Ursi Breidenbach, Heike Abidi: Eine wahre Freundin ist wie ein BH …

Ursi Breidenbach, Heike Abidi: Eine wahre Freundin ist wie ein BH: Sie unterstützt dich, lässt dich nie hängen und ist ganz nah an deinem Herzen, München 2020, Penguin-Verlag, ISBN 978-3-328-10567-1, Softcover, 292 Seiten, Format: 11,9 x 2,4 x 18,8 cm, Buch: EUR 10,00 (D), EUR 10,30 (A), Kindle: EUR 9,99.

Abb.: (c) Penguin Verlag

Hat man gute Freundinnen, macht man sich oft gar nicht bewusst, was man da für einen wertvollen Schatz „besitzt“. Sie sind einfach da, womöglich schon seit dem Kindergarten. Wir teilen Freud und Leid miteinander, kennen wechselseitig unsere Stärken und Schwächen und haben sowohl stürmische Zeiten als auch Durststrecken überstanden. Aber wir denken meist nicht darüber nach. Es ist eben so.

Die befreundeten Autorinnen Ursi Breidenbach und Heike Abidi haben intensiv über das Thema Frauenfreundschaften nachgedacht und recherchiert. Sie haben auf eigene Erfahrungen zurückgegriffen, sich belesen, Frauen verschiedenen Alters befragt und sich mit Freundinnen in Literatur, Film und Fernsehen sowie mit weltberühmten Frauenfreundschaften befasst. Im vorliegenden Buch nehmen sie uns mit auf eine unterhaltsame und erhellende Zeitreise in die Vergangenheit und Zukunft. Denn auch als „Platin Girls“ werden wir nicht auf freundschaftliche Kontakte verzichten wollen.

Vom Sandkasten bis zur Senioren-WG

Die Autorinnen nähern sich dem Thema chronologisch – von der Sandkastenfreundschaft bis ins Seniorinnenalter. Wie fängt das an mit den Mädchenfreundschaften? Natürlich trifft man schon auf dem Spielplatz Kinder, die man spontan nicht leiden kann. Aber so richtig nach Interessen und Neigungen kann man sich in diesem Alter seine Freundinnen noch nicht aussuchen. Da ist man mit den Mädchen befreundet, die in der Nähe wohnen und mit denen man häufig Kontakt hat. Das kann ich bestätigen: Meine Freundinnen zu Kindergarten- und Grundschulzeiten wohnten alle in unserer Straße.

Wenn man größer wird und sich in jeder Hinsicht der Horizont erweitert, schließt man auch Freundschaften außerhalb der unmittelbaren Nachbarschaft. Da kommt’s dann zu Eifersüchteleien, wenn die eine Freundin neue Kontakte knüpft und die andere Exklusivitätsansprüche hat. Auch daran erinnere ich mich noch gut. Problemlos war eigentlich nur, wenn man zwischendurch mal etwas mit Geschwistern oder Cousinen unternommen hat, ansonsten gab’s Knatsch. Verwandte liefen da irgendwie außer Konkurrenz.

In der Pubertät werden aus Freundinnen schon mal Rivalinnen. Man schaut, was die andere hat oder kann. Ursi Breidenbach erklärt: „Mangelndes Selbstwertgefühl ist für Konkurrenzkämpfe verantwortlich. Und das geht mit den Jugendjahren genauso Hand in Hand wie Pickel und Stimmungsschwankungen.“ (Seite 59) Wenn dann noch die erste Liebe in Spiel kommt, wird so manche Mädchenfreundschaft auf eine harte Probe gestellt. Immerhin: Gemeinsames Rebellieren, wogegen auch immer, verbindet und macht die Pubertät erträglich. Die Internats-Erinnerungen einer der Autorinnen sind da ebenso amüsant wie aufschlussreich. Und sie sind weit weg von der allseits bekannten Kinderbuchromantik.

Freundschaft oder temporäre Schicksalsgemeinschaft?

Beim Start ins Studium bzw. Berufsleben werden die Karten nochmals neu gemischt und es ergeben sich Chancen für ganz neue Freundschaften. Welche freundschaftliche Beziehung den Studienabschluss oder einen Arbeitsplatzwechsel übersteht und welche nur eine temporäre Schicksalsgemeinschaft war, das zeigt sich dann. Dasselbe gilt für Freundschaften von Müttern, die Kinder im gleichen Alter haben. Werden die Kids selbstständiger und gehen ihre eigenen Wege, haben sich auch oft die Mütter nichts mehr zu sagen und die Freundschaft schläft ein. Das ist normal und auch vollkommen in Ordnung.

Nicht jede Freundschaft ist dazu bestimmt, fürs ganze Leben zu halten. Heike Abidi schreibt dazu: „Der Berliner Psychologe und Freundschaftsforscher Wolfgang Krüger sagt sogar, wahre Herzensbindungen, die über 20 Jahre halten und auch bei räumlicher Distanz weiter bestehen, hat man im Durchschnitt nur drei (…). Man kann eben nur mit einer begrenzten Anzahl von Menschen gleichzeitig so vertraut sein, Zeit verbringen, sich miteinander austauschen und wirklich eng befreundet sein.“(Seite 141)

Und wenn sie einen doofen Mann hat?

Schwierig wird’s, wenn eine Freundin einen Partner hat, mit dem man gar nicht klar kommt und bei dem man vielleicht sogar das Gefühl hat, dass er ihr nicht gut tut. Was macht man da? Die Zähne zusammenbeißen und um ihretwillen den Kerl erdulden? Spricht man sie auf das Problem an? Trifft man sich nur noch ohne Partner oder zieht man sich ganz von ihr zurück? – Alles kann hier richtig und alles kann falsch sein.

Wir erfahren Interessantes über Gruppendynamik und darüber, wie sich wahre Freundschaften in Lebenskrisen bewähren. Man muss, bei aller Liebe, aber auch Grenzen ziehen können. Es gibt Geheimnisse, die man einer guten Freundin nicht aufbürden sollte. Und man muss sich auch nicht endlos als Amateur-Therapeutin vereinnahmen lassen.

Freundinnen im Alter

Und wie ist das eigentlich mit Frauenfreundschaften im Alter, wenn sich die Eigenheiten verstärken oder sich die Freundin stark verändert, weil sich ihre Lebensumstände verändert haben? Es ist ja nicht so, dass die Persönlichkeitsentwicklung mit, sagen wir mal, dreißig abgeschlossen ist und sich danach nichts mehr tut.

Sehr berührend fand ich die Schilderungen der Frauen, die nach Jahrzehnten eine Freundin wiedergetroffen haben. Und ich denke immer noch über die Aussage einer Interviewpartnerin nach, die meinte, dass man im Alter keine Freundschaften mehr schließen könne, die so wertvoll seien wie langjährige. „Man kann eine Freundin nur dann so richtig verstehen, wenn man ihre Vergangenheit kennt. (…) Denn das macht sie aus. Einer neuen Freundin von früher zu erzählen ist etwas völlig anderes, als es live miterlebt zu haben. Denn eine echte Freundschaft hat nun mal Geschichte.“ (Seite 281)

Verbundenheit wächst mit gemeinsamen Erlebnissen, meint Heike Abidi. Und da ist es nicht ganz aus der Welt, dass man über Seniorinnen-WG mit den Frauen nachdenkt, mit denen man so lange schon so stark verbunden ist. Bevor man das angeht, gibt es aber einiges zu bedenken, wie wir im Buch nachlesen können. Auch wenn vieles für so eine Lösung spricht: Blauäugig sollte man sich nicht ins Abenteuer stürzen.

Eine Vielzahl kluger Gedanken

Es sind so viele interessante Themen und kluge Gedanken in diesem Buch, dass ich hier gar nicht alles anreißen kann. Recht hat sicher die alte Dame, die sich wöchentlich mit den ihr verbliebenen Freundinnen im Café trifft und meint: „Wer weiß, wie viele Jahre wir noch leben, also nehmen wir mit was geht.“ (Seite 284) Und auch dem Schlusswort kann ich mich vorbehaltlos anschließen: „Ohne Freundinnen geht es einfach nicht.“ (Seite 287)

Eine Kleinigkeit noch zum Cover: Dass das Lama einen dezenten Glitzereffekt im Fell hat, habe ich erst wahrgenommen, als ich das Buch mal mit nach draußen nahm. Dafür setzte bei mir angesichts dieser gelb-braunen lackierten „Schneeflocken“ ständig der Putzreflex ein. Ich dachte permanent, ich hätte das Buch mit Tee bekleckert. Nein, habe ich nicht. Das gehört so.

Die Autorinnen

Heike Abidi ist studierte Sprachwissenschaftlerin und lebt mit Mann, Sohn und Hund in der Pfalz. Sie arbeitet als freiberufliche Werbetexterin und ist Autorin von Unterhaltungsromanen sowie Jugend- und Kinderbüchern.

Ursi Breidenbach lebt mit ihrer Familie in der Steiermark und schreibt neben unterhaltenden Sachbüchern auch Kurzgeschichten und Liebesromane zum Wohlfühlen. Sie reist gern und liebt es, die Atmosphäre eines Ortes gemeinsam mit einer guten Freundin zu genießen. 

Ihre Bücher schreiben Heike Abidi und Ursi Breidenbach am liebsten in gemeinsamen Schreiburlauben, zum Beispiel in Wien oder an der niederländischen Küste.

Rezensentin: Edith Nebel
E-Mail: EdithNebel@aol.com
www.boxmail.de

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