Rita Falk: Sauerkrautkoma – Ein Provinzkrimi

Rita Falk: Sauerkrautkoma – Ein Provinzkrimi, München 2013, dtv Deutscher Taschenbuch Verlag, ISBN 978-342-324987-4, Softcover/Klappenbroschur, 265 Seiten, Format: 20,8 x 13,4 x 3,6 cm, Buch: EUR 14,90 (D), EUR 15,40 (A), SFR 21,90 (CH), Kindle Edition: EUR 12,99, Audio CD/Audiobook: EUR 16,90.

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„Mein Bruder, der Leopold, ein Asylant. Mein Freund, der Simmerl, ein Verräter. Der Max, dieser Hosenscheißer, ein neuer Sheriff. Und der werte Herr Bürgermeister, der seinem besten und einzigen Polizeibeamten so dermaßen unverschämt in den Rücken fällt. Vielleicht ist München gar nicht so schlecht.“ (Seite 10)

Das hat der Eberhofer Franz jetzt davon, dass er in den letzten Jahren quasi im Alleingang so viele spektakuläre Kriminalfälle gelöst hat: Aus ist’s mit der beschaulichen Existenz als einziger Dorfsheriff im bairischen Niederkaltenkirchen. Zwangsbefördert wird er und in die Landeshauptstadt versetzt. Das passt ihm genauso wenig wie den Kollegen im Münchner Polizeipräsidium. Auf einen Provinzbullen mit Cowboymethoden und einem Ruf wie Donnerhall können sie dort dankend verzichten.

Franz hat nichts zu tun und langweilt sich. Und in München wohnen mag er auch nicht. Also fährt er jeden Abend heim aufs Dorf, wohnt weiterhin im ausgebauten Saustall auf dem elterlichen Hof und lässt sich von seiner schwerhörigen Großmutter bekochen.

In Niederkaltenkirchen sind halt seine Kumpels und dort ist auch Freundin Susi. Blöderweise ist dort neuerdings auch wieder sein Bruder Leopold. Nach einem Streit mit Ehefrau Nr. 3, der Thailänderin Panida, ist er zuhause rausgeflogen und wohnt nun wieder auf dem Hof. Auf „Familenidylle mit Schleimsau“ hat Franz aber keinen Bock. Die beiden Jungs, obwohl auch schon um die 40, können ihre Geschwisterrivalität aus Kindertagen einfach nicht zu den Akten legen.

Als wäre der Leopold allein nicht schon schlimm genug, hat er seinen Schulfreund Karl-Heinz Fleischmann im Schlepptau, einen überaus erfolgreichen IT-Experten, der sofort Eberhofers Freundin Susi anbaggert.

Jetzt langt’s! Franz zieht vorübergehend zu seinem Ex-Kollegen, dem Birkenberger Rudi, nach München. Der ist zwar eine chronisch beleidigte Leberwurst, aber erträglicher als „Schleimsau“ Leopold und „Blend-a-med-Fresse“ Karl-Heinz ist er auf jeden Fall.

Um sich seine „Rechte“ an der Susi zu sichern, macht Franz ihr einen wenig überzeugenden Heiratsantrag. Susi, die schon ewig darauf gewartet hat, und ihre Freundinnen stürzen sich sofort begeistert in die Vorbereitungen, während Franzens längst verheiratete Freunde ihn für verrückt erklären.

Bei all dem privaten Durcheinander ist ein ungeklärter Mordfall für den Franz eine willkommene Abwechslung. Auch wenn sein Vater darin verwickelt ist: Als dieser nämlich seinen Sohn in München besucht, wird ihm das Auto geklaut. Tage später findet man es im Dachauer Forst – mit einer Leiche an Bord. Jemand hat das Kindermädchen Branka Ibranovic erdrosselt und in den Kofferraum von Eberhofer seniors altem Opel Admiral gelegt.

Während sich die Polizeireviere Landshut, Dachau und München noch darum streiten, wer von ihnen den Fall zuständigkeitshalber bearbeiten muss, ermittelt der Eberhofer Franz auf eigene Faust. Nicht mit der Unterstützung seiner Kollegen, sondern mit Hilfe vom Birkenberger Rudi und dem Günter von der Gerichtsmedizin. Also illegal und mit den fiesesten Tricks – wie immer halt.

Merkwürdigerweise zeichnen die Angehörigen ein ganz anderes Bild von der Ermordeten als die Familie, für sie die gearbeitet hat. Irgendwie ist diese Branka nicht so richtig greifbar. Und Franz ist mit seinen Ermittlungen auch eine Weile ganz ordentlich auf dem Holzweg. Wird Franz auch diesen verzwickten Fall lösen können? Und kriegt die Eberhofer-Sippe jemals ihr chaotisches Familienleben in den Griff?

SAUERKRAUTKOMA ist der fünfte Fall des Provinzpolizisten Franz Eberhofer. Freunden der Reihe sei gesagt: Es ist alles so, wie wir es kennen und lieben. Die Männer in dem Roman sind nach wie vor große Buben, die es verpasst haben, erwachsen zu werden. Würden sie sich entwickeln, wäre die Geschichte nicht mehr so spaßig. Die Eberhofer-Oma mit über 80 hört zwar nichts, hat aber von allen noch den größten Durchblick. Auch die Mooshammer Liesl, die Dorftratschen von Niederkaltenkirchen, weiß sehr gut, was läuft. Aber die nimmt keiner ernst. Und so langsam dämmert auch Susanne Gmeinwieser – Eberhofers Susi – dass ihr künftiger Gatte im Grunde ein vierzigjähriges Kind ist.

Da der Kriminalfall hier angesichts der Eberhoferschen Familiendramödien ziemlich in den Hintergrund rückt, ist der Band vermutlich für Quereinsteiger nicht so geeignet. Man sollte die Vorgeschichte der Leute schon kennen, um die Andeutungen und Anspielungen verstehen zu können. Allzu zart besaitet darf man als Leser auch nicht sein. Der Eberhofer und seine Kumpels pflegen eine recht derbe Sprache. Dass das ganze in Bayern spielt, merkt man an zahlreichen umgangssprachlichen Wendungen. Vokabeln, die man außerhalb Bayerns nicht als bekannt voraussetzen kann, werden in einem Glossar erklärt. Es sind nur rund ein Dutzend. Verständigungsprobleme dürfte es keine geben.

Wie in den vorangegangenen Bänden auch, sind Oma Eberhofers Kochrezepte im Anhang abgedruckt. Wenn die Romanfiguren schon so von ihren Kochkünsten schwärmen, soll der Leser die Chance bekommen, die Gerichte nachzukochen.

Die Eberhofer-Bücher sind für Freunde schräger Regionalkrimis überaus unterhaltsam. Band 2, DAMPFNUDELBLUES, wurde bereits verfilmt und im Fernsehen ausgestrahlt. Einen neuen Band aufzuschlagen ist wie ein Besuch bei alten Bekannten. Man weiß genau, was einen erwartet. Es macht schon einen Teil des Reizes der Reihe aus, dass sich im Eberhofer-Universum nie ernsthaft was verändert. Das dann so zu variieren, dass es trotzdem nicht langweilig wird, darin liegt die Kunst der Autorin.

Ob’s noch weitere Eberhofer-Krimis geben wird? Meinetwegen gern! Sehr gern.

Die Autorin
Rita Falk, Jahrgang 1964sagt von sich selbst, dass sie die schönste Zeit ihres Lebens in Oberbayern verbracht hat, wo sie bei der Oma aufwuchs. Dem ihr so vertrauten Landstrich ist Rita Falk auch als Erwachsene treu geblieben. Sie ist Mutter von drei Kindern, lebt in München und hat in weiser Voraussicht damals einen Polizeibeamten geheiratet.

Rezensent: Edith Nebel
EdithNebel@aol.com

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