erziehung seiner beiden Söhne hält er sich gerne raus. Diese Aufgabe überlässt er lieber seiner Frau Doris. Wenn er schon nicht weiß, wie man erforderlichenfalls den eigenen Kindern Grenzen setzt, sie bestätigt, ermutigt und ihnen etwas beibringt, wie soll er dann mit einem Hund klarkommen? Ja, gar nicht, wenn ihm keiner zeigt, wie das geht!

Benji muss erzogen werden!

Den Terriermischling Benji hat die Familie aufgenommen, weil sie glaubte, ein Hund würde ihrem jüngeren Sohn, einem Zwölfjährigen mit ADHS, guttun. Doch jetzt stellen sie fest, dass sie sich mit dem temperamentvollen Junghund wohl eher einen Terror-Mischling eingefangen haben. Noch mehr Chaos als ohnehin schon können sie aber nicht gebrauchen. Also beschließt Doris, dass der Hund professionell erzogen werden muss. Nur mit Bauchgefühl und ganz ohne Erfahrung scheint das nämlich nicht zu funktionieren.

Der erste Besuch bei einer Hundeschule ist ein Flopp. Die Methoden dort sind Doris zu rau. Da gehen sie und Benji nie wieder hin! Über eine hundehaltende Bekannte kommt sie schließlich an die Hundetrainerin Corinna – und erschrickt erst einmal, als sie den Preis für ein Einzeltraining hört. Günstig ist das nicht! Und verflixt viel Arbeit scheint auch damit verbunden zu sein: Erst muss man wissen, was man tut – man braucht also eine theoretische Grundlage –, und dann ist eine Menge Disziplin, Konsequenz und Übung erforderlich, damit Mensch und Hund einander richtig verstehen und das Zusammenleben zur allseitigen Zufriedenheit klappt. Aber gut: Was sein muss, muss sein!

Wir lernen mit den Helden mit

Doris lernt, Benji lernt und wir Leser:innen lernen mit ihnen, während sie uns abwechselnd von ihrer Trainingsarbeit berichten. Trainerin Corinna erklärt und leitet an, Doris setzt das mit mehr oder weniger Erfolg um und Benji erzählt uns, was er von der ganzen Sache hält. Der Laie staunt: Ach so kommt das menschliche Verhalten beim Hund an! Ja dann ist diese oder jene Reaktion ja kein Wunder!

Schimmerlose Hundehalter

Kaum haben Bergmanns die ersten Lektionen verinnerlicht, sehen sie auch schon, wie viele andere Hundebesitzer:innen völlig schimmerlos agieren, wenn es um die Erziehung ihrer Vierbeiner geht. 

  • Da sind zum Beispiel die Gassigeher, die ihr Tier ohne Leine laufen lassen aber außerstande sind, es zurückzurufen, wenn eine Situation brenzlig zu werden droht. Sie lassen ihren Hund ungebremst auf fremde Menschen und Tiere zurennen und rufen aus sicherer Entfernung beschwichtigend: „Der tut nix!“Das kann’s ja nicht sein! 
  • Dann sind da Leute, die, wie Doris‘ Freundin Gabi, ihren Hund so stark vermenschlichen, dass er nicht mehr in der Lage ist, mit seinen Artgenossen adäquat zu kommunizieren. Geht auch nicht!
  • Und es gibt solche wie die neureichen Nachbarn der Bergmanns, die ihren Hund als Modeaccessoire und Statussymbol sehen und gar nicht auf die Idee kommen, dass das ein Lebewesen ist, auf dessen Bedürfnisse man auch mal Rücksicht nehmen müsste. Das ist das Allerletzte!

Diese Negativbeispiele werden recht plakativ und überspitzt dargestellt. Wir Leser:innen sollen ohne großes Rätselraten erkennen, was diese Menschen im Umgang mit ihrem Hund falsch machen. Unterhaltsam ist das, aber eben auch sehr klischeehaft.

Mit Vergnügen lernen

Man lernt einiges in den 12 Kapiteln dieses Buchs – und das auf amüsante Weise. Der richtige Zeitpunkt, den Band zu lesen, ist meines Erachtens, bevor man sich einen Hund ins Haus holt, damit man weiß, was auf einen zukommt. Wenn er da ist, sollte man für das, was die Autorinnen uns hier schildern, bereits gewappnet sein.

Aus dem Inhalt

  1. Wer nicht jagt, der nicht gewinnt – Rückruftraining
  2. Der Eiertanz um Dominanz – Verhalten bei Besuch und Begegnungen
  3. Die Hoffnung stirbt zuletzt – Beschäftigung, Impulskontrolle
  4. Willst du gelten, mach dich selten – Wenn der Hund die Entscheidungen trifft / Anspringen von Personen
  5. Angriff ist die beste Verteidigung – Kommunikation zwischen Hund und Mensch 
  6. Der Hund vom anderen Stern – Körpersprache, Missverständnisse
  7. Das unverstandene Ende der Leine – Leinenführigkeit, Beschäftigung
  8. Was Herrchen nicht lernt, lernt Hund nimmermehr – Leinenführigkeit, Rückruf, Körpersprache: Auch der Mensch muss vieles erst lernen
  9. Das hat sie ja noch nie gemacht! – Beziehung zwischen Hund und Mensch, Hundebegegnungen
  10. Stille Nacht, stressige Nacht – Besuch, Begrüßung, Impulskontrolle, wie man einen Hund richtig ignoriert
  11. Zwischen Genie und Wahnsinn – Zur Vertiefung: Beschäftigung, Impulskontrolle, Körpersprache, Hundebegegnungen
  12. Von schlechten und guten Vorsätzen – Silvester, Hunde und Feuerwerk, Angst

Eine Idee mit Charme

Wenn ich es richtig verstanden habe, hat Anna Maria Sanders nach demselben Muster – romanhafte Aufbereitung eines Sachbuchs – bereits einige Erziehungsratgeber geschrieben und zwar auch mit Familie Bergmann als Protagonisten. (Ich nehme an, Conny Sporrer war bei SO ISSER BRAV! hauptsächlich für die zu vermittelnden Fakten zuständig.) Das würde erklären, warum man als Leser:in das Gefühl hat, die Bergmanns bereits kennen zu sollen. Zack, geht’s rein ins Geschehen, ohne dass man weiß, wer hier wer ist, und ich habe echt ein Momentelchen gebraucht, um durchzublicken: Wer oder was ist jetzt Smartie? Ein Tier? Ein Mensch? Ein Computerdings wie Alexa oder Siri? Ach so, nee! Der älteste Sohn! Okay … Die Verwirrung währt aber nur kurz, man kommt dann recht schnell klar. 

Die Idee, Sachinformationen in eine Romanhandlung zu packen, hat auf jeden Fall Charme.

Die Autorinnen

Nach ihrer Hundetrainer-Ausbildung bei Martin Rütter in Bonn leitet Conny Sporrer seit 2013 ihre eigene Hundeschule in Wien, ist Fachautorin, TV-Hundetrainerin, Referentin für das DOGS Studium, Gründerin ihrer eigenen Online Hundeschule und inzwischen auch erfolgreiche Podcasterin. Bei ihr werden vor allem die Menschen im richtigen Umgang mit Hunden geschult – Verständnis und Beziehung zwischen Hund und Halter spielen dabei die wichtigste Rolle.

Anna Maria Sanders hat sich der unterhaltsamen Vermittlung von Sachwissen im Erzählstil verschrieben. In ihrem 2016 erschienenen Buch Ich dreh gleich durch! bietet die Autorin einen tiefen Einblick in die ADHS-Thematik bei Kindern. So isser brav!, gemeinsam mit Hundeexpertin Conny Sporrer, ist ihr zweites Buch. Neben ihrer Autorentätigkeit hält Sanders Vorträge zu den Themen »Erziehung« und »schwierige Kinder«.

Rezensentin: Edith Nebel 
E-Mail: EdithNebel@aol.com 
www.boxmail.de

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